Re: Frequenzschwankungen sind lastabhängig


[ FMSO.DE - Fahren mit Salatöl (deutsch) ]


Geschrieben von huebi am 01. Juni 2024 00:55:37:

Als Antwort auf: Re: Frequenzschwankungen geschrieben von Joachim S am 31. Mai 2024 08:18:53:

Moin Jo.

Wenn ich ein Netz plötzlich stark belaste, müssen die Generatoren den Kraftwerke genauso plötzlich mehr Energie liefern. Dadurch werden sie erstmal gebremst und die Drehzahl, und damit auch die Frequenz im Netz, fällt schlagartig ab. Zwar nur minimal im Bereich weniger Promille aber gut und eindeutig messbar.
Wenn das Elektrostahlwerk um die Ecke angefahren wird, sinken Frequenz und Spannung deutlich ab. Da kann man sogar sehen wann welche der drei Elektroden zündet. Diese Schwankungen sind typisch für jedes Netz und werden zur Qualitätssicherung aufgezeichnet. Dieses Netzbrummen ist auf jeder Tonspur mit enthalten und lässt sich gut raus filtern und analysieren. Das brauche ich nur mit den Aufzeichnungen zu vergleichen. Wenn genügend Messstellen im Netz vorhanden sind, kann ich das Brummen aus der Aufnahme damit vergleichen und finde damit die Zeit und eventuell auch den Ort der Aufzeichnung.

Jetzt zur lastabhängigen Phasenverschiebung in einem Netz.
Natürlich ist die Frequenz in einem Netz immer und überall gleich. Geht auch nicht anders weil ja sonst merkwürdig Ströme fließen würden.
Ein Beispiel für ein einfaches Netz:
Zwei Kraftwerke, die 300 km auseinander liegen. Zwischen den Kraftwerken wird von vielen kleinen Verbrauchern gleichmäßig Strom verbraucht. Der Strom fließt mit Lichtgeschwindigkeit von den Kraftwerken durch das Netz zu den Verbrauchern. In der Mitte des Netzes treffen sich also beide Stöme aus den Kraftwerken und müssen dort natürlich die gleiche Phase, Frequenz und Amplitude haben.
Nun bringe ich eine Störung ins Netz und schalte bei Kraftwerk 1 meinen Teilchenbeschleuniger ein. Das Ding braucht die ganze Energie, die das Kraftwerk liefern kann. Schlagartig muss nun Kraftwerk 2 alle Verbraucher bis zum Teilchenbeschleuniger versorgen. Damit wandert auch der Punkt, an dem sich die Spannungen der beiden Kraftwerke treffen, 150 km in Richtung Kraftwerk 1. Durch die Laufzeitverzögerung in der Leitung misst man nun in der Mitte der Strecke zuerst ein absinken der Frequenz und dann wieder einen Anstieg, sobald das Kraftwerk 2 nachgeführt ist. Die Zeit dafür ist etwas 20 s bis 30 s.
Das ist nun ein extremes Beispiel. In der Realität werden solch großen Verbraucher zusammen mit dem Kraftwerkführer eingeschaltet. Der gibt Vollgas und im richtigen Augenblick wird der Verbraucher ans Netz geschaltet.

So kommen also die Frequenzschwankungen zustande. Alternativ schalten die Franzosen auch gerne mal ohne Ankündigung einen fetten Atommeiler ab. Das ist dann binnen 8 Sekunden bis in die letzten Ecken des europäischen Verbundnetzes zu spüren. Diese Frequenzschwankungen sind über die Zeit, wie Fingerabdrücke, einmalig. Wenn ich genügend Messstellen habe, kann ich das Netzbrummen sogar gut verorten.

In der Forensik wird das auch schon angewendet, um zumindest den Zeitpunkt einer Aufnahme heraus zu finden.

https://phys.org/news/2018-02-power-grid-fluctuations-hidden-audio.html


Viele Grüße,
huebi

Wie lesenswert findest Du diesen Beitrag?                 Info zur Bewertung




Antworten:


[ FMSO.DE - Fahren mit Salatöl (deutsch) ]