Nein, absolut richtig !


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Geschrieben von Werner am 06. August 2024 11:30:14:

Als Antwort auf: Drehzahl im Stand evtl. nicht errreichbar geschrieben von MarkusZ am 06. August 2024 09:20:36:

Moin Markus,

ganz klar, wenn man im Stand den Motor mit dem montieren Propeller auf volle Drehzahl kriegt, dann ist der Propeller falsch ausgelegt. Er gibt dann zwar den maximalen Standschub, bzw. irgendwas in der Nähe des maximal erzielbaren Standschubes, aber sobald das Flugzeug sich vorwärts bewegt, steigt die Drehzahl auf Werte oberhalb der maximalen Leistung.

Jedoch ist der Effekt nicht so stark, wie man annehmen könnte. Wir reden also über einige hundert Umdrehungen am Propeller, in der Regel nicht viel mehr.

Man versucht, die Maxleistung so zu legen, dass im Steigflug auf Vollgas die beste Übertragung ist. Das muß nicht zwingend genau die Drehzahl der maximalen Leistung sein, weil der Propeller je nach Anströmung auch unterschiedliche Wirkungsgrade hat, aber als erste Annäherung ist das gut. Dann, wenn das Flugzeug seine Reisehöhe erreicht hat, wird das Gas reduziert und die Drehzahl der normalen Reisegeschwindigkeit gemessen. Schwierig ist dabei, dass bei den Einfachpropellern die Steigung jetzt kleiner ist, als sie sein könnte, aber man muß halt den besten Kompromiß finden. Der Motor läuft dann im Teillast auf ziemlich hoher Drehzahl, was für Verbrauch und Motor und die Nerven des Piloten selten schön ist. Deshalb ist das ja so gut, einen Motor zu nehmen, der in seinem irdischen Leben ähnliches tut also stationes Aggregat oder Motor mit kleinem Drehzahlbereich, siehe VW-Boxer, die nach wie vor gerne in kleinen Armateurbauten verwendet werden. Ein Newcomer in der Szene ist ein Briggs & Stratton mit 600 ccm, der als Aggregat für Strom und Wasserpumpen ausgelegt ist. Damit werden zurzeit fast alle Miniflieger ausgerüstet.

So, weiter zur Auslegung, ideal ist, wenn man es schafft, dass der Motor auf der Drehzahl des höchsten Drehmomentes sich im Startlauf befindet, also kurz vor dem Abheben. Wenn dann diese Drehzahl im Reiseflug sogar noch unterschritten werden kann, ist es gut gelaufen, klappt aber nur selten.

Wenn also der Flieger wieder gelandet ist und der Einflieger (heißt heute nicht mehr Testpilot) ist der Meinung, dass der Prop nicht paßt, dann wird umgebaut. Verstellbar sind diese Propeller in der Regel, aber nicht während des Fluges. Es sind sog. Einstellpropeller. Mein Kleiner hat das auch. Die beiden Propellerflügel haben rund Wurzeln werden einfach zwischen zwei Aluhalbschalen eingeklemmt. Es obliegt dem "Versteller", genau darauf aufzupassen, dass er nicht einen Flügel anders einstellt, als den anderen. Das ist ziemliche Fummelei. Die Könner hören es am Geräusch, wenn ein Löffel mehr machen muß, als der andere. Ich selbst habe da keine Erfahrung - noch nicht!

Die Propellergrößen werden auch variiert. Ein kleiner Propeller ist eher für hohe Geschwindigkeiten geeignet, ein große für Langsamflug mit kräftigem Zug. Der große Prop hat im Reiseflug bereits selbst erheblichen Widerstand, man sagt, er frisst sich selbst auf. Die Warbids aus dem zweiten Weltkrieg haben bei Max.Geschwindigkeit mehr als die Hälfte der Leistung für den Propeller selbst gebraucht. Dessen Enden nähern sich der Schallgeschwindigkeit und in dem Zustand wird beträchtlicher Widerstand aufgebaut.

Ok, der Einflieger stellt fest, dass er den besten Kompromiß gefunden hat und dann wird ganz simpel einfach nur die Drehzahl im Stand gemessen - egal, was dabei rauskommt. Diese Drehzahl wird dokumentiert und soll erreicht werden.

Genau dieser Sache sind die Burschen in Deutschland zum Opfer gefallen. Sie haben sich auf den digitalen DZM verlassen und danach den Prop eingestellt. Leider ging der originale DZM falsch, was man mir bisher noch nicht so richtig glauben kann. Digital ist digital, sollte also klappen, aber im unteren Bereich zeigt der richtig, im mittleren Bereich spinnt er total und wechselt rauf und runter und im oberen Bereich zeigt er gute 1200/min zu wenig. Deshalb habe ich einen anderen DZM eingebaut, von dem ich sehr hoffe, dass er richtig zeigen wird. Im niedrigen Bereich tut er es offenbar, aber es ist nicht sicher, ob die Elektronik die beiden kurz aufeinanderfolgenden Zündzeitpunkte richtig auswertet. Diese kleinen Maschinchen haben nämlich die Zündverstellung über zwei Fixpunkte gelöst, zwischen denen einfach nur umgeschaltet wird. Im Rollerbetrieb eine einfach Sache, weil der Roller entweder im Leerlauf tuckert und auf Nenndrehzahl läuft. Was dazwischen passiert ist nur während des Anfahrens wichtig. Gut möglich also, dass mein neuer DZM bei mittleren Drehzahlen auch ins Hampeln kommt und oben rum falsch zeigt.

Soweit so langer Text, die Typen in Deutschland haben den Prop im Stand nach Vorgabe eingestellt und sich über den kräftigen Standschub gefreut. Der Motor lief dabei viel zu schnell. Dann, beim ersten Start, lief der Motor bereits im Startlauf schon in den Begrenzer und fing an zu takten. Man hielt das für Abmagerung des Gemisches und stellte den Motor so fett, dass das nicht mehr passierte. Die Standdrehzahl wurde nicht mehr nachgemessen. Entsprechend sah der Motor von innen aus, alles kohlrabenschwarz, das Öl wie aus dem Bohrloch. Ich habe mehrmals gespült.

Mit den neuen Zahnriementrieb ist die Übersetzung etwas anders. Ich habe jetzt 1:2,66667. Vorher war es nominell 1:2,76, wobei der alte Riemen auch etwas Schlupf hatte.

Somit hoffe ich, dass die eigentlich zu kleine Steigung etwas kompensiert wird. Die Steigung des Propellers wird bei der Abnahme vom Prüfer nachgemessen. Dafür gibt es spezielle Lineale. Da die "falsche" Steigung schon in den Papieren steht, drehe ich da lieber im Moment nix dran. Ich habe den Prop mal aufgemacht und versucht, die Löffel zu verdrehen, aber die sitzen schon so lange in der Form, dass sie bei kleinen Verdrehwinkeln sich sofort wieder in die Ausgangslage zurück drehen, sobald man festschraubt. Das Kunstharz hat sich der Form der Aluumhüllung so angepaßt, dass es schwierig wird, kleine Änderungen vorzunehmen.

Wenn ich also eine Maschine übernehme, von der ich schon weiß, dass das nicht alles korrekt ist, und wenn ich an dieser auch noch Änderungen vornehme, dann bin ich schon fast auf der "grünen Wiese". Ich werde also auf unserer grünen Wiese allerlei ausprobieren und schauen, was das mit mir tut. Ich traue mir schon zu, in etwa zu beurteilen, ob ein Start und Flug damit möglich sein wird. Vielleicht ist es nicht optimal getroffen, aber dass man anrollt und gleich den Start wieder abbricht, dass glaube ich nicht. So ganz genau wird das bei den meisten Konstruktionen auch nicht gemacht. Man hat so seine Erfahrungen, der Lieferant für den Propeller ist ein guter Freund und macht die besten Preise, es wird ausprobiert und nach Gefühl eingeschätzt, was durchaus nicht immer falsch ist.

Bei den großen Herstellern für Turboprop-Flugzeuge ist das total anders, da sitzen richtig Spezies am Computer und formen den Propeller mit 3D-Software genau nach dem Lastprofil, was für das Flugzeug zu erwarten ist. Wenn ein Betreiber seine Flugzeuge hauptsächlich für den Commuterverkehr einsetzt, also kurze Flugstrecken in rel. geringer Höhe, dann bekommen die Propeller eine andere Form, als wenn das Flugzeug eher auf der Langstrecke unterweg ist. Verstellbar sind die alle, aber die Form der Verwindung, das Profil usw. sind weitere Parameter für die Optimierung. Die Unterschiede sind so klein, dass man das nicht erkennt am stehenden Flugzeug.

Wie schon geschrieben, ich weiß nicht, welche Standdrehzehl erreicht werden wird. Wenn ich etwas messe, was nicht zufrieden stellt, muß ich sehen, ob der Zahnriemen tatsächlich die Leistung schluckt. Er ist sehr breit und die Rippen müssen bei hoher Drehzahl zunächst einmal die Luft aus der Zahnrille verdrängen, ehe sie richtig anliegen. Das ist nicht wenig und führt zum Zahnriemenpfeifen, mitunter richtig laut. Bei Autos hört man das gelegentlich ganz leise.

Der Riemen hätte laut Hersteller viel schmaler sein können, aber ich wollte, dass das optisch so ähnlich aussieht und wollte auch kein Risiko eingehen, dass mir der Riemen reißt. Der Hersteller schreibt mir ausdrücklich, dass seine Produkte nicht für die Luftfahrt getestet sind und daher dort nicht eingesetzt werden dürfen. Hmmm, deshalb habe ich in der Anfrage nach einem Riemmen für stationäres Aggregat gefragt, nämlich für eine tragbare Feuerlöschpumpe, deren Drehzahl mit 3000/min genau paßt und die möglichst leicht sein sollte.

Wenn ansonsten alles super klappt und der Riemen wirklich die Leistung frißt, kann ich auf die gleichen Riemenräder auch einen schmaleren montieren. Die Begrenzerscheiben für die Spur dürften nicht das große Problem werden.

Mein früherer Armateurbaukumpel hat immer gefragt: "wann fliegst du den mal damit?" Mit meiner Antwort "vielleicht nie . . " konnte er nicht richtig umgehen, er hat sich eine gebrauchte Maschine mit zwei Sitzen gekauft und fliegt mit seiner neuen Ehefrau jedes Wochenende, wo das Wetter paßt.

Da bin ich halt anders. crazy

Gruß

Werner

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