Re: meine Steuern und mein Freiheitsliebe!


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Geschrieben von Gullideggl am 21. Februar 2018 21:31:49:

Als Antwort auf: Re: meine Steuern und mein Freiheitsliebe! geschrieben von Hanomedes am 21. Februar 2018 13:48:47:

Hallo Jo,

>>> ich muss Dich enttäuschen, ich werde mich jetzt nicht tief in Dein Gedankengebäude von Verschwörungstheorien begeben. <<<
Das ist schade. Ich schau mir wirklich oft auch Positionen an, die ich eigentlich ablehne. Und bei den schrägsten Leuten habe ich schon gute Gedanken gefunden.

>>> Grundsätzlich halte ich die menschliche Dummheit und Naivität als wichtigsten Faktor und bester Erklärung für misslungene Politik. <<<
Ich auch und ich finde es eine unglaubliche Frechheit, dass Gutgläubigkeit und die Naivität eigentlich menschlich korrekt eingestellter Menschen ausgenutzt werden. Und ich halte es für falsch, deshalb die Naiven zu hassen (ich denke auch oft so). Ab einem gewissen Punkt sind wir alle naiv.

>>> Davon abgesehen möchte ich die Bedeutung von Think Tanks auch nicht herunterspielen, dort sitzen in der Strategen die zu wissen glauben wie man die Welt in ein demokratische Paradies verwandelt und können dabei durchaus die Politik beeinflussen. Die Leute dort mögen alle furchtbar schlau sein und tolle Abschlüsse haben, aber Intelligenz und Vernunft sind zwei paar Schuhe. <<<

Ich denke da interpretierst du den Willen derer, die diese Thinktanks brauchen, falsch. Also dass du glaubst, es gehe um Demokratieexport mit wirklich guten Absichten. Das mag für viele naive Politiker und auch Wähler und generell fürs Fußvolk gelten, die den Scheiß noch glauben. Das Schlimme daran: örtlich, punktuell hilft man ja durchaus, sieht positive Effekte usw. aber der Effekt im Ganzen gerät aus dem Blickfeld und kann auch negativ sein. Das Gutmenschentum (als Negativbegriff verstanden) ist ein unglaublich wichtiger Faktor zur Durchsetzung von Interessen und ich kann deine Abneigung solchen Leuten gegenüber an einigen Stellen auch teilen, vor Allem wenn sich der gute Wille ad absurdum führt und als humanitäre Einsätze getarnte Rohstoffkriege bzw. geostrategische Kriege geführt werden oder der Blödsinn mit offenen Grenzen. Das Schlimme daran: geschlossene Grenzen sind auch fragwürdig (natürlich nicht aus Sicht instrumenteller Vernunft des Einzelnen, der z.B. auf seine Sicherheit bedacht ist und seinen Status Quo schützen will).

Wichtig ist: Wie etwas in den Medien dargestellt wird, ist selten die Realität. Es kommt nur auf den Effekt an und weil man den Rückhalt des Volkes braucht oder zumindest Gegenstimmen fürchtet, muss man hald ein anderes Etikett draufkleben.
Ein wesentliches Interesse der Machtelite - des Kapitals oder wie auch immer man diese Instanzen nennen mag -, um ein gechlossenes Aufbegehren zu verhindern, ist die Spaltung. Durch die extreme Individualisierung ist die heute relativ einfach umsetzbar, wer hat heute schon noch ein Klassenbewusstsein? Die repräsentative Demokratie entschärft den Willen des Einzelnen vollends.
Die Machtelite hat tausend Gesichter und je nachdem, ob du die Hierarchie in einem Betrieb, in der Politik, in einem Großkonzern, in Großbanken, usw. betrachtest, hast du überall andere elitäre Interessen aber in der Regel mit derselben Stoßrichtung: Kapitalakkumulation und Machterwerb, Machtsicherung oder dergleichen und nicht selten stellt sich das dann als "Schaffung von Arbeitsplätzen", "Deregulierung", "offene Grenzen", "Freihandel", usw. dar.
Insgesamt kann man ganz klar sagen, dass sich Macht dort konzentriert, wo sich Kapital oder die Möglichkeit zur Kapitalakkumulation konzentriert. Also nicht unbedingt Geld, sondern auch Kapital in weiterem Sinne.
Und da kommt man schnell an den Punkt, wo die Vernunft und die Intelligenz auseinanderklaffen:
Mit Intelligenz kannst du wenn du sie rational, instrumentell, profitorientiert einsetzt auch recht schnell Geld machen. Du verkörperst dann das sich selbst verwaltende Kapital in Form von eingesetzter Kompetenz (erworben durch Bildung und Anpassung an ein Berufsumfeld) und dienst einem Zweck, der in aller Regel außer dir liegt aber dir im Endeffekt Macht und Freiheit in Form von Geld bietet. An sich nicht schlecht. Aber es ist Zweckrationalität und kann von jeder Vernunft ganz weit weg sein.

An jeder Uni wird gerne über die Philosophiestudenten gespottet, das seien "die angehenden Taxifahrer". Und natürlich stimmt das. Mit Ethik (im Sinne einer Theorie der Moral für das gute oder gerechte Leben) kann man eher schwierig Geld verdienen, das liegt in der Natur der Sache. Ethik ist meistens die Kehrseite zur instrumentellen Vernunft. Außer vielleicht an einer Schule, wo dieses Fach angeboten wird, da gehört es zum Broterwerb des Lehrers aber letztlich gleicht das aus kapitalistischer Sicht eher einer Subvention. Wirklich wertschöpfend im ökonomischen Sinne ist Ethik nur in Ausnahmefällen, beispielsweise wenn man mit ethischen Werten die Motivation von Arbeiterteams fördern kann oder als Coach für irgendwelche Selbsttechniken o.ä. aber grundlegende Wertschöpfung findet da seltenst statt. Im Grunde genauso verhält es sich mit dem gewöhnlichen Menschenverstand. Der ist selten in ökonomischem Sinne wertschöpfend. Er rückt in den Hintergrund, weil die instrumentelle Vernunft einen viel effizienteren Zugang zur Ressource Geld bietet, das für den Einzelnen einen Grad von Freiheit ermöglicht. Man benennt das Resultat ja auch mit direkt verständlichen Begriffen wie Ellbogengesellschaft oder Konkurrenzdenken.

Und genau aus diesem Grund hat die Elite, die daran interessiert ist, dass hier und da und überall möglichst Kapital akkumuliert wird, auch recht wenig Interesse daran, dass echte Vernunft im Sinne der Ethik oder auch des normalen Menschenverstandes existiert. Oder gar Unabhängigkeit vom System. Die Vernunft darf zwar keinesfalls ganz missachtet werden, sonst gibt's Gegenwind (der Mensch merkt im Regelfall, dass er unterdrückt wird). Und genau hier liegt der extreme Luxus, den sich das kapitalistische System leisten kann: man kann heute dem Volk Brot und Spiele im Überfluss bieten. Man verdient meist sogar noch dran. Und wo es den Interessen des Kapitals schadet, wenn das Volk zu sehr verwöhnt wird, ist es vernachlässigbar. Außerdem wird an jeder Ecke Schlechtes als etwas Gutes verkauft.
Ich kann dir keine Namen nennen. Keine Orte, wo die Elite sitzt. Im Bauernkrieg ging das noch und deshalb sind Köpfe gerollt. Ich kann auch nicht sagen, ob da direkter Wille von Wenigen dahintersteckt. Aber schon allein im System an sich regiert vorneweg die instrumentelle Vernunft. Sie gibt keine absoluten Ziele vor aber eine klare Tendenz:
Kapital muss sich selbst vermehren.

Und seit einiger Zeit geht es noch weiter: man druckt Geld. Das heißt, dass Geld hier zum Instrument bloßer Macht wird. Früher warens Glasperlen, heute sind es Kredite.

Allein die Tatsache, dass es Fiat-Geld gibt, müsste die Menschheit in Aufruhr versetzen. Henry Ford hat gesagt: "Würden die Menschen das Geldsystem verstehen, hätten wir eine Revolution noch vor morgen früh", wahrscheinlich hatte er recht und er war doch ein Teil der Chose, indem er sagte, er bezahle seinen Arbeitern mehr, damit sie seine Autos kaufen. In Wirklichkeit war die Fluktuation der Arbeiter hoch, sie waren im "Fordismus" unendlich wichtig und er band sie durch höhere Löhne an seine Produktionsstätte. Der glückliche Sklave.

Längst haben wir den Übergang vom "schweren" zum "leichten" Kapitalismus durchlaufen, d.h. die Strukturen werden globaler, die Arbeitsteilung extremer, der Besitz von Betriebsstätten ist oft nur noch hinderlich, es boomt das "Outsourcing", die Flexibilisierung von Arbeitern und Betrieben wird immer wichtiger und was dabei schnell aus dem Blick gerät: die Macht verlagert sich so immer mehr in den abstrakten Raum, auf nicht mehr sichtbare Konten, auf globale teils virtuelle Geldströme, politische Einflussbereiche usw. mit dem Effekt, dass die Akteure zunehmend unsichtbarer werden. Den Araber, der die Bohrmaschine klaut, sieht man, man kann ihn (theoretisch) vermöbeln und gut, kriegt dann aber aufs Dach vom Staat von wegen Selbstjustiz und so. Wie Rohstoffe oder Güter den Weg vom Entstehungsort über teils verbrecherische Strukturen laufen, ist vielleicht noch nachvollziehbar aber in aller Regel außerhalb des Einfluss- und Interessenbereichs der meisten Leute. Dass das so bleibt, ist im Interesse der Profiteure und u.a. dafür gibt's Thinktanks.

>>> Erkläre mir doch einfach kurz wer im Hintergrund die Fäden zieht und was das Wunschergebnis davon sein soll, dann können wir gerne darüber diskutieren. <<<
Die, die Kapital besitzen. Mit Hierarchie von unten nach oben. Das Wunschergebnis je weiter man hochblickt ist, möglichst alles in dieses System zu integrieren und zwar nicht im Sinne der Unterdrückung oder Unterwerfung von Individuen als Selbstzweck, sondern der Integration von Allem in die Kapitalakkumulation, die letztlich der Konzentration von Macht entspricht. Die Macht ist systemimmanent und verteilt sich hierarchisch von unten nach oben. Worin das endet, darüber lässt sich streiten und es ist auch relativ offen. Gut wird es - glaube ich - nicht.

>>> Biste schon mal auf die Idee gekommen, dass der Journalist auch ein Steuerzahler ist und evtl. einfach nur so denkt wie ich auch? Versuch doch einfach mal einfach zu denken… <<<
Logisch. Das ist ja das Schlimme daran, fast alle Leute sind betroffen und meistens überblickt oder beeinflusst man nur seinen kleinen Lebensbereich. Die Araberdichte kotzt an oder billige Waren sind cool. Ich selbst kann mich nicht ausnehmen. Vielleicht macht das meine Kritik glaubwürdiger und nicht zu einem Vorwurf: "ich blicks und ihr nicht".

Grüßle Jo

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