Re: Glättung , nicht ganz so pauschal...
Geschrieben von Joachim S am 04. April 2019 10:17:52:
Als Antwort auf: Glättung geschrieben von Funman am 04. April 2019 02:05:38:
Hi Hajo,
das ist richtig. Vor einigen Jahren saß ich selbst diesem Irrtum auf. Dazu kann ich auch noch was erzählen, was sogar Pölbezug hat, meine Experimente an einer VP4 im T3-Bulli. Wir hatten ja damals das übliche Leerlaufsägen bei kaltem Motor. Ich kam auf die Idee, den Regler in der ESP zu bedämpfen, ich wollte das Loch in der "Hülse auf der Fliehkraftreglerachse" kleiner machen.
Werner erklärte mir damals, warum das Unfug sei, aus den auch von dir genannten Gründen. Er hat mich auch überzeugt, aber aus Neugier hab ich es trotzdem versucht. Das Ergebnis war eindeutig. Das Sägen wurde langsamer, und in der Amplitude größer. So groß, dass der Motor manchmal sogar wieder ausging. Wie zu erwarten war... Also andersrum, Loch größer, ich hab sogar die Lagerstelle noch spiralförmig bedrehmelt, um da noch mehr Reibung raus zu bekommen... Ja, es wurde besser mit dem Sägen. Ganz weg war es nicht zu bekommen. Aber es war eine eindrucksvolle praktische Bestätigung deiner Ausführung, seit dem hab ich das auch begriffen ;-)
Aber nochmal zum Ladedruck: Keine Regel ohne Ausnahme! Mit jedem Ansaugtakt bricht der im Saugrohr zu messende Ladedruck ein, und erholt sich wieder. Es ist also eine Schwingung von doppelter Motordrehzahl drauf (beim Vierzylinder). Um ein Gefühl für die Größenordnung zu bekommen, es sind 100 Hz bei 3000 1/min.
Ist dein Regelkreis beliebig schnell, versucht er auch das auszuregeln. Das wäre natürlich Unfug. Es würde höchstens sinnlos die Stellglieder verschleißen. Schon macht Dämpfung doch Sinn, am Einfachsten geht das eben über die Glättung des Sensorsignals.
Es kommt noch etwas hinzu, der Regler arbeitet nicht analog, sondern ist in Software gemeißelt… Da kann noch mehr passieren. Der Regelalgorithmus hat ja auch eine Taktrate. Wie oft pro Sekunde wird er vom Steuergerät ausgeführt? Bei meinem Steuergerät weiß ich es nicht, aber es liegt sicherlich auch in einer Größenordnung von sagen wir mal 100 Hz.
Dämpfst du das Sensorsignal garnicht, kann es passieren, dass die Taktrate mit der Motordrehzahl in Schwebung gerät. Die ermittelst den Sollwert etwa immer auf dem Höhepunkt des Istdrucks, dann regelst du zu niedrig. Oder umgekehrt.
Real bleibt das nicht lange so, sondern es schwebt. Du fängst dir also eine langsame Schwingung ein. Du solltest also zumindestens von Sensorabfrage zu Sensorabfrage eine Mittelwertbildung haben, sonst "übertreibt es der Regler einfach".
Ist halt einfach nicht sinnvoll, den Regler so schnell zu machen, wie es technisch möglich wäre. Ist ja auch nicht sinnvoll, in der Schweiz Ferrari zu fahren. Aber die Schweizer machen es trotzdem gern ;-)
Gruss Jo
- Angewandte Regelungstechnik ist einfach nur geil! Werner 04.04.2019 11:39 (0)