Fahrbericht Suzuki Hybrid
Geschrieben von Werner am 25. Januar 2021 14:51:54:
Moin, geschätzte Gemeinde der Umweltfreunde und alternativen Denker,
mein Auto hatte einen Werkstattaufenthalt für große Inspektion.
Man gab mir für die Zeit einen Leihwagen, einen Suzuki-Swift Hybrid.
Ok, denke ich, kann ich damit überhaupt fahren oder brauche ich eine Einweisung ins Energiemanagement?
Alles ganz normal, 5 Gänge, der Motor springt an ohne Anlassergeräusch, hat also einen fetten Startergenerator. Turboaufladung, nominell 100 PS, los gehts.
Erster Eindruck, ein stinknormales Auto, was aber nicht vom Hocker reißt. Auf dem Display werden ständig die Energieströme gezeigt, wie sie von der Batterie zu den Räder fließen oder vom Motor oder das ganze umgekehrt. Der Ladezustand der Batterie wird auch angezeigt. Durchlaufende Pfeile zeigen die Richtung der Energie und werden schneller oder langsamer, je nachdem, wie hoch der Betrag ist.
Der Wagen wirkt für 1200 ccm etwas schwerfällig. Meiner hat mehr Hubraum, scheint aber weniger zu wiegen. Die Fahrzeugdaten wollte ich im Handbuch lesen, aber dieses war noch in Folie geschweißt und da wollte ich nichts einreißen.
Fahrgestell, Lenkung anders als bei meinem, aber gut, der kleine Wendekreis sogar richtig gut. Man fährt also ohne Streß und kann die ganze Aufmerksamkeit auf das sich ständig bewegende Display richten. Beim Gaswegnehmen fällt eine gewisse Bremswirkung auf, das Display zeigt sogleich, dass Strom von den Rädern in die Batterie fließt. Da das Auto schwer ist und leicht rollt, ist die "Bremswirkung" nicht so stark, dass es stört. Dennoch entscheide ich lieber selbst, ob ich nun rollen möchte oder bremsen. Ich trete die Bremse leicht und erschrecke über die heftige Wirkung, die auch gleich den Energiepfeil ins Sausen bringt und freudig eine Erhöhung des Batterie-Ladezustandes anzeigt.
Nun habe ich Probleme mit zwei Übergängen: zwischen "Rollen" und Dünngas, also Halten, ist ein deutlicher Ruck - nichts für den alten Werner, der auf fließende, saubere Übergänge steht.
Zwischen "Rollen" mit Rekuperation und "leichtem Bremsen" ist wieder ein Ruck, Kommentar wie vor. Ich trete die Kupplung und schwapp, die Anzeigen sind weg. Von wegen Strom zu den Rädern oder von den Rädern. Das ist nur das Symbol, tatsächlich findet alles nur im Startergenerator des Motors statt.
Klar kann man damit fahren, aber für mich ist das schon ein wenig Streß.
Anfahren dagegen klappt immer, ich vermute zunächst, dass der E-Motor einfach mit hilft. Der Händler erklärt es mir mit der großen Motorschwungmasse. Der E-Motor hilft unten rum NICHT mit ?? Was ist der Grund ? Keine eindeutige Erklärung aber Mutmaßung, dass der Ungleichförmigkeitsgrad des E-Antriebes nicht so toll ist, dass sich das gut anfühlen würde. Außerdem ist der Wirkungsgrad von sehr langsam laufenden E-Antrieben unter Last kein guter. Wir schrieben ja schon davon.
Dennoch, das Drehoment und Fahrverhalten im ganz niedrigen Bereich ist ok, der Motor läuft weich und nicht schwachbrüstig => besser, als meiner.
Ab ca. 1500/min kommt dann der E-Antrieb dazu und schiebt mit. Das Ergebnis ist nicht spürbar. Der Drehmomentverlauf wirkt geglättet, aber nicht üppig. Man fühlt sich ab 3000/min ein bißchen im Stich gelassen, wünscht sich subjektiv mehr Power. Das Auto bleibt im Fahren hinter älteren 75 PS Autos zurück. Wenn man die 100 PS wirklich braucht, muß man den Motor drehen lassen. Und . . . . ab 4000/min schaltet der E-Antrieb wieder ab, egal welche Fahrsituation ansteht. Warum ? Wirkungsgrad ? Technisch schwierig ? Egal - weiter fahren.
Zwischen 5000/min und 6000/min tut sich dann endlich was. Eigentlich merkwürdig für einen ökologischen Antrieb, aber sei es denn. Die Auslegung der Maschine ist Turbo-optimiert, das heißt, der Motor läuft ähnlich einem Turbo-Motor aus den Anfängen dieser Technik, spart aber, weil der Turbo nur sehr klein ist. Das Leistungsmanko wird halt elektrisch aufgebessert. So der Plan und er scheint zu funktioneren.
Fähr man länger bergauf und schaltet extra nicht runter (Wernerchen ist wieder auf Testfahrt unterwegs), dann geht der Ladezustand der Batterie schnell runter und irgendwann wird das Auto auch langsamer. Wenn man dann schaltet und hochdreht, ist die Leistung da und die Batterie füllt sich auch wieder. Dieser Energiestrom wird aber nicht angezeigt. "Das ist halt der normale Ladevorgang, Herr Schulte, der nichts mit dem Hybrid zu tun hat"
Jau, so kriegt der Kunde wieder was feines vorgesetzt.
Bei längeren Bergabfahrten wird die Batterie schnell ganz voll und dann bekommt man nicht mehr mit, ob nun noch elektrisch gebremst wird oder mit der Radbremse. Ich hätte mal beim elektrisch bremsen die Kupplung treten sollen, um den Unterschied zu merken. Bin ich aber nicht drauf gekommen an dem Tag. Ob eine Elektronik dann die Radbremse ohne Dazutun des Fahrers stärker stellt, wäre mal interessant. Ich bezweifele es aber.
Auf der Autobahn wird der Swift dann recht schnell. Die neue Form ist offenbar wirklich wesentlich aerodynamischer, als meine Rundpopo-Karosserie. Den Verbrauch konnte ich nicht wirklich testen. Es war nicht vollgetankt bei Übernahme und für 60 km Fahrstrecke wären die Ergebnisse auch zu ungenau.
Apropos tanken, nach dem Motor Abstellen erscheint auf dem Display ein (zu) kurzer Text,eine Art Fahrprotokoll: "Eco-Drive 2:34 Minuten, Einsparung 5 ml"
Klasse, ich habe 5 Milli-Liter Sprit gespart. Ich weiß zwar nicht, worauf sich die Einsparung bezieht, aber im Laufe eines Autolebens kann da noch eine ganze Tankfüllung draus werden. Dennoch, mein Belohnungssystem im Hirn fühlt sich nicht so recht angesprochen. Wir, das Auto und ich, hatten beide etwas Streß. Das Auto hat sich mit seinen vielen Helferlein bemüht, mir eine angenehme Fahrt zu bringen und ich habe mich bemüht es zu genießen.
Ich sage es der Mitarbeiterin am Tresen, frage nach dem Dreizylinder mit 104 PS, der mir so gut gefallen hatte. Sie sagt: "den gibt es nicht mehr, leider. Ich habe ihn und ich liebe dieses Auto und hoffe, dass es noch lange tut!"
Dann sitze ich wieder in meinem und denke spontan beim Losfahren das gleiche.
Ist E-Mobilität oder Hybrid die Zukunft ? Wenn, dann ist noch Verbesserungspotential. Die Sachen sind schon gut gelöst und man ahnt, wieviel Arbeit dahinter steckt, dass so viel Technik auch halbwegs sauber funktioniert. Aber so richtig froh bin ich zurzeit mit den Ergebnissen noch nicht.
Gestern habe ich mich wieder geärgert, dass die Youngster mit ihren AMG-Mercedessen in der Tiefgarage vom REWE Beschleunigungsrennen vollführen. Dann habe ich einen Audi X5 gesehen mit ...E Kennzeichen, der quasi lautlos aus der Parklücke schlich und dann mit leise schmatzenden Reifen weg fuhr.
Also schlecht fand ich das jetzt nicht.
GrußWerner