PRG, Bericht Grabfeld 2019


[ FMSO.DE - Fahren mit Salatöl (deutsch) ]


Geschrieben von Joachim S am 16. Juli 2019 21:58:23:

Hi Zusammen,

schon seit der letzten Grabfeld haben wir uns auf das Event gefreut... Mal wieder Gruppe H „unter sich“, mit den alten Recken wie Norbert Moufang, Berlandy, Koch, und und und... Man könnte jetzt stundenlang über den unfairen Kampf des DMSB gegen den Veranstalter berichten, die es mit Repressialien gegenüber ihren Mitgliedern geschafft haben, dass sich kaum noch einer zu dieser Rallye traut.

Aber das gehört eher nicht hierher, kommen wir zum Rallyefahren.

Die Dokumenten- und die technische Abnahme hatten wir am Freitag noch problemlos erledigt, aber um jetzt Abends noch die Wps zu besichtigen, hatten wir dann doch keine Lust mehr. Also halbwegs früh ins Bett, Besichtigung der 4 langen Prüfungen haben wir um 8 Uhr gestartet, gegen halb 11 waren wir fertig. Alles einmal abfahren, muss reichen. Hat es auch, unser Aufschrieb passte gut.

Das Auto war soweit unauffällig, und so ging es dann um 11:10 auf die Piste. Zur WP1. Start problemlos, aber irgendwie fehlt vor allem obenrum so ein bisschen Dampf. Wieso auf einmal das? Im Rückspiegel seh ich dunklen Nebel. Nicht viel, aber auch nicht gut. Die Karre lief vorher doch so schön, rußfrei, mit Ladedruck von 2,25 bar und einem Lambda von etwa 1,3-1,35.

Der Lambdawert war unverändert, trotzdem rußt er. Der brütet was aus, dachte ich mir. Weil obenrum irgendwie zugeschnürt ist, schalte ich früh hoch. Das ist nicht schön, es bringt das Gebetbuch etwas aus dem Rhythmus. Wenn man Dreier Kurven alle im Vierten Gang angeht, erfordert das ne Menge Umdenken. Irgendwann denkt man, OK, Chris sagt Drei. Ich fahre aber im Vierten. Und schon glaubt das vermaledeite Gehirn, „die Kurve ist Vier“...

So komme ich nicht recht in den Takt. Ich bin ja eh nicht so der Blitzstarter und brauche meist ein paar km um reinzukommen. Dementsprechend lief die WP nicht so harmonisch (Platz 14 im Gesamt immerhin). Mittendrin will ich um eine rechts zwei brechen und seh gerade noch ne gelbe Flagge. Der gelbe Ascona mit der 12 wird rückwärts geschoben. OK, brav vorsichtig dran vorbei, weiter im Text. Es geht auf ein Schotterstück, und wie ich noch so versonnen die Qualmwolke im Rückspiegel betrachte, sehe ich den Ascona wieder. Hm... Ist der so schnell??? Soll ich ihn vorbei lassen? So nah ist er noch nicht. Jetzt geht’s auf Schotter, und da hat er in der Staubwolke eh kaum Aussicht, heranzukommen.

Ich fahre wieder ordentlich Vorsprung raus, und halte ihn bis zum Ziel auf Abstand. Im Rückspiegel sehe ich noch, dass er nach der Durchfahrtskontrolle anhält und beide anfangen zu schrauben... Irgendwas ist faul mit seiner Karre...

Weiter zu WP 2. Der Ascona kommt nicht mehr. Wir stempeln, und kurz bevor wir starten dürfen, gibt’s ne Unterbrechung. Vor uns hat sich einer verkeilt. Geht gleich weiter, heißt es. Wird aber doch ne größere Nummer, nach vielleicht 20 Min wird die WP neutralisiert. Wir fahren weiter zur 3. Das ist die schon etwas legendäre Bayernturm-XL. Lang, anspruchsvoll. Langsam hab ich mich etwas eingeschossen, es läuft schon runder (wie wir später erfahren, Platz 10 im Gesamt in dieser WP).

Wir hören von einer Menge Ausfälle, und nehmen uns vor, die Sache kontrolliert ins Ziel zu schaukeln. Die Rallye ist lang, mehr als das Doppelte unsere üblichen Kalibers. 13 Wps, fast 100 km Srecke.

Auf zur WP 4. Wir rollen an den Start, vorher gibt es wieder eine kleine Unterbrechung, also Motor aus. Dann stehen wir am Start, Motor auf Drehzahl, hm... Etwas kommt mir seltsam vor. Chris zählt runter, ich kupple ein und würge fast ab. Verdammt, das Ding hat keinen Ladedruck aufgebaut. Das hatten wir bei einer Probefahrt schon einmal. Wenn man startet gibt es vermutlich einen kleinen Einbruch der Spannung, der mitunter den VTG-Stellmotor dazu bringt, auf Störung zu gehen. OK, wenn nichts tut, hilft Reboot. Also beim Anrollern auf die erste Kurve kurz Zündung aus, wieder einkuppeln, Motor springt an, und jagt los. Wir haben Ladedruck.

Was wir nicht haben, ist eine Servolenkung. Die quittiert den Reboot nämlich mit extrem langsamen Hochlaufen der Pumpe. Mit Ach und Krach schaffe ich die Doppelkurve, dann scheint am Auto alles beisammen, was der Rennfahrer so gern hat. Mit Hurra jagen wir auf die nächste Rechts-Links-Kombi (zweiter Gang) zu. Wir Chris es formulierte. „Nachdem endlich alle Schalter richtig standen, Ladedruck uns Servo da waren, guck ich hoch, und da fehlte auf einmal die Straße“.

Nun, die erste Rechts katapultiert uns etwas raus, aber ich reagiere perfekt, indem ich sofort einen fetten Mega-Cut der Linkskurve einleite. Ladedruck, Servo, und die Straße ist auch wieder da... Das war vermutlich sogar ziemlich schnell, wenn auch nervenaufreibend.

So, wie war das? Auf Ankommen fahren wollte ich doch... Dann wollen wir mal. Ein paar sehr schnelle kurze Kurven auf enger Straße, läuft... Ein bisschen Hick-Hack, dann 500 m geradeaus. Am Ende erahne ich einen Abzweig. Chris liest, ich höre „500m gerade, dann Links 4-“. Kommt mir seltsam vor, „Vier Minus?“ frage ich nach... „Nein, Links 2“ sagt er, „hab ich auch gelesen“. OK, 500 Meter sind ne Menge Anlauf. Ich glaube unser Anflug geschieht im 6. Gang.

Anbremsen, klappt, aber irgendwie gehe ich doch recht flott in die Kurve. Ob ich da immer noch auf Vier gepolt war? Ein bisschen vielleicht schon. Jedenfalls ist die Kurve sehr dreckig, und ich denke mir, da werden wir hinten wohl die Wiese brauchen... Aber auf dem Dreck gibt es kaum Halten, und die Wiese gibt mit den Semis auch keinen brauchbaren Grip her. Und gleich nach dem Meter Wiese kommt auch gleich ein fetter Graben. Ganz langsam wird mir klar, wir bekommen ein Problem... Wie ich mir gerade so ausmale, wie wir im Graben stecken bleiben, gibt’s einen kräftigen Dutz, und wir fliegen ein Stück in die Luft. Der Schlag im Lenkrad macht mir klar, das wird was Ernsteres. Und schon machen wir ne halbe Rolle seitwärts, und ich seh die Windschutzscheibe splittern. Dann realisiere ich, dass die Räder in der Luft sind, und weiteres Gasgeben keinen Sinn mehr macht...

Chris ist in der Hinsicht mehr gewohnt als ich, ich hatte erst einen Überschlag, und der ist über 30 Jahre her... Ich höre, nur „OK, meine Tür geht schonmal auf.“ Meine auch. Dann mal lieber raus aus der Karre. Wer weiß was hier noch geschieht, ein Brand ist zwar unwahrscheinlich, aber der Kopf hat da so seine Fantasien. Von Kurzschlüssen, Kabelbrand, austretenden heißem Öl und Kühlwasser... Ich höre noch die Ermahnung, „Reihenfolge beim Abschnallen beachten.“ Ist klar, ein Unterarm über den Kopf gegen das Dach, andere Hand zum Zentralverschluß der Gurte.

Klick, Kopf seitlich einknicken und raus. Es gelingt mir sogar, das Helmkabel säuberlich abzuziehen. Das war ja einfach...

Dann stehe ich neben dem Auto, und stelle fest, der Motor läuft noch. An der Ausstiegsprozedur muss ich wohl noch arbeiten... Motor laufen, das darf nicht, der kriegt doch kein Öl... Wieder rein. Wo ist der verdammte Schalter? Hier steht alles Kopf, und ich glaub, Rechts und Links sind auch vertauscht. Aber auch der ist schnell gefunden. Jetzt nachfolgenden Verkehr warnen... Es ist offenbar noch keine Minute vergangen. Ich sehe einen Streckenposten mit gelber Flagge, alles OK. Wir winken das nächste Auto vorbei, bei uns ist alles gut. Eigentlich müssten wir jetzt das grüne OK-Schild schwenken, aber das liegt noch im Auto. Ein Feuerwehrmann mit großem Löscher ist auch schon da. Toll! Das ist eine total entlegene Ecke, weitab von Zuschauern etc. Aber man ist nicht allein. Das ist schon ein gutes Gefühl.

Ein weiteres Auto kommt nicht mehr. Bzw. es kommt doch. Es ist das „MIC“, das Medical Intervention Car. Mit Arzt an Bord, für schnelle erste Hilfe, noch vor Feuerwehr und Krankenwagen. Wir werden interviewt, ob mit uns alles OK ist. Ich spüre nichts, der Überschlag war sanft, der Dutz in den Graben zwar gemein für das Auto, aber in diesen Ohrensesseln festgezurrt ist das alles kein Thema. Chris ist auch OK. Man droht uns zwar an, morgen würde einiges weh tun, aber das kann ich kaum glauben. Adrenalin hin oder her, solange man nichts hartes trifft, oder das Auto den totalen Schleuderwaschgang hinlegt...

Nächstes Problem, „the show must go on“. Wir liegen mit dem Heck fast auf der Straße Ausgangs der Kurve. Da muss man erstmal aufräumen, bevor die WP weiter gehen kann.

Die Besatzung des Mic, die angerückte Feuerwehr, wir beide, zwei Streckenposten beratschlagen kurz. Dann rollen wir das arme Auto auf die Räder. Nicht ganz leicht, nach der ersten halben Drehung liegt es ziemlich satt im Graben. Aber mit vereinten Kräften schaffen wir auch den Rest. Ein bisschen auslaufendes Öl wird mit Bindemittel abgestreut, und anschließend eingesammelt.

Das MIC zieht uns soweit raus, bis der „Bergetrecker“ das Auto auf seine Zinken nehmen kann. Alles geschieht bemerkenswert ruhig, nett, professionell und zügig. Das MIC nimmt uns mit zum Start der WP, und dann wird wieder gestartet. Ab nun ohne uns...

Jemand von der Orga nimmt uns mit zum Rallyezentrum, wir ziehen erstmal das Ausfallbier flach... Chris macht ein kleines Nickerchen. Dazu bin ich doch etwas zu aufgedreht... Dann fahren wir mit Anhänger zur WP und kommen gerade zurecht zum Ende. Das Auto finden wir schnell, aber wie nun auf den Hänger? Ein Vorderrad lenkt nicht mehr, und schleift im Radhaus. Das andere sieht auch nicht so dolle aus... Mit der Kurbel auf den Hänger ziehen? Das wird Arbeit...

Chris meint: „starte doch mal den Motor...“ Naja, warum nicht? Er startet, nach zwei Sekunden hat er Öldruck. Alles gut. 1. Gang einkuppeln, und es rumpelt ein Stück vor... Mit Geduld und gelegentlichem Hand anlegen, um das Vorderrad auf Kurs zu bringen, schafft das Auto es aus eigener Kraft auf den Hänger...

Wir beschließen den Abend mit einigem alternativen Kraftstoff für uns.

Die Rallye kommt zum Ende, von der Bestzeitlern haben es gerade mal 14 ins Ziel geschafft... Ankommen wäre echt ne Option gewesen, Top 10 wäre sicher gewesen ;-)

Gruß Jo

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