Sowas läuft ja in der Realität ganz anders


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Geschrieben von Werner am 03. November 2025 19:35:22:

Als Antwort auf: das erinnert mich an werner: wie bekomme ich den flieger über die garage ? geschrieben von monopoel-stefan am 03. November 2025 08:50:23:

Moin Herr Monpoelist,

wenn man einen Job plant und/oder sich eine Werkstatt einrichtet, um dort für Kunden bstimmte Dinge auszuführen, dann läuft das ja ganz anders. Der halbwegs intelligente Mensch plant, schaut, was er im Kästle hat, ober er sich das leisten kann, ob es so aussieht, dass das Eqipment sich bezahlt macht usw. usw.

Ich habe mal für mein business ein Gerät angeschafft für 1400 EUR, mit dem ich die Wochen drauf tausende verdient habe. Das war Zukunftsauge und vielleicht auch etwas Glück. Ich habe auch schon Sachen angeschafft, die sich nicht bezahlt gemacht haben.

Wenn man einen Flieger baut in dem Bewußtsein, dass er vielleicht nie fertig wird, und/oder dass man die selbst damit fliegen kann, dann läuft das anders. Erstmal machen und dann einen Weg finden. Wege gibt es immer, selbst wenn man sie noch nie entdeckt hat. Der Wille, sowas zu machen ist einfach stärker. Das hat nichts aber auch gar nichts mit Vernunft zu tun. Machte man es nicht, würde man es bis zum Lebensende nicht aus dem Kopf kriegen.

Als ich meinen Doppeldecker bauen wollte, habe ich längere Zeit erfolglos versucht, einen flugbegeisterten Kollgen, der handwerklich mir ebenbürtig ist, von der Idee eines Selbstbauflugzeuges zu überzeugen. Nachdem er dann definitiv "Nein" gesagt hat, habe ich nach einer Halle/Werkstatt/Garage gesucht, in der ich werkeln kann. Als ich die Alurohre kaufen wollte, die man für den Doppeldecker braucht, wollte ich diese auf dem Dachboden lagern, habe den Vermieter gefragt, der mich angezwinkert hat und gefragt hat, ob ich da oben ein Flugzeug bauen wolle. Jaaa, seine geistig nicht voll auf der Höhe und geschäftsunfähige Schwester ist auf den Dachboden gestiegen und hat dort gekehrt, man glaubt es nicht.

Und so habe ich die ersten Teile gebaut, immer größer, immer wieder den Zollstock ans Fenster gehalten, bis schließlich der Kastendrachen einmal ganz aufgebaut, aber ohne Fahrwerk für die Rohbauabnahme bereit stand.

Da der Dachboden zu der Zeit noch nicht isoliert war, war der Raum immer gut belüftet, von innen schaute man auf die blanken Dachpfannen. Die Temperatur war automatisch gleich Außentemperatur. Und so konnte ich den da oben auch spritzen, in blau und weiß bzw. beige. Ich hatte vorher nie eine Spritzpistole in der Hand, aber der Wille beseelt und läßt einen Schritt für Schritt, Stufe für Stufe das hohe Ziel erklimmen. Immer - und das wiederhole ich hier - in dem Bewußtsein, dass es NICHT klappt.

Irgendwann tauchte mal der evangelische Pfarrer bei uns auf und wollte uns die kirchliche Trauung andrehen. Ich selbst bin katholisch getauft, meine damalige Frau ist evangelisch. Der Mann war geschieden, sprach auch darüber, ich sagte ihm irgendwann mal, dass er seine Rolle als Seelenfänger nicht ganz so gut macht, wie z.B. ein Armaturenverkäufer - war natürlich ein bißchen Spaß. Da klappte er zusammen und sagte: "Wissen Sie, eigentlich wollte ich ja Pilot werden und nicht Pfarrer."

Ich darauf: "dann kommen Sie mal mit, ich habe was für Sie!" Er folgte mir unsicher die Hühnerleiter rauf auf den Dachboden, schaute so, als dächte er, ich wolle ihn vielleicht vom Dach schubsen. Er sagte: "Ich habe aber nicht viel Zeit, habe noch einen Termin."

Oben angekommen warf er beide Arme in die Luft und sagte: "Das ist das tolle an meinem Beruf, man lernt immer wieder Verrückte kennen!" Er ging sofort an die Steuerung, bewegte den Knüppel hin und her, vor und zurück, freute sich an den Bewegungen der Ruder, machte sich klar, wie diese die Fluglage ändern und hatte vollkommen seinen Termin vergessen, seinen Beruf und seine Absicht, wegen der er gekommen war. Er war einfach ein kleiner Junge, der mit einem großen Flugzeug spielt.

Und so ist das Unternehmen Selbstbauflugzeug kein Plan, sondern ein Abenteuer. Man ist hinterher nicht mehr der, der man vorher war. Das Bauen und die handwerklichen Tricks, die man lernt, sind eine Sache. Aber die Begegnungen mit Leuten, die man braucht, oder die sich dafür interessieren usw., die sind es, was das Abenteuer ausmacht.

Die Bilder von der Bergung des Fliegers habe ich ja hier schon gezeigt. Aber der Mann, der mit den Hublift geliehen hat, hat mir sein bestes Modell für den Preis des billigsten gelassen. Ich war knapp bei Kasse, meine Frau war schon ausgezogen, ich mußte den Dachboden räumen. Der Vermieter des Hubliftes kam zu mir, stieg auf dem Dachboden, erzählte von seinem Ferrari, den er restauriert, und sagte "für den Zweck brauchen Sie was größeres !" Er wollte einfach, dass ich das heil runter kriege, was ja auch bestens geklappt hat.

Und davon könnte ich noch seitenweis Geschichten erzählen. Fliegen tue ich nicht mit dem Ding, ich mußte ihn verkaufen, habe aber beim Bau auch darauf geachtet, dass ich halbwegs sicher sein konnte, den gut verkauft zu kriegen, selbst, wenn er noch im Rohbau gewesen wäre. Der Besitzer hat mehr Geld als ich, der kommt da bei Euch aus der Ecke, hat sogar einen kleinen Flugplatz gekauft. Er ist zufrieden mit dem Flugzeug, aber er hat niemals das erlebt, was ich alles erlebt habe.

Und nun will ich eine Heizung bauen für meinen Einsitzer. Der Waldi hat Erfahrung im Bleche bearbeiten, wohnt aber zu weit weg, um das mal eben zu machen. Also klemme ich meine Bleche unten in die Stahltür des ehemaligen Heizungskellers und kannte so die Ränder ab. Das geht gut, habe ich gestern ausprobiert. Das Blech wehrt sich nicht, das ist noch übrig von der Dachreparatur an unserem Haus. Die Tür merkt das gar nicht, wenn ich zudrücke.


Verrückt? Ja - definitiv !

Aber auch ein Freiraum, den man sich schafft in einer Welt, wo es mit Freiräumen nicht so wirklich gut bestellt ist.

Wenn meine Kiste mal fertig ist, kriege ich die garantiert auch irgendwie über das Haus oder durch das Haus und unter dem Haus drunter durch oder wie auch immer.

Gruß in die Pfalz

Werner

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