Dich nicht, lieber Sebastian...


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Geschrieben von Horst E am 22. November 2018 22:58:03:

Als Antwort auf: Re: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht, lieber Horst. geschrieben von Der Große 945 am 22. November 2018 17:53:07:

Hallo Sebastian,

Was ich beruflich mache: Ich prüfe ob elektrische Steckverbinder einer, oder mehreren, vorgegebenen Normen entsprechen. Ich weiß auch um die Schwachstellen bestimmter Normen und um Schlupflöcher und was sonst so alles schiefläuft.
Ich nenne dir mal ein Beispiel:
Ein Steckverbinder wird auf Dichtheit geprüft nach DIN EN 60529. Heraus kommt eine IP-Nummer z.B. IP67. Das heißt im Klartext, die erste Nummer sagt was zum Eindringen von Fremdkörpern, in dem Fall staubdicht. Die zweite Nummer sagt was zum Eindringen von Wasser, in dem Fall komplett untertauchen. Das heißt aber nicht, daß kein Staub eindringt, sondern nur daß nicht so viel Staub eindringt daß der die Funktion behindert. Und bei Wasser heißt das, daß man das Gerät 1m tief im Wasser versenken kann, gemessen von der Unterkante des Geräts aber mindestens 15cm tief, gemessen von der Oberkante und auch nur in Wasser das nicht mehr als 5K kälter ist als die Umgebung und das heißt dann auch nur daß nur so viel Wasser eindringt daß das die Funktion oder die Sicherheit nicht beeinträchtigt. In der Schifffahrt kann das zum Beispiel heißen daß es die Lenzpumpe gerade noch schafft die eingedrungenen 5m³ Wasser abzupumpen. Wenn du das Gerät betriebswarm ins kalte Wasser tauchst entsteht im Gehäuse ein Unterdruck und das wird nicht abgedeckt, das Gehäuse darf also rechtmäßig volllaufen.

Wenn du also eine Tauchpumpe mit CE-Kennzeichen kaufst und da steht IP67 drauf, dann darfst du die auch nur 30min untertauchen, danach darf die dich mit Stromstößen umbringen ohne daß das der CE-Kennzeichnung einen Abbruch tut. Denn dann bist du der Schuldige weil du die Pumpe falsch angewendet hast.
Ich kenne auch Elektrowerkzeuge da steht auf dem Typenschild daß der Motor innerhalb 60min nur 20min eingeschaltet sein darf. Wenn man den durchlaufen lässt, darf der streng genommen abbrennen weil du ihn überlastet hast.
Und wenn die chinesische Standheizung explodiert, dann solltest du zuerst einmal nachweisen daß die in deinem Womo von einer zertifizierten Fachwerkstatt fachgerecht eingebaut wurde und du dazu Brief und Stempel bekommen hast. Oder du lässt dir den fachgerechten Einbau von einem Gutachter bestätigen, der dann aber wahrscheinlich mit irgendwelchen Normen, Vorschriften oder sonstigen Ansichten kommt daß du nur noch mit den Ohren wackeln kannst. Unter Umständen erklärt der dir, daß du das Gerät nicht fachgerecht einbauen konntest weil du eine entsprechende Zertifizierung nicht hast auch wenn du die Heizung zufällig fachgerecht eingebaut hast. Und wenn das nicht reicht dir die Aufmüpfigkeit auszutreiben dann findet sich bestimmt irgendwo in der Bedienungsanleitung ein Vermerk daß es zum Beispiel nicht erlaubt ist die Standheitzung länger als 60min am Stück laufen zu lassen, was du aber zum Beispiel nicht gemacht hast, weil du ja im Womo schlafen und es dabei gemütlich haben wolltest. Und schon bist du der Schuldige. CE-Kennzeichen hin oder her.
Es kann auch passieren daß ein Hersteller nach einer falschen Norm prüft und dann den Bebber draufmacht. Dann musst du sehen daß das nicht die Norm ist die du brauchst, was man an dem Bebber aber nicht sehen kann.
Wir dürfen zum Beispiel gar keinen Bebber auf unsere Steckverbinder kleben, denn die sind ja nur Komponenten, der Bebber darf aber nur auf komplette Geräte gebebbt werden, denn erst wenn man weiß was das für ein Gerät ist kann man prüfen was da für Vorschriften gelten könnten.

Noch niemand konnte mir bisher sagen ob man den Bebber draufbebben darf wenn es gar keine Vorschrift gibt die auf das Gerät anwendbar wäre. Allerdings könnte es sein, daß man bei der Risikoanalyse feststellt, daß es gar kein Risiko gibt und daher nichts zu prüfen ist und das dann mit dem Bebber dokumentieren.

Gruß Horst


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