Re: Das Torsen Differential


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Geschrieben von Joachim S am 03. Februar 2021 23:19:13:

Als Antwort auf: Das Torsen Differential geschrieben von Werner am 03. Februar 2021 11:17:42:

Hi Werner,

ja, Erfahrungen hab ich damit im Golf, Frontkratzer also.

Ein selbstsperrendes Diff ist im Rallyesport üblich, außer in den seriennahen Klassen. Bei klassischen Geländewagen bevorzugt man eher mechanisch geschaltete "Vollsperren", die die beiden Abgänge starr miteinander verbinden.

Im Rallyebetrieb mag man das nicht so. Die bei uns verwendeten Sperren erzielen nur eine anteilige Sperrwirkung, erlauben also Schlupf der Räder zueinander.

Torsen ist eine Möglichkeit, diese "Automatik" zu erzielen.

Es geht dabei immer darum, dass die Sperrwirkung steigt, je mehr Drehmoment der Motor auf die Räder bringt.

Die klassische Lamellensperre verspannt dazu über eine Anlauframpe ein Lamellenpaket, was die Abgänge zunehmend fester aneinander koppelt, je mehr Kraft der Motor auf die Räder bringen kann. Sehr gut dosierend, mechanisch aufwändig.

Torsen ist eine einfache Möglichkeit, diesen Effekt zu erzielen. Aber er ist deutlich sanfter (also schwächer), als Lamellen zu Werke gehen können. Deswegen ist Torsen im Alltagsauto sehr üblich, und auch als Mitteldiff, wie Dominik schon sagt. Die Lamellendiffs sind deutlich aufwändiger und teurer.

Zur Wirkung:

Eine zu starke Sperrwirkung zwischen Rechts und Links erschwert das Einlenken der Fuhre. Das kann ziemlich übel wirken, wer mal Kart (starre Verbindung hinten) bei Regen gefahren ist, kennt das. Die erste Kurve fährst du unweigerlich geradeaus in die Bande oder Wiese.

Das Kart bekommt man dann nur durch gezielte Gewichtsverlagerung zum pünktlichen Einlenken. Man muss sich nach außen werfen, um das innere Rad zu entlasten, schon reagiert es auf die Vorderräder.

Ein Auto lacht darüber, ob der Fahrer im Sitz hampelt, deswegen muss man sich was anderes einfallen lassen. Wenn man auf die Kurve zubremst und kein Gas gibt, entkoppelt das Diff, und man kann ungestört einlenken.

Tritt man dann aufs Gas, baut sich die Sperrwirkung auf. Das innere Rad dreht nicht mehr hilflos durch, und das äußere überträgt wieder Vortrieb.

Das bewirkt im Grenzbereich durchaus etwas Übersteuertendenz, die gerade beim Frontkratzer extrem hilfreich ist. Der schiebt ansonsten nur hilflos über die Vorderräder, und man kann nicht früh aufs Gas.

Der Effekt ist beim Hecktriebler nicht viel anders, aber zumindest muss man nicht die irren Effekte auf die Lenkung ertragen. Wenn man keinen negativen Lenkrollradius hinbekommt (was wegen der breiten Reifen oft kaum geht), zieht das äußerst unangenehm an der Lenkung.

Man kann fast sagen, das Auto wird unfahrbar. Jedenfalls kann man nicht locker mit einer Hand kurbeln, und die andere u.U. gar am Schalthebel (oder Knie der Beifahrerin) parken.


Anekdote dazu...

Bei einer Rallye in Bayern saßen wir abends gemütlich im Fahrerlager, und er Alois unterhielt die Konkurrenz mit Geschichten.

Da hat er uns dann erzählt, wie er bei seinem Astra die Sperre selbst baut.

(ich spare mir den Versuch, den Dialekt wiederzugeben, das geht eh nur in die Büx.)

"Also, ich lass das Öl ab, - nein nein, das Getriebe bleibt eingebaut -, und dann löse ich die Gehäusehälften und ziehe das ein wenig auseinander. So dass man mit dem Mag-Schweißgerät zum Diffkorb hinkommt. Sauber wischeln, unten nen feuchten Lappen reinlegen, und dann das Diff einfach verschweißen.

Immer nur kurz, dann abkühlen lassen, etwas weiter drehen, weiter schweißen.

Und wenn ich dann so 80% rum bin, dann hör ich auf. Weil 100% Sperre, dass kannst im Frontkratzer echt nicht fahren..."

Gruss Jo

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