Re: Thema Kollateralschäden


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Geschrieben von Der Große 945 am 18. Dezember 2020 21:31:52:

Als Antwort auf: Re: Thema Kollateralschäden geschrieben von Joachim S am 15. Dezember 2020 22:50:53:

Hallo Jo,

wie meistens, finde ich, dass an Deinem Beitrag an vielen Stellen was dran ist, an einigen Stellen ist er mir aber zu sehr entweder-oder. Da würde ich mehr differenzieren.

Als erstes aber Frage ich mich, ob ich langsam anfangen sollte, mich für einen Beitrag wie deinen zu bedanken; sowas hat ja Seltenheitswert heutzutage.

Nun gut. Keine Maßnahmen ist keine Option für mich. Es geht realistischerweise um die Frage, welche Maßnahmen sinnvoll sind. USA und andere haben knapp 20% Übersterblichkeit, andere 5%. Wie sich die Zahlen aufteilen in falsche Behandlung im Frühjahr, perverse Anreize im Gesundheitssystem (Zitat des CDC-Direktors), Gesundheitszustand der Bevölkerung, Sterblichkeit und Grippewellen der letzten Jahre usw., wird sich zeigen.

Die who hat Anfang Oktober geschätzt, dass 750 Millionen Menschen bereits infiziert sind. Bei damals 1 Million Toten ergibt das
0,13% Sterblichkeit. Kurz danach hat sie eine Studie von Ioannidis veröffentlicht, in der er im Mittel auf 0,23% kommt. Einige sagen, weil die Studie auf Antikörperdaten beruht und Antikörper nur ein Teil der Immunantwort sind, ist sein Wert zu hoch gegriffen. Aber das sind Details,, klar ist, 1-2% ist grob eine Zehnerpotenz zu hoch gegriffen. Wir reden vielmehr von etwa 120000 Todesfällen bei angenommenen 50 Millionen Infizierten. Demgegenüber stehen meinetwegen 50000 jetzt zu erwartende; ich hab keine Lust, die zu schätzen und akzeptierte für eine Abschätzung diesen Wert. Wusstest Du, dass alle seit März positiv getesteten, die seitdem gestorben sind, als Coronatote gezählt werden? Macht etwa 25% zu viele Coronatote in der Statistik, aber egal, das ist hier nicht wichtig.

Den Grund für die in dem Twitterbeitrag verlinkten Auswirkungen sehe ich in unserem Umgang mit dem Virus, nicht im Virus selbst. Das Virus selbst hat Auswirkungen auf die Infizierten (und vergleichsweise wenige Leute drumrum), der Umgang mit ihm wirkt sich bei den derzeitigen Maßnahmen auf alle aus. Somit sind die globalen Folgen die Folgen unseres Umgangs mit dem Virus. Überall, wo Menschen, Staaten oder Regionen an die Grenze kommen, sind die Maßnahmen der Grund und nicht die hohe Zahl der Todesfälle, welche z.B. Strukturen zusammenbrechen ließe. Wusstest Du, dass viele arme Länder unter anderem (oder vor allem? Wer weiß das schon...) Lockdown und Co. eingeführt haben, weil der IWF das zur Bedingung der Hilfszahlungen gemacht hat? Man muss den Verschwörungstheorien ja Fakten entgegensetzen. [sonni]

Und jetzt meine alternative Rechnung zu Deiner. Wer arm ist und wer Stress hat, stirbt bekanntlich früher. Wenn 80 Millionen Deutsche wegen der Angstkommunikation und den Auswirkungen der Maßnahmen in den letzten Monaten im Schnitt eine Woche weniger leben werden, gehen 1,5 Millionen Lebensjahre verloren. Ein an Covid Verstorbener ist im Schnitt bei uns 83 Jahre alt, und ein 83jähriger hat eine Lebenserwartung von 7 Jahren. Ich brauche also etwa 200000 Coronatote, um die 1,5 Millionen in der Allgemeinheit verlorenen Lebensjahre aufzuwiegen. In Deutschland werden aber kaum mehr als 120000 an Corona sterben können. 120000 Menschen sind viele, keine Frage, aber 200000 gibt das Virus schlicht nicht her. Die verlorenen Lebensjahre ,sieht man zwar nicht, aber deswegen sind sie ja trotzdem da. Die müssen Teil der Rechnung sein.

Zu den Lebensjahren kommt der Anteil Deutschlands an den weltweit verlorenen Lebensjahren und tatsächlich Verstorbenen. Weil in den armen Ländern pro Person deutlich mehr als 7 Jahre angesetzt werden müssen, ist die Hebelwirkung deutlich zu ungunsten der Maßnahmen, die bislang ergriffen wurden.

Und der Alterschnitt der Verstorbenen macht auch glasklar, dass dein Argument, es würden uns "Leistungsträger" wegsterben, Quatsch ist.

Jetzt ist natürlich die Frage, irgendwelche Maßnahmen wollen und müssen wir ja treffen. Welche Maßnahme hat welchen Einfluss?

Vieles ist noch nicht klar, aber nachvollziehbar ist, dass ein Lockdown die härteste mögliche Maßnahme darstellt. Nun ist es so, dass sich sehr sehr deutlich gezeigt hat, dass lockdowns nicht wirken. "Die Wissenschaft" hat in mehreren Untersuchungen herausgefunden, dass es keinen Zusammenhang zwischen der Ausgestaltung der Frühjahrslockdowns und der Zahl der Todesfälle gibt. Die WHO hält lockdowns nur ganz am Beginn einer Epidemie für gerechtfertigt, wenn sie sehr rasch eingeführt werden, und aus dem einzigen Grund, etwas Zeit zu gewinnen, um die notwendigen Strukturen für den Umgang mit der Epidemie aufzubauen. Ansonsten appelliert sie geradezu an die Regierungen, lockdowns sein zu lassen:

https://www.msn.com/en-ie/health/medical/who-condemn-lockdowns-and-say-they-only-make-poor-people-poorer/ar-BB19WBqr

Bei den Frühjahrslockdowns kann es jeder selber nachvollziehen: mindestens europaweit fielen die Zahlen schon deutlich, als die lockdowns in Kraft gesetzt worden sind. Aktuell sieht es genauso aus: der peak in Deutschland war am 20. Oktober, der lockdown light kam etwa zwei Wochen später. Einige Leute sagen nun, der peak sei vor den lockdowns gewesen, weil die Leute sich schon zu dem früheren Zeitpunkt entsprechend eingrschränkt haben. OK, leuchtet mir ein und habe ich im Frühjahr selbst in der Bahn so erlebt. Aber wenn schon alles in die richtige Richtung läuft, warum muss dann noch der Hammer fürs Grobe rausgeholt werden? Und wo im späteren Verlauf der Kurve wird dann nach dessen Einführung die Wirkung der Fruhjahrslockdowns erkennbar?

Mein Zwischenfazit: lockdowns werden in ihrer Wirkung deutlich überschätzt, wie die systematisch gefundnen Erkenntnisse zeigen, und in ihren Nebenwirkungen deutlich unterschätzt, wie meine Überschlägige Rechnung oben andeutet. Abgesehen davon, dass es völlig unrealistisch ist, einen lockdown effektiv zu kontrollieren. Gestern stand in der Zeitung, dass "die Deutschen" in Polen Schlange stehen, um Feuerwerk zu kaufen. Der monatelange weitestgehende unnötige Druck, weil der Sommer nicht Coronasaison ist, setzt mittlerweile sichtbar Energien frei, darunter nach einem Dreivierteljahr auch zunehmend kriminelle. Wer den Leuten zu viele Vorgaben macht, läuft Gefahr, dass sie die Verantwortung abgeben. Ah, ich darf ja mit 10 Leuten feiern. Oh, nagut, dann jetzt halt nur noch mit 5. Ach nee, Weihnachten mit 10, und Sysvelster nur mit 5. Wer die Leute aufklärt, wo das Problem ist und was wichtig ist, belässt die Verantwortung bei ihnen und die machen sich Gedanklen und finden dann im Allgemeinen ganz vernünftige Umgangsweisen damit. Auch noch nach einem Dreivierteljahr, wo es bei uns jetzt vielleicht schwierig wird. Die Erfolgsquote des Einbeziehens und ernst nehmens ist auf lange Sicht sicherlich besser als die der Druckschiene. Und die lange Sicht zählt; gestern sagte Spahn was davon, dass es lockdowns bis 2022 geben wird. Na dann, Mahlzeit. Da brauchen wir wohl mehr gepanzerte und massiv bewaffnete Fahrzeuge für die Polizei, wie Bayern jetzt zwei in Dienst gestellt hat, würde ich sagen.

Sinnvolle Maßnahmen sind absolut angebracht, keine Frage. Aber ausgewogene und welche, die wenigstens einigermaßen auf ihre Erfolgschancen überprüft worden sind. Das Modell Tübingen scheint erfolgversprechend zu sein. Mal wieder Twitter und wie immer mit persönlicher Färbung des Autors:

https://nitter.mastodont.cat/KaiSchulze_/status/1337107764167004162

Und das Thema Prophylaxe kommt meiner Ansicht nach zu kurz. Mein Hinweis auf die Vitamin D Geschichte ist hier ja auch eher verlacht worden. Die Studie sei wahrscheinlich werbefinanziert, schriebst Du. Jedem seine Meinung, mit den üblichen Methoden der Wissenschaft abgesicherte Erkenntnisse muss niemand anerkennen. Das macht die Ergebnisse nicht falscher. Diese Maßnahmen kosten wenig und schadet nicht. Der mögliche Gewinn ist in Geld nur schwer auszudrücken.

Es zeigt sich also mal wieder, dass Lösungen aus der humanistischen Ecke deutlich mehr Effizienz und Tragfähigkeit versprechen als die aus der autoritären Ecke a la Vorschlaghamer.

Dass zumindest Biontech nicht sicher ist, ob deren Impfstoff vor Übertragung schützt, ist dir bekannt? Die 90+x Prozent Wirksamkeit stammten wohl auch eher aus der Werbebroschüre. Studien garantiert 100% herstellergesteuert und vom Steuerzahler co-finanziert.

Jetzt habe ich wieder viel geschrieben. Werner schrieb schon mehrmals, es bringe nichts, sich ohne Ahnung mit Themen so detailliert auseinanderzusetzen. Kann ich nachvollziehen, aber außer miteinander zu reden und der Wahrheit auf den Grund gehen gibt es wohl keinen Weg. Die Politiker machen das nicht, die würden sowas von gegrillt, die sind ja nicht lebensmüde. Das Bild ist bunt, und es ist immer noch bunt, wenn ich die Dampfplaudereien großzügig aussortiere. Die Stimmen mit vernünftigen Argumenten, die aber die Dinge hinterfragen, dringen nicht durch und deshalb erscheint es so, als gäbe es nur einen einzigen Weg.

Abschließend noch ein Link zum Blog eines Stockholmer Arztes, der viele Studien zum Thema Corona bespricht und meiner Auffassung nach einen interessanten Innenblick der schwedischen Situation und Entwicklung gibt. Allerdings auf englisch, aber schon der Name sagt ja, dass da hochwertige Inhalte transportiert werden [sonni]:

https://sebastianrushworth.com/

Jetzt habe ich abartig viel Text geschrieben. Das tut mir ein bischen Leid, weil ich weiß, dass das auch gelesen werden muss... Und weil einige harte Nüsse dabei sind. Das mit den lockdowns musste ich selber erstmal verdauen, zuerst konnte ich es mir nicht vorstellen, dass sowas passieren kann. Andererseits ist das ausschließliche posten von Links tatsächlich recht nervig für die Leser und bringt das Problem mit sich, dass sich für den Leser kein sinnvolles Bild ergibt, was der Autor mit dem Posten des Links sagen will. Das muss früher oder später zu Missverständnissen und Verärgerung führen. Ausführlich miteinander reden bietet zumindest die Chance, einander zu verstehen...

Jetzt fehlen nur noch die paar Anknüpfungspunkte an diesen Beitrag, wie mein Bild von der Situation weiter aussieht... Das ist nur ungefähr zehnmal soviel Text wie das hier. Also: hoffnungslos. Insofern gehe ich davon aus, dass wir keine Chance haben, überein zu kommen, weil unsere Positionen und unsere Informationen so weit auseinander liegen.

Dann hat Werner also doch Recht: besser gar nicht erst aufmachen das Fass?

Schöne Grüße und danke fürs Durchhalten bis zum Ende!

Sebastian

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