Re: Kann es sein...nein, eher nicht
Geschrieben von Werner am 17. November 2024 18:46:20:
Als Antwort auf: Kann es sein... geschrieben von C.Sack am 16. November 2024 08:17:01:
Moin Christian,
man kann so als Faustregel sagen, dass etwa 4 bar im Zylinder sein müssen, damit das Gemisch gezündet wird. Wenn also ein Motor eine effektive Verdichtung hat von irgendwelchen 6 bis max. 7, dann wird bei einem Saugdruck von 0,3 bar, das Gemisch auf isotherm ca. 2 bar verdichtet und es kommt nicht mehr zur Zündung- Läuft also ein Motor mit hoher Drehzahl und die Klappen werden geschlossen, dann fällt der Saugdruck so weiter ab, dass bei Kompressionsende nur noch ein schwacher Restüberdruck bleibt und das Gemisch nicht entzündet wird. Der Motor befindet sich dann in der sog. Schubphase, bei freizügigen Auspüffen gut hörbar, der Motor scheint aus dem Auspuff Luft anzusaugen - was sogar in gewisser Weise stimmt.
Beim Expandieren dieses schwachen Druckes geht der Zylinder wieder weit in den Unterdruck und das öffnende Auslaßventil läßt tatsächlich aus dem Auspuff Abgas in den Zylinder. Diese aber nur so lange, bis der Kolben wieder hochgeht und den Rest ausschiebt.
Sinkt nun den Drehzahl des geschobenen Motors, dann läßt die Drosselklappe immer noch die gleiche Menge pro Sekunde durch, was dazu führt, dass bei sinkender Drehzahl die Zylinderfüllung allmählich wieder zunimmt. Das führt dann zu den ersten Zündungen, die aber noch nicht leistungswirksam werden, weil der Abbrand des Volumens viel zu lange dauert. Die Flamme läuft sozusagen dem Kolben hinterher. Auch ist in dieser Phase längst nicht in jedem Arbeitstakt eine Zündung, sondern unregelmäßig statistisch verteilt. Wir hören dann das Bollern im Auspuff, was keine Fehlzündungen sind, sondern was im Zylinder erzeugt wird, aber eben ohne Kraft.
Kleiner Einschub: dieses Bollern liebe ich und mein Motorrad führt es mir zuverlässig vor :).
Sobald dann die Drehzahl so weit abgesunken ist, dass die Zeit zum Durchströmen der Drosselklappe ausreicht, um den Zylinder wieder genügend zu füllen, setzt der Motor wieder mit schwacher Leistung ein und läuft schließlich im Standgas.
Dies gilt alles nur für Vergasermaschinene ohne Schubabschaltung und Drehzahlregelung, also für die älteren Modelle.
Stabilisieren tut sich der Leerlauf dann durch die konstant begrenzte Menge, die durch die Drossselklappe strömt. Läuft der Motor langsamer, so kommt mehr in die Zylinder und er läuft wieder schneller und umgekehrt.
Wenn nun eine Drossel vor dem Vergaser die Luft anschnürt, dann ist es richtig, dass ab einer bestimmten Drehzahl der Motor auch nicht mehr so viel ansaugen kann, dass es zu einer Zündung kommt. Aber dazu müßte mein Motor dann irgendwelche 20.000/min machen, wenn es überhaupt reicht.Bevor es zu dem Wegbleiben käme, würde die Leistung allmählich abnehmen und vor allem beim weiteren Öffnen der Vergaserklappen wieder besser werden. Das ist leider alles nicht so, der Motor läuft im Leerlauf und auf Kleinlast, dann kommt ein Loch, was man mit Getrickse überwinden kann und es kommt etwas Leistung. Und wenn man dann weiter öffnet bleibt der Motor wieder weg und geht sogar schließlich aus.
Gruß
Werner
P.S.: störe dich nicht an den von mir genannten Verdichtungsdaten. Ein Benzinmotor hat keine effektive Verdichtung von 10:1 oder 9:1. Diese Zahlen geben das KONSTRUKTIVE Verdichtungsverhältnis an, was zwar leicht zu überprüfen ist, aber für solche Überlegegungen wenig hilft.