Definiere Lastpunkt !


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Geschrieben von Werner am 22. Mai 2019 13:28:39:

Als Antwort auf: Ladungswechselschleife geschrieben von bmw325td am 22. Mai 2019 08:00:56:

Moin,

zwei Motoren miteinander zu vergleichen erfordert nähere Definition.

Ein Motor ohne und ein Motor mit Turbo, ansonsten genau gleich Bauart ?

Welcher Lastpunkt? Gleiche Drehzahl und Leistung, also gleiches Drehmoment?

Oder gleiches prozentuales Drehmoment?


Ein Saugmotor, der im Teillast läuft, oder besser, im Schwachlastbereich, der bekommt mit dem Lader eine Zusatzlast, die ihm einen schlechteren Wirkungsgrad beschert. Der Unterschied ist bei niedrigen Drehzahlen so gering, daß man ihn vermutlich kaum messen kann, geschweige denn spüren.

Bei hohen Drehzahlen, wo die "Luftpumpe" den Turbo bereits dreht und auf erhöhten Widerstand trifft, ist die Bremswirkung für den Motor stärker vorhanden. Jedoch : bei diesem Lastzustand fährt niemand, warum auch ?!

Beim 100%-Lastpunkt ist der Turbo rel. im Vorteil, weil er mit kleineren und weniger reibenden Zylindern und Kolben die gleiche Leistung bringt, wie ein größerer Saugmotor. Thermodynamisch läßt sich theoretisch ein Vorteil aus der Tatsache ableiten, daß die Aufladung bereits einen Teil der Verdichtungsarbeit leistet und die dafür notwendige Arbeit aus Restexpansion der Abgase genommen werden kann.


Aber dazu mal folgendes : Die Turbolader von PKW sind in ihren Wirkungsgraden bei weitem nicht dort, wo sie sein müßten, um wirklich diese Bilanz zu verbessern.

Der Hauptgrund für die Verwendung solcher Miniturbinchen ist nicht die Thermodynamik, sondern die Tatsache, daß die Kennzahlen von Turboströmungsmaschinen, also Radialverdichtern, für Aufladungszwecke von Motoren nach rel. hohen Drücken bei extrem kleinen Liefermengen verlangen. Damit wird die Laufzahl für den Verdichter sehr klein und der Wirkungsgrad nicht besonders gut.

Auf der Suche nach geeigneten Antrieben für solch gigantische, erforderliche Drehzahlen, haben unsere Großväter Getriebe gebaut, die mit irrsinnigen Übersetzungen für hohe Drehzahlen gesorgt haben. Das war kompliziert, anfällig und nicht zuletzt teuer. Abhilfe schaffte eine Turbine, die in den Abgasstrom gesetzt wurde und ihrerseits mit ähnlichen Verhältnissen aus Abgasdruck und Menge die Energie für die Aufladung bei den geforderten, hohen Drehzahlen bereitstellen konnte.


Für den notwendigen Aufladedruck könnte man auch ein langsam laufendes, sehr großes Gebläse verwenden. Mal abgesehen davon, daß man es schlecht einbauen könnte . . . . der Pferdefuß ist die sehr kleine Luftmenge, die dieses große Rad nur fördern müßte. Damit wäre dann der Wirkungsgrad noch schlechter, als bei dem Minilader.

Gut wäre also ein Lader, der richtig ausgelegt ist, und 20 bis 50 Autos gleichzeitig mit Luft versorgt. Dessen Antriebsenergie geteilt durch die Anzahl der Autos wäre dann wirklich doll und würde richtig sparen helfen. Vermutlich würde man dann auf die Abgasturbine sogar verzichten, bzw. wieder eine große Turbine für viele Abgasspender bauen.

Solange der Abgasdruck über dem Ladedruck liegt, solange läßt sich thermodynamisch kein Vorteil herausrechnen.


Zweitaktdiesel:

Sie haben einen sehr geringen Abgasgegendruck und müssen sozusagen gefüttert werden. Der Abgasdruck ist systembedingt niedriger, als der Ladedruck, denn die Luft muß ja durch die Zylinder durchgespült werden und der Kolben kann dabei nicht helfen.

Aufgeladene Zweitaktdiesel müssen also zwingend Strömungsmaschinen mit guten Wirkungsgraden einsetzen oder zusätzliche Einrichtungen haben, die die Frischluft in die Zylinder einspülen.

Bei den Schiffsmaschinen ist die Auslegung der Strömungsmaschinen so gut möglich, daß tatsächlich im Ergebnis Energie übrig bleibt. Sie wird mindestes elektrisch, meist aber auch rein mechanisch durch Getriebe von der Abgasturbine auf die Kurbelwelle übertragen. Die Lader selbst haben Elektroantriebe, um den Motor zum Start belüften zu können. Bei den Dimensionen lohnt auch der ganze Aufwand. Nicht von ungefähr liegen die Wirkungsgrade dieser Anlagen über 50% und machen das Schiff zum ökonomischsten Transportmittel, was wir derzeit kennen.


Für Lokomotiven werden ebenfalls sehr häufig Zweitaktdiesel verwendet, jedoch folgen die Systeme anderen Prinzipien. In der Lok ist nicht so viel Platz, daß man dort viele Systeme unterbringen könnte. Während der Fahrt kann sich kein Ingenieur um die Antriebsanlage kümmern, der Lokführer hat andere Aufgaben und dazu selten den Ausbildungsstand.

Deshalb haben diese Zweitakter Rootsgebläse für den Luftwechsel und zusätzlich Turbolader, damit die kompakt bleiben und bei niedrigen Drehzahlen gute Leistung entwickeln. Der Wirkungsgrad ist auch wichtig, steht aber nicht im Vordergrund. Bahnen sind an sich schon sehr ökonomisch und für die Betreiber steht an erster Stelle die Ausfallsicherheit.


Fazit: Der normale PKW-Turbolader ist eine sehr kompakte Maschine, die unter Verwendung der Abgase zu solch hohen Drehzahlen kommt, ohne daß noch mechanische oder andere Hilfsmittel dazu notwendig wärden. Er läßt sich in großen Stückzahlen kostengünstig produzieren und ist als Einwellenmaschine fast unverwüstlich. Um den Betriebsbereich zu erweitern, werden Turbolader mit verstellbarer Einlaufgeometrie für die Turbine hergestellt, was auch dem Wirkungsgrad zugute kommt.

Würde man jedoch die thermodynamischen Möglichkeiten am PKW-Motor ausnutzen wollen, so sähe die Aufladung anders aus und wäre kaum kostengünstig am Markt unterzubringen. Dazu wäre der Motor nicht mehr so schön fahrbar, wie das heute vom PKW verlangt wird.


Gruß

Werner

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