Re: Spekulatius...sehe ich ganz ähnlich


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Geschrieben von Werner am 15. Juli 2025 01:02:46:

Als Antwort auf: Spekulatius... geschrieben von Peter vdl am 14. Juli 2025 18:10:06:

Moin,

also eigentlich ist es so, dass der nonflying seine Hände zeigt. Ich spekuliere mal mit und denke, der PIC hat die Hände an den Schubhebeln, bis der Punkt erreicht ist, an dem der Startabbruch nicht mehr möglich ist. Viele halten die Hand noch länger dran - warum auch immer. Wenn man dann die Hand wegnimmt und "im Vorbeigehen" noch schnell die Hähne abdreht, ist das einfacher, als wenn der nonflying plötzlich seine Hände dahin ausstreckt.

Da ich selbst keine Düsenflugzeuge fliege, mußte ich mich auch erstmal schlau machen. Die modernen Triebwerke haben tatsächlich diesen Ein- und Ausschalter, wo das System die Triebwerke von selbst hochfährt.

Früher war das anders, da mußte der Pilot, bzw. das hat der Bordingenieur gemacht, jedes Triebwerk einzeln erst andrehen, wobei er das elektrisch über den Startergenerator machen konnte oder mit Zapfluft, die entweder von der APU (Additional Power Unit) oder von einem bereits laufenden Triebwerk kam oder auch von einem externen Startwagen mit Kompressor, der zu diesem Zweck neben das Flugzeug gefahren wurde. Die Hochlaufzeiten haben sich je nach verwendeter Hilfenergie deutlich unterschieden. Am schnellsten ging es mit dem externen Startwagen, am längsten dauerte es elektrisch.

Wenn eine bestimmte Drehzahl erreicht war, hat der Startende die Zündung eingeschaltet und die Brennstoffzufuhr freigegeben. Dann wurde der Brennstoff sorgfältig dosiert eingespritzt und dabei immer die Temperatur an der Turbine im Auge behalten. Stieg diese Temperatur zu stark an, mußte gedrosselt werden. So ein Triebwerk ist kein Automotor, der nur einmal richtig über die Kompression gebracht werden muß. Das Triebwerk ist vollkommen undicht und muß sich seine Kompression erstmal durch Strömungskräft erzeugen. Dazu braucht es richtig Drehzahl.

Wenn dann die Zündung erfolgt ist, wird beim Hochlauf die Energie zum Andrehen noch längst nicht abgestellt, der Verbrennungsvorgang hat noch gar keine Kraft, er wird nur schon eingeleitet, damit man nicht bei voller Puste eine Flamme zünden, also sozusagen die Fackel im Sturm. Außerdem schafft die Hilfsenergie es niemals, die Leerlaufdrehzahl zu erreichen, das klappt nur im Teamwork Brenner und Hilfsluft bzw. Elektroantrieb.

Man hört beim Start, dass es erst sehr langsam geht und dann gegen Ende des Startvorganges sich die Drehzahl auf einmal sehr schnell erhöht. Das ist dann der Punkt, wo der Antrieb über die Brennkammern richtig greift. Der Leerlaufregler ist dann in Betrieb und hält die Drehzahl. Der Bordingenieur schaltet dann die Hilfsluft ab, schaltet den Generator um von Start auf Generator und schaut an den Anzeigen, ob es dem Triebwerk gut geht. Beim Anlassen einer Boeing 707 mit ihren vier Triebwerken, konnte das schon mal schnell 10 Minunten dauern.

Heute geht das automatisch, aber die Turbinenläufer haben gehöriges Gewicht und brauchen eine gewisse Zeit, um in Schwung zu kommen. Im Betrieb hat so ein Triebwerk mehrer -zigtausend kW Wellenleistung, sogar bis in den sechsstelligen Bereich. Es ist also kein Problem von Halbgas auf 60 oder 70 % oder sogar auf Vollschub zu gehen. Bei den enormen internen Leistungen kann sich selbst das große Massenträgheitsmoment nicht wehren.

Genauso ist aber auch umgekehrt, wenn man den Schub zurück nimmt, bremst die hohe Verdicherleistung den Läufer blitzschnell wieder ab. Das dauert nur zwei Skeunden, dann läuft die Welle wieder langsam.

Im Unfallbericht steht, dass zu dem Zeitpunkt der Erkennens die Triebwerke nur noch auf Leerlaufdrehzahl gedreht haben. Ein Triebwerk ist auch wieder hochgelaufen, aber noch nicht mit Zündung und Schub. Die Automatik hat alles versucht, die APU wurde auch gestartet. Früher ließ man die beim Start auch noch mitlaufen - zur Sicherheit.

Ich habe das auch so gesehen, dass evtl. der Pilot versucht hat, das Flugzeug noch eine Weile in der Höhe zu halten in der Hoffnung, dass wieder Schub kommt. Um die Landeklappen weiter ausfahren zu können, braucht die Hydraulik richtig Power. Da lastet quasi ein Teil des Gewichtes der Maschine auf den Klappen. Diese hydraulische Leistung wird von den Triebwerken aufgebracht, an deren Wellen Hydraulikpumpen gekuppelt sind.

Ich lese gerade, dass das GE90 eine Wellenleisung von 250.000 PS hat. Da merkt so ein Kraftprotz nicht, ob noch eine Hydraulik angehängt wird.

Die Triebwerke der 787 haben keine Zapfluft mehr, was zu günstigerem Verbrauch führt. Die Elektroanlasser/Generatoren haben 250 kVA Stromaufnahme, es sind zwei je Triebwerk eingebaut.

Dies alles nur mal, um zu zeigen, um welche Kräfte, Leistungen es bei sowas geht. Da kann es nicht verwundern, dass man nicht mal eben ein abgestelltes Triebwerk wieder auf Schub kriegt. Selbst wenn das Kerntriebwerk schon wieder Leistung liefert, muß auch erstmal der Riesenfan hochgedreht werden, ehe wirksamer Schub einsetzt.

Gruß

Werner

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