König Latzhose der Fünf vor Zwölfte...


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Geschrieben von Joachim S am 09. April 2020 15:40:27:

Als Antwort auf: Re: ;-)))) Ja, so macht das Spaß. geschrieben von Heinz am 08. April 2020 20:45:32:

so nannte sein Volk ihn, leicht despektierlich. Weil er seine Regierungsgeschäfte grundsätzlich erst um Fünf vor Zwölf aufnahm, und nie anders zu sehen war, als in seiner ehemals königsblauen, aber mittlerweile doch reichlich verwaschenen Latzhose.

Das mit dem Waschen hatte er nie recht verstanden, aber kaum hatte er sie nach einem rauschenden Fest oder einer zünftigen Rauferei abends ausgezogen, so kam auch gleich die Waschfrau, nahm die Latzhose mit spitzen Fingern vom Boden, rümpfte die Nase und verschwand damit. Morgens lag sie wieder da, noch ne Spur verblichener, aber ordentlich gefaltet und nach Lavendel riechend. Wofür das alles gut sein sollte? Der König hatte es nie verstanden, aber früh begriffen, dass man manche Sachen besser nicht hinterfragte. Die Waschfrau hatte wenig Geduld und konnte mit dem Waschschlegel umgehen, das stand fest.

Auch den Brauern pfuschte er nie ins Handwerk. Einmal war im fernen Gelbien gewesen, die Brauer dort taten Sachen ins Bier, das war einfach unfassbar. Hollunder, Himbeeren, Stechapfel, Absinth... Ihm war schon nach fünf Maß schlecht geworden, und einen fetten Kater am nächsten Morgen hatte er auch. Nein, es gab Sachen, da war nicht dran zu rütteln. Dazu gehörte das Gebot des Herzog Wilhelm IV aus Bayern, dass sein Vater höchstselbst für sein eigenes Königreich übernommen hatte.

Nur dieser Heinz im Verlies, der ging dem König nicht aus dem Kopf. Wirres Zeug hatte er geredet, als sei er betrunken. Dabei saß er doch bei Wasser und Brot... Vielleicht lag es ja daran? Also hatte er dem Heinz ein Fass vom besten Bräu ins Verließ gestellt, zwei Krüge kommen lassen, und sie hatten gezecht, bis der Heinz beinahe auf die königliche Latzhose erbrochen hatte. Da hätte er schön was von der Waschfrau zu hören bekommen, wäre er nicht selbst im letzten Moment nach hinten vom Hocker gekippt.

Er hatte nach der langen, aber fruchtlosen Diskussion auf seinen Bauch gehört, war Punkt Fünf vor Zwölf vors Volk getreten, und hatte eine lange Rede gehalten. Sie war ihm gut gelungen, von der schwierigsten Krise seit dem letzten großen Krieg hatte er erzählt, und dass nun alle zusammen halten müssen, und auch wenn es schwer sei. Auf die Ärzte müsse man nun hören, die Krankheit springe von Mensch zu Mensch durch die Luft, wenn sie sich nahekämen. Wer krank werde, der solle sich allein in sein Zimmer zurückziehen, und sich das Essen von seinen Leuten vor die Tür stellen lassen. Und er solle nicht eher aus dem Zimmer kommen, als bis er entweder genesen oder tot sei. Nur eine Fahne soll er an sein Fenster hängen, damit die Leute ihm durchs Fenster Trost spenden können, und ein Arzt würde kommen, und einen Saft verabreichen, damit er sich zumindest nicht die Lunge aus dem Halse huste und das Fieber etwas sinke. Und guten Mutes solle er sein, viel Trinken, und wer gesund und stark sei, der habe gute Chancen, schon bald wieder völlig der Alte zu sein. Und wer nicht ganz so gesund und stark sei... Naja, vielleicht solle er beten.

Man solle allein zechen (die Stimme des Königs begann etwas zu zittern), oder zumindest weit auseinander sitzen. Nicht anstoßen, und (hier musste der König schlucken und seine Stimme schwankte nun heftig) auch miteinander raufen dürfe man nicht. Wer könne, möge sich gar einen Lappen vor den Mund binden. Man wisse nicht, ob es viel nütze, aber es würde auch nicht schaden.

Arbeiten dürfe man, aber man solle es möglichst alleine tun, und Abstand halten. Was getan werden müsse, müsse getan werden, es nütze nichts, wenn wir zwar alle gesund sind, aber verhungert. Die nicht so wichtigen Arbeiten sollen ruhen, die Haare und Bärte sollen nicht gestutzt werden (hier lächelte der König ein wenig). Aber die Wäsche solle gewaschen werden, genau wie die Hände (das hatte die Waschfrau ihm eingeschärft, und bedrohlich den Flegel geschwenkt, um ihn daran zu erinnern), und der König sagte das sehr ernst.

Aber alle sollen auf sich aufpassen, so gut es ginge. Es geht vorbei, hatte er gesagt. Nächstes Jahr werden wir uns wieder hier treffen, und wir werden keine Reden schwingen, keine Verbote erlassen, sondern fröhlich miteinander zechen und raufen. Und fast alle werden dabei sein, es wird kaum Tote geben, wenn wir so tun, wie der König heute gesagt.

Die Ärzte sollen forschen und allerlei Tinkturen mischen und sie erproben. Irgend ein Kraut muss zu finden sein, den gegen alles sei ein Kraut gewachsen. Und da man es nicht ins Bier tun dürfe, müsse es ja wohl auch übrig sein.

Das Volk hatte lange geschaut, dann hatten sie tapfer genickt und waren schweigend auseinander gegangen. Die Signaltürme brachten Kunde aus anderen Ländern. Wenigen ging es gut, vielen ging es weitaus schlechter. Das Volk stand abends auf den Balkonen und applaudierte den Bauern und Marktfrauen, die unverdrossen arbeiteten, auch wenn sie alle wegscheuchten, die ihnen das Klopapier entreißen wollten.

Nur vereinzelt hingen Fahnen aus den Zimmern, die Leute brachten die besten Früchte und Gemüse und Wurst und Brot und Bier, und oft kamen die Leute nach zwei Wochen aus ihrem Zimmer und gingen wieder an die Arbeit. Die Bestatter zimmerten kaum mehr Särge als sonst auch.

Nach dem Applaus für die Bauern und Marktfrauen riefen die Leute nun "lang lebe König Latzhose", und dem König wurde ganz warm ums Herz, und er liebte sein Volk noch mehr als zuvor.

Zeit, sich mal um den Heinz zu kümmern, dachte er. Nicht dass dem da unten das Bier ausgeht, was ist schon so ein kümmerliches Fass, was ich da mitgebracht habe.

Aber der Heinz hat sich prächtig eingerichtet, mit dem Kerkermeister ist er längst per du, die Zellentür steht offen, überall liegen leere Fässer, der König ist etwas fassungslos, und stellt den Kerkermeister zur Rede...

"Aber der Heinz habe doch nix getan, lallt der, und überhaupt, hier unten sei es so einsam, und seit er, der König Latzhose der König sei, sei überhaupt kaum niemand mehr in den Kerker geworfen worden, und gelangweilt habe er sich. Und... und … der Heinz, der habe ihm Schreiben und Rechnen beigebracht. Und überhaupt, ein Fässchen Bier, daran könne doch nichts Schlechtes sein".

"Apropos" nuschelt der Heinz, "es ist kaum noch an Bier ran zu kommen, nicht für Geld und gute Worte, und die Brauereien, die... die sind doch... sy… syschemrelevant!". Das Letzte Wort hat der König garnicht mehr gehört, er hätte es eh nicht verstanden. Schon war er aus dem Keller geradewegs zum Mundschenk gerannt, "Gary, Gary!" hat er geschrien. "Kann das sein, das Bier geht aus?"

Düdeldüdeldüdeldüdel, und in der nächsten Folge lesen sie... Können Heinz und König Latzhose den Untergang der Trinkkultur noch verhindern?

Gruss Jo

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