Also gut, rechnen wir mal


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Geschrieben von Werner am 28. Juli 2022 10:30:59:

Als Antwort auf: wärmespeicher geschrieben von Trafic83 am 28. Juli 2022 01:26:27:

Ganz ehrlich, ich weiß noch nicht, was rauskommt. Hab nix richtig zu tun, mein Startup-Kunde ist quasi pleite, weiß noch keiner, was da wird.

150 kg Motormasse ist eingegeben. Nun nimmt nicht die gesamte Masse an der Erwärmung teil, aber zum Rechnen kann man das ja mal nehmen. Real wird bei rascher Erwärmung mit Überhitzung ein großer Teil des Motorblockes das gar nicht merken, weil die Wärme sich nur durch Wärmeleitung überall hin verteilen kann.

Der Motor besteht aus Eisen und Alu. Eisen kommt mit 0,47 kJ/kgK Wärmekonstante daher. Alumimium hat irgendwas in die 0,88. Je nach Legierung hat Eisen auch über 0,5, sogar bis 0,6.

Wir mischen einfach mal die Werte und nehmen 0,7 kJ/kgK für das Festmaterial des Motors.

Dann kommt das Wasser mit dem Frostschutz. Wir rechnen immer aus Faulheit mit 4 kJ/kgK, das kommt bei den üblichen Mischungen ganz gut hin. Ich nehme 10 Liter Wasser, bzw. 10 kg Wasser an.

Das Öl soll mal 5 kg haben, das wären dann so knapp fünfeinhalb Liter. Für das Öl nehme ich 2 kJ/kgK. (Zitat meines Professors vor 38 Jahren: "meine Herren, wenn Sie nichts wissen, nehmen sie 1 für Luft, 2 für Kohlenwasserstoff und 4 für Wasser")


Wer aktuelle Werte hat, bitte vortreten.


Nun müssen wir den gesamten Energieinhalt zusammen rechnen.

150 kg x 0,7 kJ/kgK + 10 kg x 4 kJ/kgK + 5 kg x 2 kJ/kgK => 155 kJ/K

Die Einheit kg ist jetzt aus der Rechnung rausgefallen und wir haben nur noch die Energie in kJ, abhängig von der Temperaturänderung in Kelvin. Grad Celsius geht ganz genau so, aber man setzt das K, um zu zeigen, dass man Temperaturdifferenzen meint.

Nun wollen wir die notwendige Gesamtenergie wissen, um das ganze Gebilde um 10 Grad (wie gesagt: Kelvin oder °C ist egal) zu erwärmen.

Die Rechnung ist einfach 155 kJ/K x 10 K => 1550 kJ.

Kurzer Zwischeneinwurf, ehe es weiter geht. Diesel hat einen Heizwert von ca. 42000 kJ/kg. Wir brauchen also bei idealer Wärmeübertragung 1550 kJ / 42000 kJ/kg = 37 Gramm Diesel oder zwei kleine Schnapsgläser voll.

Nun weiter: für die Leistung des Motors setze ich 53 kW und behaupte, dass die Verbrennungswärme des Diesel zu einem Drittel zu mechanischer Energie gemacht wird, zu einem weiteren Drittel ins Abgas geht und zum letzten Drittel den Motor samt Kühlwasser erwärmt. Mit dieser groben Annahme liegt man für Motoren dieser Baujahre gar nicht so schlecht.

Damit "heizt" der Motor mit der gleichen Leistung, die er auch mechanische abgibt - Faulheit siegt ! sonni


Und nun kommt die Endrechnung: wie lange dauert es, bis 53 kW einen Energiebetrag von 1550 kJ erzeugt haben? Noch was vorweg: kW ist gleich kJ/s

1550 kJ / 53 kJ/s => 29 Sekunden.

Du brauchst also eine Uhr mit Sekundenzeiger, um den Temperaturanstieg verfolgen zu können.

Fehlerbetrachtung:

1. Tatsächlich ist der vom Temperaturanstieg betroffene Bereich wesentlich kleiner, ohne Übertreibung kann man wohl sagen, dass maximal die Hälfte der Motormasse in dieser kurzen Zeit mit der Temperaturerhöhung mitgeht. Das Kühlwasser nimmt die Wärme komplett, das Öl ebenfalls. Man wird vermutlich die Zeit bei genauer Berechnung noch auf die Hälfte kürzen können.

2. Während des Temperaturanstieges wird der Motor ja ständig gekühlt. Das bedeutet, dass der Anstieg langsamer verläuft. Um das genau rechnen zu können, müßte man wissen, bei welchen Außentemperaturen und welchen Leistungsbelastungen der Thermostat voll geöffnet ist. Das werden lange Versuchsreihen.

Bei warmen Wetter und einer Lufteintrittstemperatur von 30 °C in den Kühler mit einer Temperatur von 80 °C kann man von einem Delta T von 50 °C (oder K) ausgehen. Bei 90 °C sind es dann schon 60 K, also 20 % mehr. Dieser Unterschied ist der entscheidende bei solchen Vorgängen. Nur dadurch "stirbt" der Motor nicht binnen Sekunden. Dennoch ist das neue Gleichgewicht in sehr kurzer Zeit erreicht.

Nehmen wir spaßeshalber mal die 20 % Mehrkühlung an und sagen, die errechneten Sekunden seien nur 20 % dessen, was es tatsächlich dauern würde. Dann kämen wir auf 2,5 Minuten, ein Wert, der durchaus passen könnte. Gefühlt geht es noch etwas schneller. Kürzt man noch die erste Zeit auf 15 oder 20 Sekunden, dann paßt es auch vom Gefühl her wieder mit ca. einer Minute.


Im zweiten Weltkrieg war das ein gewichtiger Grund gegen Motoren mit Wasserkühlung. Wurde diese leck geschossen, dauerte es wirklich nur Sekunden, bis das Öl im Motor brannte und brennend aus allen Poren und Ritzen austrat. Der Weiterflug war damit unmöglich und der Pilot ist lieber ausgestiegen, als mit einem total überhitzten Motor noch eine Notlandung zu versuchen - wenn er überhaupt noch die Möglichkeit hatte, irgendetwas zu entscheiden. Italienische Kampfpiloten kamen bald auf den Idee, Öl auf den Auspuff zu gießen, damit der Feind eine lange Qualmfahne sieht und sich vom Opfer abwendet. Die Idee wird heute noch auf Airshows verwendet. Ich finde sie abscheulich !

Luftgekühlte Motoren, wie der BMW Doppelsternmotor in der FW 190, vertrugen Beschuß weitaus besser. Es gab Motoren, die bei nächtlichen Probeläufen Beschußlöcher in den Zylindern zeigten und trotzdem zuverlässig weiterliefen. Für den Mechaniker war das eine einfache Methode, Schäden festzustellen und zu berurteilen. Wenn es geleuchtet hat, war ein Loch drin.


Als der W124 200D im Taxidienst eingeführt wurde, gab es eine Menge Geschwindigkeitsübertretungen. Diese Leistung war erstmal total ungewohnt für den alten Taxifahrer, der es ja naturgemäß immer eilig hat. Wenn ich heute in einer Taxe sitze und der Fahrer tritt den Pin durch, ist das für mich immer noch ein Erlebnis.


Gruß

Werner

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