Mythen und Gedoens


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Geschrieben von huebi am 01. August 2023 13:10:16:

Als Antwort auf: Re: Ich hab 'nen Dremel - die taugen ja nix ! geschrieben von Werner am 01. August 2023 00:28:46:

Moin Werner.

>Aber mal was zur Fahrtwindaufladung: das ist wieder so ein Spuk von Reklame, der sich bei näherer Betrachtung nicht wirklich bewahrheitet.
>Strömungstechnisch betrachtet, ist ein Trichter nur dann sinnvoll, wenn am kleineren Ende gesaugt wird. Durch die geringe Eintrittsgeschwindigkeit sind dann die Eintrittsverluste sehr niedrig und durch die Trichterform kommen auch keine hinzu. So weit, so gut.

Danke, das fasst Deine weiteren sehr anschaulichen Ausfuehrungen gut zusammen.
Das System ist ungefaehr so effektiv wie die Rekuperation fuer Arme ueber die Lichmaschine in eine halb geladene Batterie. Das soll etwa 0,5% Spritersparnis bringen.

Diese RAM-Air Systeme haben auch einen signifikanten Nachteil. Wenn sie zufaelligerweise zum Fresh-Vogel-Intake mutieren, ist schlagartig die Leistung weg. So geschehen bei einem Test der Motorrad Ende der 80er. Nachdem der Vogel rausoperiert war, funktionierte das Motorrad auch wieder.

>Die Ansaugkanäle müssen übrigens rauh sein. Wenn Du die polierst, wird der Verbrennung schlechter, weil die Verwirbelung nicht mehr so gut ist.

Du willst auf gar keinen Fall Verwirbelungen im Ansaugkanal haben. Never ever!
Verwirbelung gehoert ausschliesslich in den Brennraum und nicht in den Einlasskanal.

>Man rechnet in Ansaugkanälen mit Geschwindigkeiten von 80 bis 100 m/s und die Querschnitte sind danach bemessen. Glatt machen bringt nur ganz wenig Steigerung,

Das ist richtig. Der Aufwand des Polierens steht in keinem Verhaeltnis zum Gewinn. Der Gewinn ist tatsaechlich vorhanden, laesst sich aber auch ohne den hohen Aufwand an Handarbeit erreichen. Und genau das ist auch der Grund, warum nicht mehr poliert wird.
Um das Polieren zu vermeiden, muss ich den Innendurchmesser des Einlasskanals einfach nur um das doppelte der Rautiefe der Kanaloberflaeche vergroessern und schon habe ich den Effekt der Kanalverengung durch die wirbelnde Randschicht aufgehoben.

Beispiel: Ein 30 mm Kanal mit einer Rautiefe von 0,5 mm - was ungefaehr der von Betonpflastersteinen entspricht - muss ich bei gleicher Rautiefe nur 31 mm gross machen und schon funktioniert er als waere er ein 30 mm Kanal in poliert.

Die Geschichte hinter den Mythen ist, dass ein Hersteller - ich glaube es war Porsche - gemerkt hat, dass das Polieren nicht viel bringt. Polierte Kanaele hatte das Marketing nun aber zum Alleinstellungsmerkmal erkoren, das einem Porsche zu dieser grossartigen Ueberlegenkeit verhilft.
Wie soll man jetzt aber dem Kunden verkaufen, dass Polieren Bullshit und rauhe Kanaele doch besser sind?
Und da kamem dann Deine ganzen Argumente ins Spiel. Alles Scheinargumente, die sich alle gut und schluessig anhoehren, jedoch nicht wirklich signifikant sind.

Im Einlasskanal soll nichts wirbeln, unter gar keinen Umstaenden. Die Benzinanlagerung, die sich bei kaltem Motor direkt nach dem Kaltstart an der Einlasskanalwand bildet und relativ langsam in den Brennraum wandert, ist der Grund warum eine Kaltstartanreicherung gebraucht wird. Wenn der Motor dann warm ist, lagert sich da auch kein Benzin mehr an weil es einfach viel zu heiss dafuer ist.

Die Luft soll moeglichst wirbelfrei und laminar vom Einlasstrichter bis zum Einlassventil stroemen. Damit bekomme ich die hoechste Luftmasse in den Motor und nur darauf kommt es an. Ein gerader langer Trichter genau koaxial zum Ventil waere perfekt. Nun ist da der Ventiltrieb im Weg, so dass der Trichter im moeglichst grossen Bogen unter der Nockenwelle vorbei gefuehrt wird. Das bringt gar nicht sooo viele Verluste wenn der Bogen einfach moeglichst gross ist. Nun kommen noch andere Platzbeschraenkungen hinzu - man will ja nun nicht den Trichter zwischen Tank und Sitzbank ins Freie fuehren - und schon war's das mit der tollen Luftfuehrung.

Wichtig ist auch bei solch wenig optimalen Kanaelen ein sich stetig verjuengender Querschnitt moeglichst ohne Querschnittspruenge. Beim Vergaser muss ich noch drauf achten, dass er nicht zu goss wird, damit er noch genuegend Unterdruck aufbaut, um wohldosiert den Benzinschaum anzusaugen. Beim Einspritzer bekomme ich das viel idealer hin, dann da kann ich, um Stroemungsverluste um die Drosselklappe herum zu vermeiden, selbige einfach etwas groesser ausfuehren. Oder ich gehe gleich auf Flachschieber.

Ich hoffe, dass ich nun einiges mehr ins rechte Licht gerueckt habe.


Viele Gruesse,
huebi

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