Ich versuche es . . .


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Geschrieben von Werner am 11. August 2017 12:39:03:

Als Antwort auf: Jetzt erklärt mir doch mal einer den Unterschied von Verflüssigen und Komprimier geschrieben von waldi am 11. August 2017 11:21:53:

Moin,

zum Verflüssigen braucht man Druck oder Kälte oder beides.

Erdgas läßt sich bei Normaltemperatur nicht verflüssigen, weil es sich oberhalb des kritischen Punktes befindet. Dieses Thema ist nicht mehr so simpel zu erklären, jedenfalls geht es nicht. CNG im Auto ist druckgespeichertes Erdgas. LPG ist druckverflüssigtes Campinggas. Damit geht das total einfach.

Zum Verflüssigen muss man oder sollte man sinnvollerweise das Gas dennoch komprimieren. Bei Erdgasverflüssigungen wird gegen einen Kälteträger von - jetzt muß ich echt nachgucken - minus 85 °C kondensiert. Dabei wird Erdgas flüssig, steht aber immer noch unter dem Druck von ca. 40bar. In diesem Zustand wird das flüssige Erdgas in den Lagertank geleitet und dort über ein Drosselventil auf Tankdruck entspannt. Bei großen Lagertanks beträgt der Tankdruck nur wenige Millibar Überdruck.

Bei der Entspannung kühlt das Erdgas weiter ab auf -165 °C (je nach genauer Zusammensetzung), wobei ein Teil wieder spontan verdampft. Dieser Teil wird Flashgas genannt und muß vom Verflüssigungsverdichter wieder angesaugt werden.


Der zweite Kältekreis läuft quasi unterhalb des ersten und muß nur die Temperatur von -85 °C bereitstellen. Aber selbst dies ist mit einstufigem Verfahren schon nur mit Kunstgriffen zu erreichen. Im Prinzip müßte man Erdgas in drei Kreisläufen verflüssigen, aber dann wird die Maschinerie und die gesamte Anlage doch sehr teuer. Ideal wäre ein Kreis für - 45 °C, einer für - -100 °C und der Rest eben dann mit dem Medium Methan selbst.

Durch Zwischenentspannung bekommen wir bei der Erdgasverflüssigung ein Kondensat von -140 °C, was aber für den Tank immer noch zu warm ist. Das alles wird gemacht, um möglichst Energie zu sparen, ist aber ziemlich sehr kompliziert und läßt sich nicht mal so eben im Forum genau beschreiben. Es gibt auch nur wenige Firmen, die sowas können. Linde ist eine von denen. Ich selbst würde mir das Verfahren auch alleine zutrauen inzwischen, läge aber in der Auslegung garantiert nicht optimal und würde eh von niemandem dazu beauftragt werden. Wenn aber niemand anders zu greifen wäre, würde ich es machen.


Die Hauptenergie, die zum Verflüssigen gebraucht wird, ist die Verdichtungsarbeit. Das ist im Grunde die bestimmende Größe. Daher versucht man, den Druck möglichst niedrig zu halten, um zu sparen. Je niedriger aber der Druck, desto kälter muß die Kondensationsstelle sein. Das bedeutet, daß der Hilfskreis wiederum mehr tun muß. Es muß also das Optimum gefunden werden zwischen Hilfkreislaufbelastung und Hauptkreislaufbelastung. Dann erst rentiert sich das ganze.


Theoretisch könnte man Erdgas auch einstufig mit gewaltigem Druck verflüssigen, weil bei der Expansion des Druckgases durch den Joule-Thomsen-Effekt das Gas auch abkühlt. Der Koeffizient bei Erdgas ist ziemlich hoch, deshalb müssen an den Verteilerstationen in den Kommunen die Entspannungsstellen geheizt werden. Sie würden sonst total vereisen.

Aber eine solche Verflüssigung wäre finanzieller Irrsinn. Sie wird nur da gemacht, wo man ganz geringe Mengen flüssigen Methans braucht (Chemieindustrie) und im Werk sehr viel Gasverbrauch zum Heizen hat. In dem Fall nämlich wird das Gas aus dem Netz einfach entspannt und im Gegenstrom immer weiter heruntergekühlt, bis es flüssig wird. Die Ausbeute ist mit einigen Prozent total schlecht, aber da der Rest eh verheizt wird, ist das egal.


Wir merken uns: alle Gase, deren kritischer Punkt unterhalb der Umgebungstemperatur liegt, lassen sich ohne Kälte nicht flüssig speichern oder sonstwie bevorraten. Die kritischen Punkte kann man sich ergooglen, hab keine Lust, die jetzt alle aufzuführen. Erdgas geht nicht, Ethylen geht nicht, Stickstoff, Sauerstoff, Helium, Wasserstoff gehen alle nicht.

Ethylen ist mit der wichtigste Stoff, weil hunderte Kunststoffe draus gemacht werden. Eine Ethylenverflüssigung ist schon die höhere Schule des Kältebauers. Erdgasverflüssigungen sind schon Universität. Das Verfahren für die Verflüssigung von Campinggas zeichne ich Dir auf einen Bierdeckel, wo noch ein bißchen Platz ist.

Wasserstoff verflüssigen ist dann High End und dient eigentlich nur Forschungszwecken. Der Energiebedarf für die Verflüssigung von Wasserstoff ist derart hoch, daß es keine industriellen Verfahren dafür gibt.


In der letzten Zeit wird in USA immer mehr Gas gefunden und diese ist sehr reich an Ethan. Früher hatte Ethan keine Bedeutung, jetzt puscht es auf den Markt wie doof. Bei Ethan ist die Sache tückisch, der kritische Punkt liegt bei 32 °C und es kann passieren, daß das Gas ungewollt flüssig wird durch Abkühlung auf Umgebungstemperatur. Wir heizen bestimmte Leitungsabschnitte, bzw. halten sie warm, die unter hohem Druck stehen, damit das Gas nicht flüssig wird.

Ich hoffe, ich habe nicht zu sehr zur Verwirrung beigetragen.

Gruß

Werner



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