Mein alter Nachbar war Heizer


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Geschrieben von Werner am 12. Juli 2021 16:42:00:

Als Antwort auf: Und das alle 12-16 Tage... geschrieben von Uli S. am 12. Juli 2021 11:50:44:

Moin Uli,

als nebenan noch der Alte wohnte, hingen tolle Bilder im Keller von Dampfmaschinen, selbst fotografiert. Der Mann konnte erzählen, unter anderem auch, wie gefährlich der Heizer gelebt, wenn es unter einer elektrifizierten Leitung herging.

Am Tage vor seiner Lokführerprüfung hat er die Brocken geschmissen. Die Bahn sei mit ihrem Personal derart schlecht umgegangen, dass er einfach keinen Bock mehr hatte.

Zum Verbrauch: so bis 4% Wirkungsgrad kamen die Dampfrösser schon, bei längeren Fahrten, sogar 5%, sofern der Bediener es versteht, alle Tricks anzuwenden. Der Nachbar erzählte mir mal, dass sie von Köln-Güterbahnhof bis nach Lahnstein vier Tonnen Kohle verheizt haben, die mußte er schaufeln - der Lokführer war da viel zu fein führ. Das sind etwa 90 km.

Wenn man mal rechnet, dass die Kohle ungefähr 30 MJ/kg Heizwert hat, also rund 70% von Diesel, dann ist das Aquivalent 2,8 Tonnen Diesel oder 3400 Liter. Wäre also auf 100 km 3750 Liter. Das kesselt !

Ich bin nicht informiert, wieviel Verbrauch eine Dieselmaschine hätte, aber deren Motoren haben schon halbwegs gute Wirkungsgrade gehabt, auch in den 50er Jahren. Die Lokomotiven haben (fast) alle eine Art Freilauf, wenn also es auch nur leicht bergab geht, wird der Motor auf Leerlauf zurück gezogen und die Fuhre rollt und rollt und rollt. Bei den E-Loks ist das ähnlich, nur eben ohne Strom.

Die Dampfmaschinen konnten sowas nicht, die mußten immer weiter Dampf kriegen, sonst hat es richtig gebremst. Also Heusinger Steuerung so weit wie möglich schließen bei möglichst weit geöffnetem Dampfschieber (wegen der Drosselverluste), damit die Zylinder nur ein Schlückchen Dampf kriegen, der möglichst komplett entspannt wird. Das ganze war ein kippstabiles Gleichgewicht. Der Heizer mußte dazu auch die Kohle richtig einsetzen, nicht nur einfach reinschaufeln, sondern bei klein gedrehter Luftzufuhr möglichst das ganze Rost gleichmäßig bedecken. Die Leute wurden u.a. auch am Kohleverbrauch gemessen.

Von denen war jeder froh, auf eine andere Lok zu kommen.


Gruß

Werner

P.S.: trotzdem würde ich sowas mal gerne probieren . . .

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