Mal was Allgemeines zu Wingelts und Auftrieb und so


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Geschrieben von Werner am 15. August 2023 21:22:14:

Als Antwort auf: Re: Wenns Fliegerle tut, flieg ich damit um die Windmühlen rum geschrieben von Joachim S am 15. August 2023 18:16:03:

Moin,

die neuen Airliner haben wieder gerade Flügel, als Option auch zum Einklappen. Das hat aber noch keine Airline so bestellt.

Aber zunächst mal was Grundsätzliches zum Auftrieb, ohne dass jetzt ein Vortrag über Tragflächenprofile kommt.

Damit ein Flugzeug in der Luft bleibt, muß es die Luft, in der es fliegt, nach unten schleudern. Da die Luft in erster Näherung reibungsfrei ist (nicht gleich meutern, es ist Idealmodell, was aber gut hinhaut), muß immer so viel Luftmasse mit so viel Geschwindigkeit nach unten geschleudert werden, wie es dem Gewicht des Flugzeuges entspricht.

Die Formel für den Impulssatz ist so simpel, wie schwer nachzuvollziehen:

F = m. x w | mit F = Kraft, m. = Massenstrom Luft, w = Geschwindigkeit der nach unten strömenden Luft

Wenn man nun mit einer gewissen Geschwindigkeit vorwärts fliegt, wird durch Anstellwinkel und die Profilform die Luft nach unten abgelenkt. Es ist zwingend so, dass die Luft nach unten dabei so schnell werden muß, dass der Impulssatz erfüllt wird.

Aaaaaber, und das ist der Clou, je schneller das Flugzeug fliegt, desto mehr Fläche und demzufolge auch mehr Luftmasse überstreichen die Flügel pro Zeiteinheit. Daher kann nach der obigen Formel die Vertikalgeschwindigkeit der Luft immer geringer werden. Ein schnell fliegendes Flugzeug überstreicht also mehr Fläche, als ein langsam fliegendes. Daraus folgt, dass das schnell fliegende Flugzeug die Luft weniger stark nach unter beschleunigt, als das langsame Flugzeug.

Aus dieser Überlegung wird auch klar, warum ein Flugzeug im Langsamflug immer kritischer wird. Die Flügel können auch bei noch so starker Anstellung die Luft, die ja immer weniger wird, nicht noch stärker beschleunigen. Auch ohne Strömungsabriß am Profil wäre irgendwann Schluß und es geht abwärts. Als anschaulichen Vergleich stelle man sich vor, mal laufe über Eisschollen auf dem Wasser, die so klein sind, dass sie einen nicht tragen können. Läuft man aber schnell genug, bleibt man dennoch über Wasser, weil die Zeit, die man auf einer einzelnen Scholle verbringt, zu kurz ist, um abzusaufen.

Nur der Hubschrauber kann in der Luft stehen bleiben, aber er braucht dazu sehr viel Energie, viel mehr, als wenn er vorwärts fliegt. Ein Vogel muß ebenfalls, je langsamer er wird, immer stärker mit den Flügeln schlagen, um oben zu bleiben. Manche große Vögel können das gar nicht, wie z.B. der Schwan oder der Albatross, der ohne Anlauf gar nicht in die Luft kommt.

So, jetzt kann man konstruktiv was tun. Man vergrößert die Spannweite. Dadurch wird die Fläche der überstrichenen Luft ebenfalls größer. Bei Segelflugzeugen wird das bis zum Exzess getrieben, also bis die mögliche Stabilität dem eine Grenze setzt.

Als die Segelflugzeuge immer besser wurden und gleichzeitig auch immer bruchgefährdeter, hat man eine Spannweitenbeschränkung von 15 Metern eingeführt, die für Wettbewerbe galt und die bei den meisten Segelflugzeugen als Standard zu finden ist. Die Herausforderung des Herstellers ist, mit dieser Spannweite eine möglichst gute Effizienz zu erreichen, also eine Profilform, die möglichst wenig Widerstand bietet.

Aber an dem Gesetz, dass die Gewichtskraft des Flugzeuges immer mit entsprechender Beschleunigung der Luft nach unten kompensiert werden muß, kommen auch die besten Segler nicht vorbei. Man kann sich nun mal nicht auf Luft abstützen.

Bei den Airlinern ist es nicht viel anders. Große Spannweiten erfordern höchste Baukunst, damit schlechtes Wetter den Flieger nicht gleich zerlegt. Außerdem haben viele Flugplätze eine Spannweitenbeschränkung typischerweise auf 60 Meter (200 Fuß), weil das Flugzeug sonst am Boden nicht mehr handhabbar ist und nicht an die Parkposition paßt. Inzwischen wird das etwas aufgeweicht und große Militätflugzeuge wie die Galaxy mit ihren 68 Metern Spannweite waren immer schon Sonderlinge auf Flugplätzen.

Jetzt also zu den Winglets:

Am Flügelende entsteht ein Wirbel, weil unter dem Flügel mit Druck die Luft nach unten geworfen wird und versucht, um das Flügelender herum auf die Oberseite zu gelangen: der induzierte Randwirbel.

Es wird häufig beschrieben, dass dieser Wirbel bremst, was den Lesern logisch erscheint, aber nicht stimmt. Der Wirbel ist zwar eindeutig ein Energieverlust im System, aber er selbst bremst nicht, weil er gar keine Verbindung zum Flugzeug hat. Was bremst, sind die Vorgänge am Flügelende, die diesen Wirbel erzeugen. Die Luft strömt nicht mehr schön gerade unterm Flügel durch, sondern wird durch den Druckunterschied zur Seite abgelenkt. Das reduziert den Auftrieb und erhöht den Widerstand.

Nun sollten Winglets das ganze richten. Auf den ersten Blick eine einfache Sache: der Querströmung wird Einhalt geboten und fertig. Aber nein, die Luft ist nicht festgelegt in ihrer Strömungsrichtung, die fließt auch um die Winglets rum und erzeugt Wirbel. Dennoch kann man durch günstige Formgebung erreichen, dass am Winglet selbst die Druckunterschiede nicht mehr so hoch sind und damit die Wirbel und die Verluste deutlich reduzieren. Als Vorteil wurde lange Zeit noch angesehen, dass die Winglets sich bei höherem Anstellwinkel nicht mit verändern, sondern gerade zur Strömungsrichtung bleiben.

Jedoch erreicht man mit einer entsprechend verlängerten Tragfläche das gleiche und besser. Das "Winglet" ist also einfach flach ausgerichtet und erzeugt selbst keinen Auftrieb mehr, sondern läßt die Luft im Randbereich nur etwas zur Ruhe kommen.

Das einzige wirkliche Flügelende, was Randwirbel effektiv reduziert, ist das Fingerfederende von Vögeln, also z.B. markant bei der Elster, aber auch bei größeren Greifvögeln, die zwecks Beobachtung ihrer Beute sich häufig im Langsamflug bewegen. Die Flugzeugkonstrukteure haben sich an eine solche Bauweise noch nicht heran gewagt. Es gab wohl schon Versuche damit. Das Problem ist, dass man jeden Finger einzeln verstellen müßte, um wirklich effektiv zu sein. Der Vogel macht das automatisch nach Gefühl, beim Flugzeug ist das nicht ganz so einfach.

Ob nun Tragflügel oder Propellerflügel oder Windradflügel. Das Prinzip ist immer das gleiche.

Die Windräder haben schon seit vielen Jahren Winglets. Wenn man genau hinschaut, sieht man, dass die Flügelenden schmaler sind und meist etwas schräg zur Anblasrichtung verlaufen. Bei solchen Längen und Belastungen sind bei den Windrädern , wie auch bei Flugzeugen, die Schwingungen ein ganz großes Thema. Wenn sich dort etwas aufschaukelt, führt das schon nach kurzer Zeit zum Bruch des Bauteils.


Und nun abschließend zur Gefahr von Wirbelschleppen großer Flugzeuge. Gerade die mit den Winglets erzeugen die gefährlicheren Schleppen, weil diese langsamer umlaufen und sich länger in der Atmosphäre halten. Bei den alten Flugzeugen haben sich die Wirbel kleinräumig wesentlich schneller gedreht und sind entsprechend abgebremst gewesen. Bei dunstigem Wetter, sieht man die Wirbel und bei den älteren Flugzeugen hört man sie auch, wenn man am Flughafen an der richtigen Stelle steht.

Aber ganz egal, wie es nun ist, ein Sportflieger wird durch solche Wirbel auf den Rücken gedreht, wenn er durchfliegt. Wenn das ganze in Flugplatznähe und niedriger Höhe passiert, gibt es für ihn meist keine Rettung mehr.

Warten ist das einzige was hilft. Zwei Minuten sind obligat, es schadet nicht, noch etwas länger zu warten.

Gruß

Werner

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