Ich krieg Dich !!


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Geschrieben von Werner am 02. Juni 2021 11:28:50:

Als Antwort auf: Na, das ist für Dich doch "erst neulich" *duck_und_weg* (ohne Text) geschrieben von Johannes D am 01. Juni 2021 15:35:55:

Schelm!

Aber mal was ernstes. Ich bin als kleiner Junge auf Flugplätzen gewesen um einfach nur zu gucken. Mitunter habe ich vorbei gehenden Piloten Fragen gestellt, die diese haben aufhorchen lassen. Irgendwann war es dann soweit "willste mal mitfliegen?"

UND OB !!

Beim meinem allerersten Flug in einer kleinen Sportmaschine Morane Rallye mit 100 PS habe ich fast nur nach rechts auf die Tragfläche geschaut und mich gefragt, wie die Luft und die Mücken da jetzt drumrum sausen. Ich sah, wie sich das Querruder etwas senkte und der Horizont nach untern verschwand. Dass die vorbeisausende Luft die Tragfläche anhebt, konnte ich mir noch vorstellen, aber wie der Flügel ohne sichtbare Anstellung das ganze Flugzeug trägt - das war mir unklar.

Da die Morane Vorflügel hat, die im Langsamflug ausfahren, konnte ich schon gleich das ganze Programm mitansehen. Auch die Landeklappen, die der Pilot ausfuhr. Ich staunte, welche Kraft er haben mußte, dass er gegen den Wind diese Dinger nach unten klappte.

Wie auch immer, ich habe mich auf alle Literatur gestürzt, die mir zugänglich war.


Etwas später dann gehörte ich als "kleiner Junge" zum Flugplatzbetrieb dazu und spitzte die Ohren, wenn sich die alten unterhielten. Oohh, aus der Erinnerung weiß ich noch zu gut, wieviele Parolen aus dem dritten Reich dort noch überlebt haben. Da waren eine ganze Menge Leute dabei, die im Kriegseinsatz geflogen sind. Das waren Flieger. Sie liebten die Fliegerei und verstanden den Krieg nicht als deutsches Verbrechen, sondern als spannende Aufgabe - die es ja auch fraglos war. Im Prinzip waren das unpolitische Menschen, deren Abenteuerlust instrumentalisiert wurde. Damit will ich die Typen aber keineswegs von Schuld freisprechen.

Für diese Leute waren die damals modernen Boxermotoren aus Amerika ein Notbehelf, damit man mal wieder überhaupt in die Luft kam. Ich habe mitbekommen, wie jemand eine Me 109 angeboten bekam und wörtlich sagte: "Kann ich nicht gebrauchen, da kannste ja mit dem Tankwagen nebenher fahren!"

Aber das Flugzeug gab es noch. Was damit passiert ist, weiß ich nicht. Ich habe die Sachen nur alle aufgeschnappt und mir gemerkt - incl. der Natriumkühlung von Auslaßventilen.

Und so habe ich einen Querschnitt aus dieser Zeit bekommen, der mich tatsächlich ein wenig hat dabei sein lassen in dieser Zeit, obwohl ich erst dreizehn Jahre nach Ende des Krieges geboren wurde.

In einer Scheune in Sankt Augustin hatte jemand vor dem Krieg eine Klemm 25 eingemauert. Es gab keine Bombentreffer und die Briten interessierten sich nicht für eine einsame Feldscheune. Als das Fliegen wieder erlaubt wurde, erst nur mit Segelflug, dann unter Auflagen auch mit Motor, holten die Leute die Klemm wieder raus aus dem Versteck. Dabei sind ein paar Ziegel auf die Tragfläche gefallen und haben sie beschädigt. Das war aber schnell behoben und bald knatterte der Hirth Motor wieder sein unrundes Lied.

Und die Begeisterung der Leute war einfach so groß, daß sie auch mal den kleinen Jungen, der ja nicht schwer war, mitgenommen haben. Ein Flug in einer Klemm 25 ist auch heute noch ein Erlebnis, von dem man lange was hat. Ich habe den Piloten mit Handzeichen zu meinem Elternhaus gelotst und wir sind drüber weg geflogen - hat leider niemand gesehen bei uns.

Und auch den Knüppel durfte ich mal übernehmen. Die Klemm hat tausenden von Fliegern das Fliegen gezeigt. Nicht nur in Deutschland, auch im Ausland war die Konstruktion so beliebt, dass sie massenhaft nachgebaut wurde.

Stellt Euch vor, die Engländer haben während des Krieges Holzflugzeuge zur Pilotenausbildung gebaut und die Motoren dafür aus Deutschland (über finstere Kanäle) bezogen. Das ist die Perversität in Tüten, aber sowas gabs.

Meine Eltern waren damals froh, dass ich gut aufgehoben war auf dem Flugplatz. Sie hatten in dieser Zeit ganz anderer Probleme und jedes Kind, was nicht da war, erleichterte die Sache.

So, das war mal ein Strahl ausm Leben.

Gruß

Werner

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