Re: Weich.


[ FMSO.DE - Fahren mit Salatöl (deutsch) ]


Geschrieben von ray am 01. September 2014 14:02:05:

Als Antwort auf: Weich? geschrieben von Funman am 29. August 2014 15:44:01:

Moin Hajo,

"..was passiert physikalisch, wenn ein Stahl "weich" wird? M.E. gibts
das nur am Stammtisch. "

Ernsthaft? Im Stahlgefüge bilden sich bei fortlaufender Überschreitung der zulässigen Spannungen zunehmend Mikrorisse/Trennungen. Dies kann relativ makroskopisch an Kerbgründen / Rissen geschehen oder auch direkt an Korngrenzen. Damit einhergehend wird das Material geschwächt, analog wie ein Fischernetz mit immer mehr losen Maschen. D.h. die Spannungs/Dehnungskurve wird in der Tat flacher oder meinetwegen die Federate des Bauteils geringer, die Verformungshysterese größer wie auch immer es einem beliebt..ich nenne es "weich". Das ist mess- und fühlbar. Z.b. ist eine Autokarosserie (ausdrücklich nicht das Fahrwerk) nicht ansatzweise dauerfest und wird fühlbar weicher im Laufe des beanspruchten Autolebens. Die Karosse kannst du selber befühlen/vermessen, die Mikrorisse zeigt eine Mikro-CT.
Ich habe diese Erfahrungen auf das Bauteil Felge übertragen.

"Ich denke, im Tiefziehversuch, und auch beim Tiefziehen in der
Produktion, werden alle nur möglichen Spannungen überschritten.
Deshalb zieht es ja tief. Ist eben eine Umformung, und bei der
Bilden sich keine solchen Risse. Gilt auch für jegliche Art des
Anballerns der Bolzen. Auch damit zieht man die Felge tief und es
gibt keine Risse. "

Das ist nicht richtig. Praktisch wird eben nicht "einfach so" tiefgezogen, sondern innerhalb sinnvoller Grenzen.
Wer den zulässingen Umformgrad überschreitet (meist lokal) riskiert halt Gefügeschäden, Bruch, oder mit Verzug interkristalline Korrosion (in den oben erwähnten Gefügetrennungen können halt Korrosionsmechanismen u.U. unaufhaltsam, d.h. von Korn zu Korn arbeitend, ablaufen). Zur Not müssen Bauteile deshalb mehrzügig "tiefgezogen" werden. Mit Weichglühen dazwischen und allem..ist halt teuer. Felgentöpfe werden einzügig hergestellt und die Umformung führt auch zu einer Kaltverfestigung des Stahls. Leider wird er dadurch nicht weniger rissanfällig. Daher habe ich vermutet daß das anballern mit falschen Konusbund die Löcher einreissen läßt. Danach ist es keine "dauerfeste" Felge nach Spez mehr, sondern ein neues Bauteil mit nicht mehr hinreichenden Eigenschaften.

"Der Unterschied ist m.E. einfach der, daß wir einmal eben eine
einmalige Umformung haben, im anderen Fall einen Dauerschwingungsbruch,
Ermüdungsbruch. Da passieren ganz andere Dinge im Stahl. Ein Metallurge
kann sicher viel besser erklären, was da passiert. Ich bin keiner. "

Siehe oben..bin zwar auch kein Metallurg, aber ein Kollege aus dem Bereich der Umformtechnik war so freundlich mir den Stammtischbegriff "weich" zu erläutern. Besser erklären als oben kann ich es auch nicht.

Gruß

ray


Wie lesenswert findest Du diesen Beitrag?                 Info zur Bewertung




Antworten:


[ FMSO.DE - Fahren mit Salatöl (deutsch) ]