Re: Aaaaaah, DIE Erklärung


[ FMSO.DE - Fahren mit Salatöl (deutsch) ]


Geschrieben von Joachim S am 12. April 2024 15:39:22:

Als Antwort auf: Aaaaaah, DIE Erklärung geschrieben von Werner am 12. April 2024 12:49:17:

Hi Werner,

dass Vorspur im normalen Rahmen viel Einfluss auf die Kurvengrenzgeschwindigkeit hat, mag ich nicht glauben.

Beim Lenken passiert da viel mit den Vorderrädern, aber eher nie passen beide Winkel zum Kurvenradius des betreffenden Rades. Höchstens so halbwegs.

Die Seitenkraft, die ein Reifen überträgt, ist eine Funktion des Anstellwinkels und der Last (solange man wenigstens den Grip mal als konstant ansieht...)

Mit dem Anstellwinkel steigt die Seitenkraft zunächst linear, flacht dann ab und sinkt wieder leicht.

Im Grenzbereich bist du im flachen Teil der Kurve, ein bisschen mehr oder weniger macht dann nix.

Am Schnellsten biste eh im kontrollierten Drift. Je nach Auto kann das Lenkrad da sogar geradeaus stehen. Oder gar gegengelenkt, kommt echt aufs Auto an.

Grob gesprochen, wenn man richtig unterwegs ist, dann ist das fast auf zwei Rädern, und dann sind die inneren Räder unbedeutend.

Aber weil du so nett fragst: Ne kleine Lektion zum Einfluss der Federhärte, was ich sehr interessant finde.

Wir fahren also um eine Kurve, die Fliehkraft drückt die äußeren Räder mehr auf die Straße, als die inneren. Sagen wir, das Auto hat eine ausgeglichene Gewichtsverteilung. Das Auto neigt sich zur Seite, die äußeren Federn federn ein, die Inneren federn aus.

Was passiert nun, wenn man die Federung vorn härter macht?

Das äußere Vorderrad wird stärker belastet, dass Innere weniger. Die Federung vorn übernimmt nun den Hauptanteil, gegen die Seitenneigung zu kämpfen. Das führt dazu, dass hinten die Räder gleichmäßiger belastet werden.

Nun muss man aber wissen, dass die Reifen nicht linear mit der Last mehr Seitenkraft übertragen können, sondern das real etwas unterproportional ist. Drücken 3000 N auf den Reifen, kann er vielleicht 2500N Seitenkraft aufbauen. Drücken 6000 N, schafft er aber keine 5000, sondern etwas weniger.

Das hat zur Folge, dass die Hinterachse nun ausgeglichener arbeitet, und mehr Seitenkraft aufbringt. Das Auto beginnt zu untersteuern.

Und natürlich alles umgekehrt.

Also, macht man vorn härter, wandert die Haftung nach hinten. Ein härterer Stabi vorn lässt das Auto untersteuern, ein Stabi hinten lässt es übersteuern.

Dass der Golf in der Kurve das hintere Beinchen hebt, ist diesem Kampf gegen das Untersteuern geschuldet. Also vorn ist das Auto schwer, die Reifen können das nicht kompensieren, die Kiste schiebt über die Vorderräder.

Was tun? Man baut hinten einen Stabi ein, und verlagert die Lastverteilung aufs äußere Hinterrad. Bis das innere Hinterrad schwebt.

So müssen die Vorderräder weniger dazu beitragen, die Seitenneigung der Karosse zu bekämpfen, und der Stabi hinten hilft ihnen, während er der Hinterachse selbst Haftung klaut. Viele Stammtischrennfahrer denken, es wäre andersrum...

Was recht spürbaren Einfluss auf die möglichen Seitenkräfte hat, ist der Sturz.

Negativer Sturz erhöht die Kurvengrenzgeschwindigkeit dann wirklich. Zwar verlieren die inneren Räder, aber die Musik spielt eben außen.

Mittlerweile sind die Fahrwerke mit wilden Kinematiken "Raumlenkern", und was weiß ich ausgestattet. Perfekt wäre, wenn sich beide Räder wie ein Motorrad in die Kurve legen würden (so 2-3° wären gut. Die Schräglenkerachsen können das im Prinzip schon. Das ausfedernde Rad geht unten nach innen, das einfedernde Rad nach außen. Der T2-Bulli, und die späteren Käfer hatten das schon, und das war eine Wucht. Gab der Hinterachse spürbar mehr Grip, und weil die ja hecklastig waren, gings deutlich schneller ums Eck.

Beim Sturz kann man übertreiben. Bis zu einer gewissen Grenze beißt das Rad einfach mehr, aber dann kommt ein fieser Bereich mit ungewisser Haftung. Am Golf führte das bei verbogener Hinterachse (die bekommt im harten Rallyebetrieb zunehmend negativen Sturz, wenn man sie nicht verstärkt) zu sehr unschönen plötzlichen Wegschmierern des Hecks.

Ob ich jetzt Nachlauf und Spreizung etc... so richtig durchdrungen hab, da bin ich bei mir selbst auch eher skeptisch...

Den Lenkrollradius hab ich schon verstanden. Der ist der Grund, warum man nicht einfach mit Spurscheiben ungestraft die Spur verbreitern darf. Es endete beim PRG dann mit dem Selbstbau längerern Querlenker.

Gruss Jo



Wie lesenswert findest Du diesen Beitrag?                 Info zur Bewertung




Antworten:


[ FMSO.DE - Fahren mit Salatöl (deutsch) ]