Der Niethammer bei Airbus


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Geschrieben von Werner am 03. Dezember 2020 15:01:52:

Als Antwort auf: Flugzeugbau ist bei Boeing wie Schiffbau geschrieben von huebi am 03. Dezember 2020 09:53:56:

Moin,

ich bin nicht auf dem neuesten Stand, aber als Airbus noch den 320 gebaut hat und nicht 330, 340, 380, da lief eine Nietmaschine von Atlas Copco durch den Rumpf und bohrte und nietete alles in einem. Die Maschine hat sich aber selbst an bestimmten Merkmalen orientiert, die zum Teil auch für diesen Zweck manuell gesetzt wurden.

Ich durfte mal zusehen, wobei ich das Gerät nur von hinten gesehen habe von seiner Arbeit gar nicht sehen konnte, dafür aber hören. Mit 50 Hz Arbeitstakt ist der "Brummer" wie eine Tunnelbohrmaschine durch den Rumpf gefahren und hat gebohrt, entgratet, Späne abgesaugt, Schnittflächen mit Korrosionsschutz versehen und die Niete gesetzt. Ich meine, es hat zwei Stunden gedauert, den zylindrischen Teil des Rumpfes zu nieten.

Die Wärmeausdehnung und die Durchbiegung des Materials lassen exakte Positionierungen eigentlich nicht zu. Steigt einer auf den Flügel, dann bewegt der sich schon wieder etwas. Aber die Werkzeugmaschinen wissen, wo sie hin müssen.

Bei Boeing sind noch vor 20 Jahren Tagelöhner durch die Maschinen gekrabbelt, die morgens ihren Namen gesagt haben (ob er nun stimmte oder nicht) und abends Cash gekriegt haben. Wie das heute ist, weiß ich nicht. Die Qualität hing komplett an den Controllern, die mit langen Listen durch die Rohbauten durch sind.

Dadurch passieren dann auch so Dinge, dass die Temperaturfühler für die Triebwerke vertauscht werden. Im Anflug auf London ist damals eine 737 mit Triebwerksausfall abgestürzt, weil ein Triebwerk überhitzt hat und die Piloten aufgrund der vertauschten Anzeige das intakte Triebwerk abgestellt haben. Das defekte Triebwerk ist ihnen dann im Landeanflug stehen geblieben und es war nichts mehr zu retten. Ein Airliner mit ausgefahrenen Klappen bleibt in der Luft fast stehen, wenn nichts mehr kommt. Das dauert ein paar Sekunden und die Karre sackt richtig durch. Da hilft auch in der niedrigen Höhe kein Eingreifen mehr.

Anschließend haben lokale Behörden, Flughäfen "nur mal so aus Spaß" die Boeing-Flugzeuge getestet: Rauch im Frachtraum 1, die Löschanlage für Frachtraum 2 fängt an zu sprühen . . . und lauter so Sachen.

Das heiße Triebwerk ist den Piloten übrigens aufgefallen. Aber gleich nach dem Abstellen ist es normal, dass die Temperatur erst etwas ansteigt und dann wieder abfällt. Sie haben sich dann so auf den einarmigen Flug zur Landung konzentriert, dass sie nicht klar hatten, was eigentlich Sache war. In großer Höhe hätte man überlegen können und das andere Triebwerk wieder starten, aber während der Landung haut das nicht mehr hin.

Wenn der Pilot vom Pre-Flight-Checker die Liste mit den vielen Häkchen bekommt, kann er eigentlich nur beten, dass der Checker morgens um 4:30 Uhr frisch ausgeschlafen war und alles wirklich richtig gemacht hat. Ernsthaft überprüfen kann der Pilot das alles unmöglich.

Ich will niemandem Angst vor dem Fliegen machen, aber selber steige ich am liebsten in ein möglichst selbst gebautes Einfachflugzeug, wo mich jeder Niet einzeln anlacht und ich noch im Handgelenk die Nietzange spüre vom Einbau.

Ich bin auch nicht gefeit dagegen, dass mein selbst eingestellter Motor vielleicht mal keine Lust mehr hat, wenn es eigentlich wichtig wäre, aber wenn ich mit meiner Mücke runter muß, sind die Chancen, das zu überleben, doch wesentlich größer und die Möglichkeit, andere damit in den Tod zu reißen ist eher 1:1000000 . Dann müßte ich schon genau auf eine Person zielen.


Gruß

Werner

(der sich wieder seiner Vergasersynchronisation widmet)


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