Energieaufwand für die isotherme Verdichtung von CO2


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Geschrieben von Werner am 28. Mai 2021 02:11:51:

Moin,

wie schon angekündigt, nochmal die Korrektur bzw. Bewertung der Berechnung.

Kohlendioxid weist bei sehr geringen Drücken bereits Abweichungen vom idealen Verhalten auf, mit denen ich nicht gerechnet habe, bzw. die in der Berechnung nicht erfaßt wurden. Tatsächlich ist die aufzuwendende Arbeit ein paar Prozent geringer. Die Moleküle beginnen also auch bei sehr geringem Druck, i.e., dünner Verteilung, mit Wechselwirkungen und Anziehungskräften.

Vermutlich der Grund, warum sich CO2 so gut adsorbieren läßt - ich weiß es nicht.


Die isotherme Verdichtung oder Kompression stellt einen Grenzfall dar, dem man sich beliebig annähern kann, ihn aber niemals erreicht. Kaum ein paar Grad wärmer, steigt die Verdichtungsenergie. Bei realer Verdichtung wird der Energieaufwand höher, man wird also in der Praxis einen Kompromiß schließen.

Daher lasse ich den Wert von 204,23 kJ für die Verdichtung von CO2 bei 20 °C von 400 ppm auf Atmosphärendruck einfach mal stehen. Tatsächlich sind es vielleicht 200. Um das genau zu ermitteln, müßte man stufenweise verdichten und immer wieder die neuen Stoffdaten verwenden.


Aber etwas anders noch: man unterscheidet in der Thermodynamik zwischen der Verdichtungsarbeit und der technischen Verdichtungsarbeit. Was ist damit gemeint:

In einem Kompressor wird ein Gas zunächst verdichtet bis auf den Enddruck und anschließend bei diesem Druck aus dem Zylinder ausgeschoben. Egal, ob Turbo oder Schraubenkompressor, thermodynamisch bleibt das gleich. Die Unterschiede liegen nur im Wirkungsgrad der Maschinen.

Die thermodynamischer Verdichterarbeit betrifft nur den Vorgang selbst. Das Material verbleibt am Ort der Verdichtung, könnte also in einer geschlossenen Maschine aufgewärmt werden und bei der anschließenden Expansion Arbeit leisten - z.B. Stirling Motor.

Für Prozeßzwecke brauchen wir die technische Verdichterarbeit. Es kommt also noch der Betrag für das Ausschieben aus dem Verdichter hinzu. Nicht täuschen lassen von der Tatsache, dass wir eh bei Normaldruck sind. Im Gedankenexperiment herrscht auf der Saugseite 0,0004 bar oder 40 Pascal, sodaß die Maschine beim Ausschieben gegen diesen Differenzdruck anarbeiten muß.

Somit kommt ein Betrag von 55,341 kJ/kg noch obendrauf, womit wir bei etwa 260 kJ/kg gesamter Arbeit liegen.


Da ich mich beruflich u.a. als Spezialgebiet mit Adsorbtion beschäftigt habe, mal ein Beispiel aus der Praxis. Ich habe allerdings keine Bilanzwerte zu bieten:

Um Erdgas aus der Pipeline zu verflüssigen, muß man es sehr stark abkühlen - kein Geheimnis. Beim Abkühlen fallen Begleitstoffe aus, die sog. schweren Kohlenwasserstoffe, die eigentlich gar nicht schwer sind, sondern nur im Verhältnis zu Methan schwer sind. Ein Teil davon gerät mit in den Verflüssiger und lagert gelöst in dem flüssigen Methan. In der Regel stört das nicht und taucht höchsten mal in Analysewerten auf. Da es sich häufig auch um Aromaten handelt, ist mitunter ein schwacher Geruch wahrnehmbar. Der künstlich zugesetzte Geruch zur Warnung von Undichtigkeiten kommt erst kurz vor der Verbraucherstelle dazu. In den Lägern und Pipelines ist der nicht drin, da ist das Gas noch nicht odoriert.

Erdgas in der Pipeline ist so sauber, wie es sein muß, aber nicht sauberer. Stickstoff ist mit vorhanden, wird auch zum Teil sogar mit verflüssigt, löst sich aber aus dem Methan allmählich wieder raus.

CO2 ist auch vorhanden und ein ganz großer Störenfried. CO2 im Verflüssiger setzt diesen sofort zu und man ist gezwungen abzustellen. Da das Gas sofort von gasförmig in fest übergeht, braucht man es mit Spülen gar nicht erst zu versuchen. Die feinen Spalte im Verflüssigungswärmetauscher sind schnell dicht und dann hilft nur noch abstellen und aufwärmen lassen.

In der Gasreinigung, die der Verflüssigung vorgeschaltet ist, wird das CO2 rausgefischt. Die Gasreinigung selbst ist mitunter komplizierter, als die Verflüssigung. Das Rausfischen kann chemisch geschehen, ist aber aufwendig und ziemlich anfällig für schwankende Außentemperaturen. Das robustere Verfahren ist die Adsorbtion an Zeolithe, kleine Kügelchen mit spezieller Oberfläche, wo sich das CO2 selektiv anlagert. Das ganze geschieht unter Druck von ca. 40 bar.

Damit schaffen wir den CO2 Gehalt bis unter 50 ppm zu drücken. Ab diesem Wert gibt es im Verflüssiger keine Ausfällungen mehr.

Durch die hohe Adsorpionswärme (die zappelnden Gasmoleküle werden ja stillgesetzt) erwärmen sich die Kugeln alsbald und können kein CO2 mehr aufnehmen. Das Gas strömt an den beladenen Kugeln vorbei und trifft auf unbeladene, wo es sich anlagert. Und so läuft eine Front von unten nach oben oder umgekehrt durch das Adsorberbett. Ein rasch ansteigende Temperatur am Ende des Adsorbers zeigt die vollständige Beladung an. Der Adsorber muß regeneriert werden.

Diese geschieht mit Heißgas, was dafür extra produziert wird. Im Gaswerk natürlich mit einem Erdgasofen, in unserem Fall Größenordnung 700 kW. Man versucht, Altgas aus dem Abreinigungsprozeß zu verwenden, um das teurere Pipelinegas zu sparen. Geht aber nicht immer.

Der Adsorber wird langsam entspannt, wobei bereits jede Menge an CO2 schon freikommt. Der Vorgang muß langsam geschehen, sonst wirbelt es die ganze Schüttung durcheinander und die Kugeln werden ausgetragen. Siebe oder Gitter stören da wenig, wenn richtig Differenzdruck anliegt, werden die einfach mit ausgetragen - Glückwunsch an den Betreiber, er darf dann richtig basteln.

Danch wird ein Heißgasstrom unter wesentlich geringerem Druck durch das Adsorberbett gefahren, der die Kugeln so erhitzt, dass das CO2 wieder austritt. Am besten wäre ein Vakuum, aber um die Wärme auch reinzubekommen, muß eine gewissen Masse strömen, sondern dauert es ewig. Und Vakuum erzeugen ist wahnsinnig teuer => Energieaufwand.

Juut, der Adsorber ist nun regeneriert und frei von CO2. Natürlich nicht frei, aber so frei, wie es seiner Temperatur entspricht.

Kann weiter gehen ? Nein, um wieder neu beladen zu werden, ist die Schüttung viel zu heiß und muß erst wieder gekühlt werden. Also nochmal einen Vorgang, bis die Ausgangstemperatur wieder erreicht ist. In der Regel stehen immer drei Pötte nebeneinander, einer wird beladen, einer heißregeneriert und einer gekühlt. Das alles stossfrei hinzubekommen, damit die störungsanfällige Verflüssigung immer gleichmäßig Ware bekommt, ist gar nicht so einfach. Da habe ich damals meinen persönlichen Doktor dran gemacht.


Die feinen und feinsten Kanälchen in den Adsorbenzien lassen das CO2 hinein, aber nicht zum Nulltarif. Es sind auf molekularer Ebene Widerstände zu überwinden, damit die Moleküle auch durch die Gänge gehen. Beim Austreten das gleiche wieder. Und dennoch ist das Adsorptionsverfahren technisch bisher eines des ausgereiftesten und auch energetisch noch machbaren Verfahren.


Wer also ein selektives Trennverfahren für CO2 haben möchte, kann sich ruhig mal an mich wenden. Der Aufbau eine großtechnischen Anlage hat es schon in sich und es kommt ein Nebenaggregat zum andern. Das ist nicht einfach nur mit DEM einzigen Zauberstoff getan.


Aber dennoch, ich will niemanden bremsen. Kreativität ist gefragt und wenn man gleich aufgibt, wird es nie was neues geben.


Gruß

Werner

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