Artikel - Ersatzdienst einmal anders
Geschrieben von steffen am 05. September 2004 23:58:15:
Ersatzdienst einmal anders - Oldesloer Abiturient als Zivi in Indien
Ein Jahr verbrachte Arjuna Nebel in der südindischen Stadt Auroville. Der 20-Jährige leistete dort "anderen Dienst im Ausland".
Bad Oldesloe - Nun ist der Abiturient zurück in Bad Oldesloe. Arjuna reiste in Indien nicht müßig umher. Er nahm teil an dem Projekt "Der andere Dienst im Ausland", der als Ersatz für den Zivildienst anerkannt ist und etwa 1200 Stellen in aller Welt anbietet. Er dauert zwei Monate länger als der Zivildienst und wird nicht vom Bundesamt für Zivildienst bezahlt. Arjuna finanzierte sich vom monatlichen Kindergeld. Flug, Versicherung und andere Festkosten in Höhe von insgesamt 1800 Euro ermöglichten ihm 25 Sponsoren im Freundes- und Verwandtenkreis. Sein altindischer Vorname, der einen Krieger bezeichnet, der nach Wahrheit sucht, mag ihm die Richtung gewiesen haben: Arjuna organisierte sich eine Stelle in der südindischen Stadt Auroville.
Was hat der junge Oldesloer durch das Jahr in Indien gewonnen? "Ich habe Selbstständigkeit gelernt: meine Wäsche mit der Hand zu waschen, mich um Essen und Unterkunft zu kümmern. Es ist gut, wenn man das kann", antwortet er zuerst, und dann: "Viele interessante Menschen und neue Gedankengänge. Meine Grundüberzeugungen haben sich nicht verändert, aber ich habe neue Aspekte gesehen und Möglichkeiten erblickt".
Auroville versteht sich als "internationale Stadt", entworfen von Sri Aurobindo und gegründet 1968 kurz nach seinem Tod. Heute leben dort etwa 2000 Menschen, nur ein Drittel davon sind Inder. Der "Rat" der Stadt wird demokratisch gewählt. Mit den Dörfern der Umgebung herrscht reger Austausch. Nach der Charta der Gründer soll das Projekt der spirituellen Weiterentwicklung dienen auf dem Weg zu einer menschlichen Einheit, bei der Nationen und Religionen nicht gegeneinander stehen. So gibt es in der Stadt keine öffentlichen Gotteshäuser, nur eine große Kuppel, "Matrimandir" oder "Seele der Mutter" genannt. Ihr weißer Innenraum enthält nur eine Kristallkugel, auf die ein Sonnenstrahl fällt. Dennoch: "Auroville ist widersprüchlich, vermittelt kein einheitliches Bild", hat Arjuna erfahren, "bei zwei Menschen kann es schon drei Meinungen geben." So seien der Umweltschutz, das riesige Müll- und das Grundwasserproblem überhaupt nicht in der Charta erwähnt, werden aber, zum Glück, doch von einigen Pionieren in Angriff genommen.
Dieses Gebiet machte sich Arjuna zur Hauptaufgabe. Er widmete sich besonders dem Thema "regenerative Energien". Welch Zufall, dass er dabei an einen Mann geriet, der als Kind in Bad Oldesloe gelebt hat und später in Ahrensburg: Manfred Lehnert, heute 62 Jahre alt. Im Alter von sieben bis elf besuchte er die Oldesloer Stadtschule. Seit zehn Jahren lebt er in Auroville. Er betreute Arjuna für acht Monate und rüstete mit ihm gemeinsam Dieselmotoren auf Pflanzenöl um - stationäre Motoren von Wasserpumpen oder Stromgeneratoren.
Das Öl wird aus den Nüssen des Pongam-Baumes gewonnen. "Manfred ist ein lieber Mensch, sehr kommunikativ und aktiv", beschreibt Arjuna seinen zeitweiligen Lehrer, "er entspricht aber auch etwas dem Bild des zerstreuten Professors".
Bei Lehnert lernte er auch Verfahrensweisen alternativer Physik kennen, bei denen er "mit Erstaunen feststellte, dass sie Realität besitzen, obwohl sie in der Schulphysik keinen Platz haben". So reinigten sie einen Teich, der seit langer Zeit veralgt und trübe war, mit Hilfe von Quarzmehl, auf dass die "Information Sauerstoff kopiert wurde". Dieses Mehl versenkten sie in verschlossenen Plastikröhren, und "nach sechs Wochen war der Teich klar. Man habe auf diese Weise den Mikroorganismen gesagt, was sie produzieren sollen, erklärt sich Arjuna das Phänomen. Zum Abschluss arbeitete er noch drei Monate ganz klassisch mit Solartechnik. Die entsprechende Firma "Aurore" erhielt einen Umweltpreis des englischen Thronfolgers Prinz Charles verliehen.
Arjuna beginnt demnächst ein Studium der Energiesystemtechnik in Clausthal-Zellerfeld. Schwerpunkt: regenerative Energien.
Von Tonio Keller, LN