Der Klima-Michel, die gefühlte Wahrheit


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Geschrieben von Heinz am 19. August 2025 16:19:46:

Als Antwort auf: 5,67 ist ein bißchen sehr hoch, das schaffste nie, aber sonst . . top ! geschrieben von Werner am 19. August 2025 10:54:01:

Danke Werner, so macht es Spaß.
Die Bewertung des T^4 hast du dann weiter unten in deinem Text geliefert:
"Bei hohen Temperaturen ist das eh alles egal, einen Ticken mehr, und das Doppelquadrat schlägt zu und degradiert den Schwärzungsgrad zur Nebensache."

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Themen rund um Wärme(menge) und Temperatur (entschuldige wenn ich dich versucht habe mit "Thermodynamik" zu triggern) für viele Leute intuitiv schwer fasslich sind. Da braucht es Experten, wie du einer bist, um das anschaulich zu machen.
Neben der Intuition ist es eben auch rechnerisch etwas widerborstig und man muss sich ein gutes Modell zurechtlegen, nach dem man rechnen möchte.

Ich erinnere mich an meine Oma (seligen Angedenkens), die stets Wert darauf legte, dass ihre Schuhe des Nachts auf einem Stück Teppich stehen und keinesfalls auf dem blanken gefliesten Boden. In ihrer Wahrnehmung waren die Schuhe damit wärmer.
Ihre Logik hat sich mir zwar bereits als Kind schon nicht erschlossen, aber es gibt wohl nicht wenige Menschen die das ähnlich empfinden: Steht man barfuß auf den Fliesen "sind die kalt", steht man auf dem Teppich ist er "warm". Wie soll es da den Schuhen anders ergehen?

Gleiches kann man erleben mit Pflanzenöl und Wasser im Vergleich: Je in einem Becher bei Raumtemperatur im eingeschwungenen Zustand: Fasse mit deiner Hand hinein - welches "ist wärmer"?

Hier lernt man also schon mal etwas über Wärmeleitfähigkeit, Temperaturgradienten und Wärmemenge als Energieform, also über Zustände im zeitlichen Verlauf.


Zum Thema "geeignetes Modell" finden. Garnicht trivial, auch für eine Magnetspule. Wie Werner schreibt, Blech, Wind, Sonneneinstrahlung, Regentropfen. Diese Faktoren können schnell zur dominierenden Einflußgröße werden. Man muss sie alle im Blick haben inkl. der Eintrittswahrscheinlich für extreme Konstellationen.
Ein etwas witzig anmutendes Modell ist der Klima-Michel.
Zu Lebzeiten meiner Oma gab es den Klima-Michel wohl noch nicht.
Aber inzwischen hat er es bis in die Wettervorhersagen geschafft.
Das Modell definiert sozusagen eine "gefühlte Wahrheit".

Der Praktikant hat mir das mal schnell zusammengefasst:

🌡️ Grundidee

Das Modell simuliert einen „Standardmenschen“ („Michel“), um zu berechnen, wie sich die aktuelle Wetterlage auf dessen Wärmehaushalt auswirkt.
Der „Michel“ ist eine fiktive Person mit festgelegten Eigenschaften (Größe, Gewicht, Kleidung, Aktivität), die typisch für einen durchschnittlichen Mitteleuropäer sind.

👤 Annahmen für den „Klima-Michel“

Alter: ca. 35 Jahre

Körpergröße: 1,75 m

Gewicht: 75 kg

Kleidung: je nach Jahreszeit (Winter: dick, Sommer: leicht), definiert über Kleidungsschichtungswerte (clo)

Aktivität: leichte Tätigkeit im Stehen (ca. 80 W Wärmeproduktion, entspricht ruhigem Gehen)

🔧 Eingehende meteorologische Größen

Das Modell berücksichtigt nicht nur die Lufttemperatur, sondern auch:

Windgeschwindigkeit (beeinflusst Wärmeabgabe durch Konvektion)

Luftfeuchtigkeit (Verdunstung von Schweiß)

Kurzwellige Strahlung (Sonnenstrahlung, abhängig von Bewölkung und Sonnenelevation)

Langwellige Strahlung (Wärmestrahlung von Erde, Himmel, Gebäuden)

Luftdruck / Höhenlage (indirekt, da Einfluss auf Strahlungs- und Feuchtebilanz)

🔄 Rechenprinzip

Das KMM berechnet die Wärmebilanz des Körpers:

M+Rabs−E−C−Rem=0


M = Wärmeproduktion durch Stoffwechsel (Metabolismus)

Rₐᵦₛ = aufgenommene Strahlung (Sonne, Umgebung)

E = Wärmeverlust durch Verdunstung (Schweiß)

C = Wärmeverlust durch Konvektion (Wind)

Rₑₘ = Wärmeabgabe durch Eigenstrahlung (langwellig)

Wenn die Bilanz nicht 0 ist, empfindet Michel Wärme oder Kälte → diese Abweichung wird in eine gefühlte Temperatur (°C) umgerechnet.

🎯 Ergebnis

Die Ausgabe ist die gefühlte Temperatur, die der Mensch im Freien empfindet.

Damit lassen sich sowohl Windchill-Effekte bei Kälte als auch Schwüle-Effekte bei Hitze abbilden.

Vorteil gegenüber einfachen Formeln: das Modell berücksichtigt alle wichtigen Wärmeflüsse und ist damit realitätsnäher.


Der Praktikant kennt noch andere Modelle:


Lufttemperatur – Ausgangsbasis.

Windgeschwindigkeit – verstärkt die Wärmeabgabe durch Konvektion; dadurch fühlt sich kalte Luft bei Wind deutlich kälter an (→ Windchill-Effekt).

Luftfeuchtigkeit – spielt vor allem bei Wärme eine Rolle.

Hohe Luftfeuchte erschwert die Verdunstung von Schweiß → Kühlung ist weniger effektiv → es fühlt sich heißer an (Humidex).

Bei trockener Luft kann der Körper besser kühlen.

Strahlungseinflüsse (Sonne, Bodenstrahlung, Bewölkung) – direkte Sonneneinstrahlung kann die gefühlte Temperatur deutlich erhöhen, während fehlende Sonne oder nächtliche Ausstrahlung sie absenken.
(In vielen Vorhersagen wird Sonnenstrahlung nur grob berücksichtigt oder gar nicht.)

Kleidung und Aktivität – meteorologisch nicht in den Standardformeln enthalten, spielen aber individuell eine große Rolle.

Typische Formeln:

Windchill (für Kälte, meist <10 °C):
Abhängig von Temperatur und Windgeschwindigkeit. Beispiel (Nordamerika, 2001):

Twc=13,12+0,6215T−11,37v0,16+0,3965Tv0,16
mit Temperatur
T [°C], Windgeschwindigkeit
v [km/h].

Humidex (Kanada, für Hitze):
Nutzt Temperatur und Taupunkt, um die Belastung durch Schwüle anzugeben.

Apparent Temperature (Australien, DWD ähnlich):
AT=T+0,33e−0,70v−4,00
mit Lufttemperatur T [°C],
Wasserdampfdruck e [hPa],
Windgeschwindigkeit v [m/s].

Tja, und jetzt?
Mach und berichte,
und genau deshalb - I rest my case - Sirai Spulen sollte man nicht off-spec betreiben!
Grüße
Heinz



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