die Exponentialfunktion und was intuitiv ist, z.B. Rapsöl


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Geschrieben von Heinz am 22. März 2020 09:58:22:

Als Antwort auf: Re: angewandte Regelungstechnik geschrieben von Manuel [ER] am 22. März 2020 08:50:42:

Hi Manuel,

die vielen Worte sind für mich sehr wohltuend und helfen bei interessierten Leuten mit Sicherheit, das Verständnis und die berechtigte Kritik an Darstellungen aber auch den verhängten Maßnahmen besser auf eine gemeinsame Diskussionsgrundlage zu stellen.
"Flaten the curve" taucht ja noch manchmal auf in der großen Presse. Versteht man auch, aber was dann? Dass - die derzeitige Strategie in Bayern - eine Isolation aber weite Teile der Bevölkerung auch vor einer Immunisierung ausschließt hat im Modell zwei Spielarten. Entweder Isolation aufrechterhalten, bis der Virus weg ist bzw. ein Impfstoff da ist. D.h. 300 Tage und dann bleibt noch Unsicherheit... Die andere Variante, das Ventil ein bisschen aufmachen, warten bis der nächste Anstieg der Infektionen kommt und dann die Leute wieder wegsperren. Unter 3 Wellen gesamt wird das wohl nicht abgehen. Am Ende haben dann 70% aller Menschen eine Infektion hinter sich.

Das ist innerhalb des Modells so und sehr spannend, finde ich. Für mich bedeutet es: Wenn wir die Annahmen akzeptieren, was die Neuartigkeit und die Besonderheit des Virus anbetrifft, wird es auch so kommen - mit allen Auswirkungen auf v.a. Wirtschaft und unser Zusammenleben.

Wenn die Annahmen ganz oder teilweise falsch sind - auch dazu gibt es Stimmen, die man sich anhören kann - kann man auch deren Aussagen in ein Modell einpflegen und mit Messwerten vergleichen. Da müssen wir nicht auf die CIA-Akten in eher 100 als 50 Jahren warten.
Wichtig finde ich, dass man nicht vorschnell nur ein Modell verfolgt sondern möglichst alle, auch die absurd anmutenden, weiter verfolgt. Das sollte einen nicht davon abhalten, größte Vorsicht walten zu lassen.

Beispiel: Wir hier im Forum haben ein besonderes Expertenwissen und teilweise auch eine intuitive Wahrnehmung für plausible Ansätze was Dieselmotoren mit alternativen Kraftstoffen angeht. Das Wissen basiert sowohl auf theoretischem Hintergrund und nachweislicher Expertise (z.B. bei einigen Hochschulabschlüsse) als auch auf eigenen langjährigen praktischen Erfahrungen und Austausch mit anderen dieser Fachrichtung sowie Recherchen auf verschiedenen Kanälen.
Ich denke keiner von uns wird sich selbst damit automatisch als Anhänger einer Verschwörung ansehen oder ansonsten deswegen an seinem Geisteszustand erhebliche Zweifel haben.
Jetzt folgendes Experiment:
Einer von uns erklärt heute einer Auswahl von durchschnittlichen Mainstream-Wissenschaftlern Fahrzeugtechnik/Maschinenbau (gerne promoviert oder Professor), dass man mit Rapsöl einen modernen LKW zuverlässig betreiben kann und damit 60% Treibhausgase einspart. Jetzt, hier und heute.
Halte denselben Vortrag auf einem Fach-Kongress für Elektromobilität.
Schreibe einen wissenschaftlichen Artikel dazu und biete ihn Fachzeitschrift an.
Gehe damit an eine Forschungseinrichtung, die selber über Erfahrungen verfügen und schlage ein Projekt vor.
Gehe in eine Berufsschule für KFZ-Handwerk und führe das praktisch vor.
Schreibe einen Artikel darüber in deiner lokalen Tageszeitung.
Mache einen Post auf einem social media Kanal.
Erzähle dasselbe deiner Oma am Sonntag beim Mittagessen.

Wer wird dich ernst nehmen? Wer wird gewillt sein, sich mit deinem Thema näher auseinander zusetzen? Warum wird das so sein?
Kommt es darauf an, wer von uns es erzählt? Was auf seiner Visitenkarte steht? Welche Kleidung er trägt? Wie er sich die Haare zurechtmacht (sofern vorhanden)?

Du merkst, auf was ich hinaus will...

Übrigens: Dass eine Virus-Ausbreitung mit einer Exponentialfunktion modelliert werden kann lernen die Kinder nicht erst seit diesem Jahr in der Schule (ok, im Gymnasium Bayern ist das Stoff der 10. Klasse).
Und dann wird in den Medien immer gesagt, das können man sich nicht vorstellen.
Ehrlich gesagt, ich kann mir das schon vorstellen, und wie du sagst, eine logarithmische Darstellung hilft dabei.
Es schmälert unnötig die Glaubwürdigkeit des Berichterstatters (Politikers, Journalisten) wenn er dem Gegenüber erst einmal die Fähigkeit abspricht, Zusammenhänge verstehen zu können, um ihm dann seine Interpretation (= Meinung) zu den Dingen aufzutischen oder gar die Freiheitsrechte einzuschränken. Das ohne selbst zu sagen, wo seine Grenzen des Wissens sind, wo Annahmen getroffen werden und welches Modell er benutzt. Sich dann noch beklagen, dass andere Leute andere Modelle und eine andere Datenbasis nutzen ist unverschämt. Es geht nicht um die Deutungshoheit/Diffamierung sondern um Transparenz und einen offenen Diskurs (auch wenn es weh tut). Wenn das etwas ist, was sich an diesem Beispiel weiter entwickelt, es wäre ein großer Gewinn für alle.

Jetzt, wo wir zwangsweise bisschen raus sind aus der Mühle: Lasst uns die Zeit nutzen, es führt keine Weg dran vorbei am Selber-Denken.

Grüße
Heinz



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