nee, nicht unbedingt
Geschrieben von Werner am 05. Oktober 2025 21:54:53:
Als Antwort auf: Re: Ja, können sie geschrieben von huebi am 05. Oktober 2025 20:41:56:
habe ich in meinem langen Beitrag auch überlegt, zu schreiben - die Steuerung.
Das ist eigentlich das erste, was überbrückbar ist. Viele Leute, viele Hände, viele Ventile und ein paar Zurufe. Eine Raffinerie ist kein Atomkraftwerk.
Bei besagter Werksstudententätigkeit wurde ich gefragt, ob ich beim "Russenöl" mitmachen will. Klar, wollte ich. "Jung, bisse fit ?" Klar, war ich. Die Anlage war aus den 30er Jahren, stand nur bereit für solche Sonderfälle. Die neue große Rohöldestillation machte das Tagesgeschäft.
Also los, Helm auf, Handschuhe an und rauf auf die Bühnen. Ventile einregulieren, solange, bis die Kolonne stabil lief. Ich habe an dem Tag gefühlte 2000 Höhenmeter gemacht mit Treppen rauf und runter.
Die großen modernen Anlagen sind ohne Steuerung gekniffen, das ist klar. Aber auch da können sich die Leute helfen, es geht halt die Effizienz flöten, weil man die Nebenkreisläufe mit Wärmerückgewinnung einfach abschaltet.
Ich kenne die Raffinierien in Rußland nicht, aber ich bin ziemlich sicher, dass die nicht vollautomatisiert laufen, zumindest nicht alle. Da weiß man sich dann doch zu helfen, solange noch Strom da ist und die Schalter nicht mal wieder klemmen. Investiert wurde in Rußland in solche Anlagen immer nur extrem sparsam bis überhaupt nicht. Da gibt es viel, was kaputt ist und trotzdem funktioniert.
Als wir für die damalige Sowjetunion im heutigen Karsachstan eine große Erdgasanalge geliefert haben, wurden keinerlei Ersatzteile mitbestellt. "Wir gehen davon aus, dass das alles dauerhaft funktioniert." war der Tenor.
Kabel für die Sicherheitsabschaltungen wurden nicht verlegt, weil sie geklaut waren. Die Sicherheitsventile von den Druckbehältern (350 bar mit schwefelhaltigem Sauergas) wurden mit Deckeln zu gemacht, weil man Sorge hatte, dass die Ventile lecken könnten. Auf gemeuter unserer Leute hieß es: "Stellt euch nicht so an, wenn die 350 bar aushalten, halten die auch 450 bar aus. Da passiert schon nix"
Die Dokumentation für die Anlage war 7-fach bestellt, ein Exemplar ging nach Moskau, wo es allerings später nie mehr auffindbar war. Die anderen 6 gingen in die Anlage selbst, ein ganzer geländegeängiger LKW voll mit tausenden Ordner.
Der Laster kippte den Inhalt in die Tundra, die Leute machten sich drüber her, wie die Fliegen, weil sie die Ordner haben wollten. Das Papier blieb liegen, verwehte zum Teil im starken Wind.
Eine Kondensatpumpe, die extrem giftiges Zeug pumpte, stand auf einem Holzbrett als Fundament. Die Tundra war gefroren und sehr tragfähig. Da aber um die Pumpe rum eine Menge Wärme erzeugt wurde, schmolz das Eis und die Pumpe fing an, einzusacken. Sie hing schließlich nur noch an den Leitungen, bis . . . . . das Gehäuse Risse kriegte.
Der besorgte Russe verbot uns für einen Tag, die Anlage zu betreten. An diesem Tag wurde dann das Gehäuse geschweißt - ohne die Pumpe dafür auszubauen. Bei Schwefelwasserstoff ist es so, es riecht nach faulen Eiern und dann riechst du nichts mehr, weil die Nerven narkotisiert werden, dann dauert es noch max. eine Minute und du fällst um. Zu tun gibt es dann nichts mehr, du bist weg - für immer.
Das war in den 80ern. Ja, die kommunistische Planwirtschaft, wird man sagen, das ist ja heute alles anders. Really, I am in doubt. Es sind Menschen mit einer gewissen Haltung, es ist nicht das System allein.
Also kurz, ich bin überzeugt, dass die auch ohne korrekt funktionierende Steuerung sich zu helfen wissen.
Gruß
Werner