Re: So jetzt mal ein Bericht von einm richtigen Gau.
Geschrieben von r.lang am 02. August 2017 20:51:28:
Als Antwort auf: Software geht aber nicht mit der Zeit Kaputt geschrieben von Johannes D am 02. August 2017 19:04:55:
Ich wurde eines Tages angerufen, und gefragt ob es eine Möglichkeit gibt, ein Eprom das mechanisch beschädigt wurde, auszulesen? Nun ich fragte am Telefon was dem Eprom denn passiert sei, und erfuhr: Ja auf der Prozesssteuerung war ein Nickelcadmiumakku, der sei explodiert und hätte das Eprom mitgenommen. Am nächsten Tag hatte ich bei dem Kunden zu tun, und sah mir den Schaden an.
Ne selbstgestrickte Prozesssteuerung für eine Edelgasprezessionsmischanlage war nicht mehr funktionsfähig, weil das Eprom nur noch in Krümmeln vorhanden war.Aber es kommt noch härter: Die Anlage die so etwa 20 Gassorten mischen konnte war in Frankreich aus einem Konkurs ersteigert worden. Den Hersteller dieser Gasmischanlage gab es ebenfalls nicht mehr. Softwaredokumentation keine vorhanden.
Nun war guter Rat auf die schnelle nicht zu haben. Der Unternehmer für den diese Anlage eine Schlüsselfunktion bei der Herstellung von Glasfaserrohlingen hatte, hatte ein echtes Problem. Da aber russische Physiker an der Optimierung der Verfahrenstechnik arbeiteten haben die die Anlage zunächst manuell gesteuert.
Nur von diesem irreparablen Schaden hat sich das Unternehmen nicht mehr erholt, und wurde auf Betreiben der West-LB ebenfalls abgewickelt. Die hatten dort Fördermittel drin, und konnten daher auf den Geschäftsbetrieb Einfluss nehmen.Die Scherben wurden jedoch von reichen Investoren aus dem Osten (Russland) zusammengefegt und in neu gegründete Firmen eingebracht. Diese sind inzwischen zu einem international tätigen Konzern gewachsen.Die Konzernleitung ist zwischenzeitlich an der Westküste der USA angesiedelt. Die Namen in der Geschäftsleitung haben alle russischen Ursprung. Ein Schelm wer böses dabei denkt. Das Ganze ist inzwischen etwa 30 Jahre her. Es gibt Niederlassungen in USA, Korea, China, Deutschland usw. Die Glasfasertechnologie hat in etlichen Bereichen wie Laserschweißtechnik, im Gesundheitsbereich im OP und andere Anwendungen den Durchbruch erreicht. Die Firma ist inzwischen ein multinationaler Konzern der ohne große Werbung dick im Geschäft ist.
Nun was kann man daraus lernen. Man sollte den Wert von ordentlicher nachvollziehbarer Dokumentation nicht unterschätzen. Auch der Konkursverwalter ist da gefordert. Er wird es selbst nicht leisten können, er wäre aber gut beraten entsprechende Experten zu Rate zu ziehen.
Wie oft habe ich es Beobachten müssen ,das technische Dokumente, die auf den ersten Blick nicht zuzuordnen waren, im Reißwolf landen.