Das Verdichterpumpen beim Anfahren


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Geschrieben von Werner am 26. April 2014 10:46:33:

Als Antwort auf: Re: Apropos bekloppt . . . geschrieben von Manuel [ER] am 26. April 2014 01:39:30:

Moin,

diese Triebwerke haben ein generelles Konstruktionsmerkmal: der Verdichter ist eine Radialmaschine und die Turbine ist ein Axialläufer. Damit "passen" die Kennlinien schon mal ganz grundsätzlich nur in bestimmten Bereichen zueinander.

Beim Hochfahren kommt es enorm darauf an, die Ressourcen zu schonen, sprich, nicht zu viel elektrische Energie zu verbrauchen. Das Ankurbeln am Beginn des Videos ist der hohen Blockierstromaufnahme des Anlassers geschuldet. In der Praxis mußte früher nach fehlgeschlagenen Startversuch bis zu einer Stunde gewartet werden, ehe man wieder neu starten durfte. Leistungselektronik mit Sanftanlauf und Regelung war damals noch nicht so weit.

Würde man mit richtig Starterleistung den Triebwerksläufer gleich in die richtige Drehzahl fahren, dann könnte man auf solch spektakuläre Anlaßzeremonien verzichten. Das wird aber selbst heute nicht gemacht, weil der Leistungsbedarf des "kalten" Läufers ein ganz beträchtlicher ist. (Wie man übrigens beim Auslaufen schön hört. Der Typ unterbricht die Spritzufuhr und nach dem flame out geht die Drehzahl ganz drastisch wieder runter)

Im kalten Zustand saugt die Turbine die Brennkammer in leichten Unterdruck und der Verdichter fördert nach, was er nur kann. Der Verdichter wird so ausgeführt, daß er keine ausgeprägte Schluckgrenze hat - sonst wär beim Hochlaufen schon Schluß mit der Vorstellung. Bei diesem Overflow verbraucht der Verdichter eine enorme Energie, die von der Turbine nicht zurück gewonnen werden kann, weil sie aufgrund ihrer Auslegung sozusagen ein falsches Übersetzungsverhältnis hat.

Sobald sich jetzt durch Wärme Druck in der Brennkammer aufbaut, sinkt der Leistungsbedarf am Verdichter und die Turbine bekommt ebenfalls etwas Energiezufuhr. Jedoch haut der Entflammungsstoß in der Regel den Verdichter erstmal in die Pumpgrenze, weil ein extrem mageres Gemisch sich zu schlecht zünden läßt - deshalb läuft auch Sprit einfach hinten raus.

Und dann baut sich das ganze pulsierend auf. Würde man exakt zum Zeitpunkt des Strömungsabrisses am Verdichter auch genau dazu passend die Treibstoffzufuhr unterbrechen können, dann würde sich das Pumpen vermeiden lassen. Tatsächlich läuft der Sprit aber weiter und sobald wieder Luft kommt, gibt es den nächsten "Bäng".

So rüttelt sich das Triebwerk allmählich auf höhere Drehzahlen, wo der Verdichter immer dominanter gegen die Verhältnisse in der Brennkammer anarbeitet. In dieser Phase muß mit sehr viel Gefühl die Treibstoffzufuhr nachgeregelt werden, sonst "bläst" der Verdichter die Flamme irgendwann wieder aus. Bei den Typen auf dem Video hat es genau daran gemangelt. Die Spritzufuhr war viel zu hoch und das Ding hat einen regelrechten Satz gemacht. :)


Übrigens ist das heute immer noch so. Wenn ein Turbinen-Hubschrauber seine Triebwerke anläßt, kann man das Pumpen mehr oder weniger ausgeprägt gut hören. Die Hubi-Triebwerke haben durchweg Radialmaschinen, weil sich diese viel kompakter bauen lassen und für konstante Drehzahlen mit unterschiedlichen Lasten besser geeignet sind.


Gruß

Werner

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