Re: Frequenzschwankungen


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Geschrieben von Peter vdl am 31. Mai 2024 17:23:14:

Als Antwort auf: Re: Frequenzschwankungen geschrieben von Joachim S am 31. Mai 2024 08:18:53:

Moinsen,

Überlegen wir mal ein bisschen...

Der Strom wird am konventionellen Kraftwerk erst einmal hoch transformiert und ins Hoch- bzw. Höchstspannungsnetz eingespeist, von da über große Strecken verteilt. Von diesem wird's an diversesten Stellen wieder runter transformiert, kommt irgendwann in der Mittelspannungsebene an. Hier wird's nur noch im grob zweistelligen Kilometerbereich verteilt, um dann irgendwo auf den Ortsnetztrafo zu stoßen, der aus der Mittelspannung dann die 400V macht, die zu Hause so ins Haus rein kommen. Diese Dinger versorgen teilweise nen einzelnes Gebäude, teilweise nen Straßenzug, teilweise ganze Ortschaften - die müssen dann aber schon echt kleine Dörfer sein. Wir hier im Vorort von Pyrmont haben bei 510 Einwohnern ganze zwei... Nun gibt es verschiedene Möglichkeiten die Windungen zu verschalten - damit verschiedene Möglichkeiten zu bestimmen wann der Buckel der Sinuskurve gerade auf welcher Phase oben ist. Die Welle hat obendrein auf dem Kabel ne Laufzeit, weswegen der Buckel 100 m weiter auf dem Kabel nicht exakt zum selben Zeitpunkt oben ist wie hier. Jede Menge Variablen, die aber alle sich nicht ändern und zum Mindest ermessbar sind - man braucht "nur" eine bekannte Referenz.

Jeder Verbraucher belastet das Netz, sehr viele Verbraucher sind auch nicht ohmsch, damit hat jeder Verbraucher nen individuellen Fingerabdruck in welche Richtung er Spannung und Phasenlage verschiebt - was man wieder messen kann, was auch die Schwankungen innerhalb eines Niederspannungssegmentes einzigartig macht, es wäre schon mehr als Zufall, wenn in mehreren Netzen exakt die selben "Verbraucherfingerabdrücke" auftauchen. Diese braucht man nur mit dem Muster des "interessanten Objektes" vergleichen, wenn man genügend Referenzen hat findet man eine mit passendem "Fingerabdruck". Nun noch Uri und Laufzeiten rechnen, wo die ONT's stehen kriegt man auch einfach raus - et voila, Lokalisation geglückt... Wenn nicht - die Fingerabdrücke so sie denn kräftig genug sind findet man auf der Mittelspannungsseite des ONT wieder - und damit beeinflußt er dank Leiterwiderstand auch den Nachbartrafo - wird's Fährtenlesen halt etwas schwieriger...

Das Problem ist nämlich, daß das EVU die 230V +-10% am Hausübergabepunkt garantieren muß, Kupfer hat ne Leitfähigkeit von 56 m / ( Ohm * mm²) bei 20 °C - das macht die Leitungen bereits nach kurzer Strecke ziemlich dick, wenn da ne Mittelspannungsleitung in der Nähe ist laß ma nen ONT setzen, ist günstiger... Hatte letztens z. B. für jemanden mal Spannungsfall gerechnet, der speist nach eigenen Angaben mit 5 kW einphasig in seiner Garage in ne vorhandene 400V-CEE-Steckdose ein, die hängt mit 2,5mm² und 25m Leitung an ner 16A-Sicherung im Haus. Wurde bemängelt, sein Elektrischer will min. 6mm² haben, konnter kaum glauben. Ich kam auf mindestens 4mm² nur wegen der Leitungslänge, nen anderer Weg hätten knapp 90m dafür Hofpflaster nicht aufnehmen bedeutet - das wären über 10mm² gewesen um die 5kW da drüber zu kriegen... Da kost das Kabel alleine mehr wie nen neuer dreiphasiger Wechselrichter - der dann das vorhandene 2,5mm²-Kabel nicht ansatzweise auslastet...

Was wir noch nicht hatten ist die Netzfrequenz selber: Die allermeisten Kraftwerke nutzen die Drehzahl ihres Synchrongenerators als Regelgröße für die Maschinenleistung. Eine Synchronmaschine kann aber physikalisch nur eine zu ihrer Drehzahl synchrone Frequenz ausspucken, daher der Name, die Asynchronmaschine dreht als Motor langsamer und als Generator schneller - kann aber ohne Hilfe von Außen keine Spannung erzeugen - und die Frequenz schwankt auch noch neben noch weiteren Nachteilen (Dafür ist sie in der Regelung im reinen Netzparallelbetrieb echt entspannt - macht sie alles alleine). Nun braucht aber jeder Regler ne Hysterese, Leerlaufpunkt und Vollastpunkt auf die exakt selbe Drehzahl zu legen funktioniert nicht, und je dichter die beiden Punkte zusammen liegen desto schwingfreudiger das System. Das bedeutet aber im Umkehrschluß, daß die Netzfrequenz die Maschinenbelastung direkt widerspiegelt, steigt die Belastung sinkt die Frequenz und umgekehrt. Die muß aber auf 50 Hz +-2% genau gehalten werden (Genauer: 50 Hz +-0,4% braucht man nichts machen, bis 50 Hz +-2% ist das Regelfenster für die Kraftwerke, darüber hinaus geht's mit Maßnahmen im Netz weiter wie Last- oder Erzeugerabwurf, diese Maßnahmen werden immer drastischer und großflächiger je weiter die Frequenz von den 50 Hz abweicht, bis beim absoluten Limit von 50 Hz +-5% das Netz automatisch abgeschaltet wird um danach neu aufgebaut zu werden - der Blackout). Kleine Generatoren können selbst die +-5% nicht, ob das Regelfenster für Große ausreicht - ich hab da so meine Bedenken, gibt da so komische Sprünge wenn das Netz mal wirklich aus dem Ruder war. Und dann kriegt der Kraftwerksbetreiber noch Dollarzeichen in die Augen, denn wenn man das Regelfenster bestmöglich ausschöpfen will läuft das Kraftwerk bei exakt 50 Hz gerade mal bei 50% Leistung, Cheffe will aber mehr, soll bei 50 Hz als Beispiel bereits mit 80% laufen. Das macht die Regelfenster klein und gemein - oder man braucht Korrekturglieder. Ergo könnte man anhand der Frequenz ableiten wieviel Reserve fremde Kraftwerke noch haben - aber dank Dollarzeichen geht's nicht, da man nicht weiß, auf wieviel Prozent das heute bei 50 Hz bereits läuft.

Rußige Grüße
Peter

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