Sammelantwort: Energiespeicher im Wohnhaus in der Praxis


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Geschrieben von Heinz am 24. September 2016 08:37:59:

Als Antwort auf: Energiespeicher im Wohnhaus in der Praxis geschrieben von Heinz am 17. September 2016 18:47:08:

Hi,

hier eine Sammelanwort an alle Diskutanten und mehr Details, freut mich dass hier einige auch diese Richtung planen - es lohnt sich.
Vorab @r.lang: BHKW ist auf Erdgas.

Grundidee des Setups ist das Zusammenspiel von PV und Kraft-Wärme-Kopplung.
Mein Ziel war, möglichst unabhängig von Atom- und Kohlestrom zu werden und gleichzeitig aber auch nicht das Stromnetz zum Puffern zu verwenden. Genau dieses wird den erneuerbaren Energien ja immer vorgeworfen, dass es ohne Netzausbau und grundlastfähige Anlagen nicht ginge. Ich behaupte: Das geht sehr wohl.
Es besteht ja durchaus ein Kausal-Zusammenhang zwischen Intensität und Dauer der solaren Einstrahlung (= Ertrag der PV-Anlage) und dem Heizbedarf in Wohnräumen.
Dieser Zusammenhang ist offensichtlich so, dass beides gegenläufig ist.
Sprich im Sommer ist viel Sonne aber wenig Heizbedarf, im Winter ist wenig Sonne aber viel Heizbedarf.

Aus dem heraus drängt sich eine elektrische Wärmepumpe auf PV-Strom zum Heizen nicht unbedingt auf?! Ich kann den Hype um die Wärmepumpen ohnehin nicht ganz nachvollziehen zumal mit PV, Wind schon eher, aber sei es drum, können wir ja noch später diskutieren...

Aber jetzt mal konkret weitere Zahlen. Nun haben wir uns den Energiebedarf für Heizung und für elektrischen Strom summiert über ein Jahr angeschaut.
Strombedarf: 22.000 kWh/Jahr, Tagesbedarf durchschnittlich 60 kWh (ganzjährig)
Wärmebedarf (inkl. Brauchwasser): 50.000 kWh/Jahr (saisonal)

Es handelt sich um etwa 450 qm bewohnte und beheizte Fläche, kein Neubau (also auch nicht KfW 55, nicht wundern). Der relativ hohe Strombedarf rührt unter anderem daher, dass unsere IT (mehrere Server) mit etwa 850 Watt Grundlast 24/7 dranhängen (siehe die beiden Bilder). Das macht aufs Jahr alleine schon fast 7500kWh (also 1/3 des Stromverbrauches).
Etwa 4 Monate im Jahr ist Sommer, in dem wir nicht heizen müssen, jedoch Brauchwasser läuft weiter. Also etwa 7500 kWh Strom werden außerhalb der Heizperiode benötigt, 60kWh pro Tag.
Der Tagesertrag meiner PV-Anlage ist im Idealfall 6 kWh/kWpeak. Im Winter geht es runter auf max. 2 kWh/kWpeak oder auch fast nichts, wenn es trübe ist.
Rechnerisch ist damit eine 10 kWpeak Anlage zumindest nicht überdimensioniert (hatte aber gleichhzeitig auch nicht mehr Platz, weil schon eine 28kWp Einspeiseanlage auf den Dächern ist).
Wichtiger als die absolute Leistung ist eben die Ausrichtung der Module.
Man muss sehen, dass man "aus der Nacht kommt", den morgens ist die Batterie leer. Die Sonnenstrahlen am morgen sind also mehr wert als die Mittags. Mittags sollte der Speicher nicht überlaufen, und abends lange halten (Bisschen PV in den Westen). Das ist etwas diffiziel.
Was viele aber nicht bendenken/wissen. All das gilt nur für sonnige Tage. An einem Tag mit diffusem Licht (wenn Du in den Himmel schaust und nicht sagen kannst, wo genau die Sonne steht) kann sehr wohl eine hohe Intensität vorhanden sein (man fühlt sich sogar geblendet) - hier ist es aber total unerheblich, wie die Module ausgerichtet sind. Da bringt eine Nord-Ausrichtung genau das gleiche wie Süd!
Bei den derzeitig bereits günstigen Preisen für PV (pro kWpeak) ist in meinen Augen besser etwas mehr Module zu verbauen und Ost und West mit zu nehmen.

Das BHKW macht etwa 25% Strom und 75% Wärme. Rechnerisch haben wir also 8 Monate Heizbedarf, in denen 16000 kWh Strom gebraucht werden. Wenn wir die nun angenommen komplett mit BHKW produzieren, haben wir 48000kwh Wärme produziert.
(Das trifft den Jahresbedarf schon fast genau, siehe oben).
Nun ist es aber auch beim Heizen so, dass der Energieaufwand mit sinkenden Außentemperaturen stark zunimmt (delta T innen, außen). Bei 0 Gard Außentemperatur (20° Differenz innen zu außen) sieht das noch moderat aus. Wenn es draußen mal -20° hat, dann muss eine Differenz von 40° gehalten werden - da gehts dann schon zu Sache. Durchschnittlich sprechen wir da aber von 1 bis 3 Wochen im Winter, wo wir dauerhaft unter -5° haben.
Das BHKW ist dimensioniert für den Grundlastbedarf und so, dass es nicht zu kurze Einschaltzeiten hat.
Für den maximalen Peak-Wärmebedarf haben wir eine zusätzliche Gastherme mit 20kW. Das ist auch Fallback, wenn das BHKW mal ausfallen sollte.
Anmerkung:
Rein rechnerische ist die Wärme aus dem BHKW fast geschenkt, sofern der Strom 100% selbst genutzt wird. Aus 4 kWh Gas macht das BHKW 1 kWh Strom und 3 kWh Wärme. Gas kostet etwa 5,5 cent/kWh. Strom aus dem Netzt kostet etwa 25 cent/kWh.
Achtung: derzeit lohnt es sich aber hier definitiv NICHT BHKW-Strom ins Netz ein zu speisen(außerhalb EEG). Wenn man zum Gaseinkauf, Wartung und Verschleiß und Abschreibung rechnet, dann muss man Einspeisung ins Netz vermeiden!

Also nochmal zurück zum Setup:
Die Regelung hält die Batterie zwischen 15% und 90%. Vorrangig wird dafür PV-Strom verwendet und entsprechend Kapazität vorgehalten. PV-Strom geht immer in die Batterie. 10kWpeak PV, keine Einspeisung!
BHKW (5,5 KW el, 15 kW therm, Erdgas) läuft im Grunde (zeitlich) stromgeführt, wobei aber 100% der Wärme genutzt werden. Kein Notkühler vorhanden.
BHKW-Strom-Einspeisung wird vermieden.
Übersteigt der Wärmebedarf längerfristig die "Abwärmemenge" des BHKW wird mit der Gastherme zugeheizt.

Fazit:
Das harmoniert alles recht schön. Stromeinkauf ist bei uns nur Sommers ein Thema, wenn es warm ist aber die Sonne nicht genug scheint. Natürlich könnte ich auch dann die Wärme über einen Notkühler abblasen und Gas verstromen - ich würde es dabei nicht schlechter machen als sämtliche fossilen Kraftwerke.
Hier wäre ein beheizter Swimmingpool eine willkommene Wäremsenke.
Ich spiele auch mit dem Gedanken einer Wärem-Kälte-Kopplung, also aus der gratis Wärem Kälte zu erzeugen und damit eine Klimaanlage zu betreiben, dieser Bedarf ist in gewisser Weise vorhanden. Das Budget für weitere solche "Spielereien" müssen wir aber erst noch schaffen.

Ich kann jedem nur raten die Dinge einfach mal anzupacken. Fahren mit Pflanzenöl geht ja eigentlich auch nicht, da hört man 1000 Gründe, warum das gar nicht funktionieren KANN und man besser damit nicht anfangen sollte.
Manche tun es trotzdem und es klappt. Hier ist es genauso...

Sorry, Text ist etwas länger geworden.
Hoffe die wichtigsten Dinge sind besprochen, natürlich geb ich gern weitere Info und Diskussion,
Grüße Heinz

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