Grundlegendes zu Schraubverbindungen der Festlegung des Anzugsverfahrens.


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Geschrieben von huebi am 04. Mai 2005 11:09:06:

Als Antwort auf: Re: Das steht mir auch noch an, allerdings mit nur 117 TKm.... geschrieben von Uli S. am 04. Mai 2005 09:29:19:

Hallo Uli.

Wenn die Pleuelschrauben _wirklich_ nur bis zur Streckgrenze angezogen werden, dann koennen die mindestens 5-10 Mal benutzt werden.
Ich habe bei den Versuchen mit hochfesten Alupleuelstangen da recht ausgiebige Erfahrungen sammeln koennen. Die Pleuel waren unter anderem fuer den 1,9l VW TDI-Motor und mussten bei der Fertigung haeufiger montiert und demontiert werden.
Um ein Fressen der Gewinde zu vermeiden wurde bei den Pleuelstangen uebrigens Molykote GN-Plus MoS2-Paste unter dem Kopf und auf dem Gewinde verwendet.
Die Pleuelschrauben hatten allerdings M9x1,25 statt M7x1 Gewinde, wobei ich leider nie die Gelegenheit hatte ein orischinol TDI-Pleuel mal in die Hande zu bekommen.
Das Drehmoment wurde mit einem Drehmomentschluessel einfach so nach Gefuehl festgelegt und lag dann bei ca 40 Nm. Die Pleuel wurden so verschraubt dann fertig bearbeitet. Die Festigkeit der Schrauben ist bei Dieselmotoren eher uninteressant, da die Druckbelastung durch die Verbrennung deutlich die Zugkraefte an den Schrauben uebersteigt. Es gab uebrigens auch Pleuel, die voellig ohne Lagerschalen direkt auf der Kurbelwelle liefen.

Damals hatte sich die theoretische Frage ergeben, wie die Schrauben den wirklich bis zur 0,2% Dehngrenze angezogen werden koennten.
Die Loesung ist da recht einfach. Die Schrauben werden einfach mit einem relativ geringen Drehmoment angezogen, hier z.B. 15Nm, und danach werden sie streckgrenzenkontrolliert bis zur 0,2% Streckgrenze weiter angezogen.
Die Ueberwachung der Streckgrenze erfolgt mit einen messenden Drehmomentschluessel, der die Zunahme des Drehmomentes ueber den Drehwinkel misst. Wenn jetzt die Kraft nicht mehr linear ueber den Drehwinkel ansteigt, sondern etwas weniger stark ansteigt und die 0,2% (tatsaechlich 0,17% - 0,18%) Streckgrenze erreicht ist, ertoent ein Signal und die Schraube ist fest.
So ein Drehmomentschluessel kostet bei Stahlwille geschaetzt ca 7000 Euro.

Wie aber weiss der Drehmomentschluessel jetzt bescheid, wann der Punkt erreicht ist? Die Schraube kann ja dick oder duenn, kurz oder lang und aus den Unterschiedlichsten Werkstoffen sein.
Es wird einfach die Steigung der Festigkeitskennlinie gemessen, ihr Nullpunkt interpoliert und beim langsamen "Abknicken" der Linie kann dann direkt die 0,2% Streckgrenze erkannt werden. Automatisch werden dabei (konstante) Reibung in der Schraubenverbindung und alle anderen Parameter der Schraubenverbindung erfasst und beruecksichtigt.
Um jetzt die Vorspannung der Schraubenverbindung festzustellen, braucht es nur noch einen Zugfestigkeitsversuch mit den verwendeten Schrauben und die Kraft kann sozusagen direkt abgelesen werden.

Mit dieser Methode werden z.B. die Anzugsanweisungen fuer Zylinderkopfschrauben festgelegt. Erst wird dann mit einem geringen Drehmoment die Schraubenverbindung gesetzt und dann wird mit dem aeusserst genauen weiteren Anziehen ueber den Drehwinkel die Schraubenverbindung vorgespannt. Reibungseinfluesse, die uebrigens die Vorspannung sonst um den Faktor 2 beeinflussen koennen, bleiben so ohne schaedlichen Einfluss.


Viele Gruesse,
huebi

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