Re: Kleiner Widerspruch


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Geschrieben von Werner am 22. April 2025 11:24:26:

Als Antwort auf: Re: Kleiner Widerspruch geschrieben von Achim Junk am 21. April 2025 15:56:28:

Ja,

aber für mich schimmert da immer ein wenig die Omnipotenz des Technikers durch. Alles automatisch ist nicht nur schöner Traum, sondern auch Geheimnis und hohe Kunst. Gegen diesen Berufsstolz gehe ich immer ein wenig an, wenn ich bei Inbetriebnahmen schlechte Transparenz feststelle. Ok, Freunde mache ich mir damit nicht, aber schlußendlich bauen wir für Kunden und nicht für uns.

Im Gesetz heißt es "alles, was auf der Welt irgendwo jemals passiert ist, kann vernnünftigerweise nicht mehr ausgeschlossen werden"

Und da ist es das Wort "vernünftig". Wenn bei der Sicherheitsbetrachtung etwas ausgeschlossen werden kann, dann nur, wenn alle zu dem Schluß kommen, dass das nicht passiert und wenn es auch noch nie passiert ist.

Bei einer Säge wäre es wohl traumtänzerisch, anzunehmen, dass da sich noch nie jemand dran verletzt hat und sowas nie passiert.

Aber bei solchen Dingen geht es um die Zuordnung und wenn das passiert ist es schlicht unvernünftig. Du würdest einem Kind sofort einschärfen, dass es dort die Finger weg zu lassen habe, würdest es nicht mit einem Messer spielen lassen und es beaufsichtigen, wenn es lernt, mit dem Messer etwas zu schneiden.

Sägen sind keine Exoten. Jeder halbwegs normale Mensch würde sich der laufenden Maschine nur mit größtem Respekt überhaupt nähern. Somit ist ein Unfall an solchem Gerät eindeutig zuordnbar, und darum geht es in der Analyse.

Stellt eine Maschine in ihrer Konstruktion dem Bediener eine Falle, also sind es Prozesse, die komplexer sind und wo mehrere Personen gleichzeitig dran sein könnten, dann ist das was anderes, dann kann die Person nicht mehr nach den anerkannten Regeln der Vernunft alleine handeln, dann muß sie wesentlich mehr darüber wissen und könnte auch mal was vergessen haben. Dann muß die Anlage auch entsprechend abgesichert sein.

Beispiel: Pumpe soll gecheckt werden, der Bediener öffnet die kleine Tür zur Kupplung, zieht seine Handschuhe an und macht die Drehkontrolle. Er ist weit weg von der Meßwarte, hat einen hohen Treppenturm bestiegen und ist fern von aller Rufweite. Unten sitzt der Kollege und weiß nichts davon oder hat es vergessen oder oder.

Eine Meldung zeigt unten, dass die Tür geöffnet ist und die Pumpe blockiert ist. Die Meldung wird mißachtet (bei den vielen hundert Meldungen durchaus möglich). Der Kollege in der Meßwarte drückt den Knopf, um die Pumpe zu starten, und oben hat einer seine Hände darin. Das ist ein Szenario, was man nicht vernünftigerweise ausschließen kann. Und deshalb ist dort ein sicherheitsgerichteter Endlagenschalter, der den Anlauf verhindert. Öffnet jemand die Tür, während die Pumpe läuft, schaltet sie zwar ab, läuft aber noch aus. Das dauert eine Weile. Und hier wird mit behördlichem Segen unterstellt, dass der Mann dann NICHT da reingreift.

Bei älteren Pumpen, wo wir solche Türen nicht nachträglich haben anbringen können, wird ein Knopf mit der Technik eines Not-Aus-Schalters installiert, den der Bediener erst betätigt, ehe er die Drehkontrolle macht. Er bekommt für den Schalter den Schlüssel vom Betriebsmeister ausgehändigt, damit er die Pumpe wieder scharf schalten kann. Gelegentlich geht der Meister auch mit oder er macht den ganzen Vorgang selbst.

Wenn in einem vollautomatisiertem Prozeß eine Säge von selbst anläuft und trotz der Automatisierung dort Arbeitende sich aufhalten, dann sähe ich das schon ganz anders.

Aber das war ja genau die Frage: welches Szenario ist zu diskutieren?

Unabsichtliches Fehlverhalten muß abgesichert werden, grob fahrlässiges oder vorsätzliches Fehlverhalten nicht mehr. Dazwischen ist eine Grauzone, wo man sich trefflich streiten kann - und sollte.

Gruß

werner

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