(nicht mehr ganz so) Neues von der Drehbank


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Geschrieben von waldi am 27. Dezember 2023 19:06:04:

Neues von der Drehbank

Servus zusammen,

es hat sich so manches getan, in der Zwischenzeit.

Stand der Dinge war das hier: http://fmso.de/forum/messages/441250.htm

Die WMW war immer noch so richtig fertig.
Eines der Probleme war eben diese Schaltwelle, die durch den Umfaller „etwas“ verformt war.
Es setzt sich eine mit Druckstück und Feder belastete Kugel in die Schaltnuten, um eben eine präzise Schaltung sicherzustellen. Solche Kugeln sind aus zwei Gründen gehärtet.
1. Damit sie nicht verschleißen
2. Sind es ganz normale Kugellagerkugeln, weil man die halt hat, und sie deshalb billig sind.

Aber eben weil sie so hart sind, hat sich diese Kugel in die Schaltwalze eingearbeitet.
Schätzungsweise 1 to Druck beim Umfallen haben die nötige Kraft aufgebracht.
Das Ergebnis ist nämlich dieses hier:

20230219-165927

Weil diese Schaltwalze sehr präzise gefertigt ist, war ich der Meinung, dass es ausreicht, das aufgeworfene Material mit der Feile abzutragen, mit der Schlüsselfeile präzise zu glätten und die Sache wieder zusammenzubauen.
Die Instandsetzung des Gegenstückes hatte ich ja schon beschrieben.
Ich bin davon ausgegangen, dass es die neue Kugel nicht über die verbliebene Erhöhung an der Führungsnut schafft, zumal da im Betrieb nie und nimmer 1 Tonne Druck drauf liegen.

Nachdem ich das alles zusammengebaut hatte, die Abgebrochenen Hebel der Schaltwalze ebenfalls instandgesetzt hatte, und ½ kg Farbe (resedagrün Hammerschlaggrinsispäter, kam dann noch die Pinole dran. Die ging zwar irgendwie, aber eben nur irgendwie.
Also auch diese total zerlegt, sauber gemacht, gestrichen, und mit ausreichend Fett wieder zusammengebaut.

Tja, und irgendwann war es dann wirklich soweit

20230525-190345

Was auf dem Bild nicht rauskommt, war der Moment, an dem die Maschine das erste Mal wieder richtig lief. Längstrieb, Quertrieb, alles lies sich wieder automatisch fahren. Allerdings ging die Schaltung irgendwie hakelig, aber weil ich die Drehbank nie wirklich kennengelernt hatte, wusste ich auch nicht, wie sie sich eigentlich betätigen lassen müsste.
Tage später musste ich für meinen Sohn einen Ring für das Kettenblatt seines Fahrrades drehen.
Zu dem Zeitpunkt hatte ich das Getriebe immer noch nicht kapiert. Es fiel mir auch schwer, da ich es zwar irgendwie immer geschafft hatte, die Vorschübe zu schalten, aber ein echtes System konnte ich wegen der Hakelei nicht erkennen. Und so geschah es, dass ich abends an der Drehbank stand und versucht habe, das alles systematisch nachzuvollziehen.

Jetzt muss man wissen, dass es zwei Möglichkeiten zum Längstrieb gibt.
Der erste geht über die Zugspindel, die ein Zahnrad im Schlitten antreibt, welches sich an der Zahnstange unter dem Bett abrollt und ein festes Übersetzungsverhältnis hat.
Die zweite Möglichkeit besteht in der Leitspindel, die den Schlitten über eine Schlossmutter mitnimmt. Man kann sich das vorstellen, wie die Arme einer Hebebühne, die durch die Gewindespindel angehoben werden. Diese Schlossmutter ist im Prinzip zweigeteilt, damit man sie eben öffnen und schließen kann. Offen für nix und geschlossen für den Vortrieb.
Nun ist die Leitspindel mit einem Getriebe verbunden, wo man mit den einzelnen Gängen die Vorschubgeschwindigkeit relativ zur Futterumdrehung beeinflussen kann. Damit kriegt man unterschiedlich Steigungen beim Gewindeschneiden hin.
Nun kann man entweder die Leitspindel benutzen, oder die Zugspindel. Beides zusammen geht nicht.
Und so schaltete und waltete ich an der Maschine, um die nötige Erkenntnis zu erlangen, immer wieder experimentierend, in der Schaltgasse dort zu landen, wo etwas „passiert“.
Es ist und bleibt hakelig, und mir kommen Zweifel, dass die in der DDR damals so schlechte Maschinenbauer gewesen sein sollten.
Da passierte es. Ich schaltete von einer Stellung in eine andere, der Motor klang kurz abgebremst und dann machte es einen riesen KLONGK. So schnell hatte ich die Kupplung noch nie auf gemacht, aber zu spät. Der Schlitten bewegte sich keinen Millimeter mehr.
Tage später habe ich das Drama dann zerlegt. Das war wieder ein Aufriss, wie ich ihn eigentlich nicht haben wollte, mit Motorhebekran, Wagenheber usw.
Was war passiert?
Genau das, was nicht hätte passieren dürfen. Durch die Macke, die die Führungskugel neben die Schaltgasse gedrückt hat, habe ich es wegen dieser elenden Hakelei geschafft, außerhalb der definierten Wege zu schalten und somit war die Leitspindel in Aktion, weil die Schlossmutter zu war und die Zugspindel brachte den Zahnradvortrieb auch in Eingriff. Weil beide Vortriebe aber in unterschiedlichen Geschwindigkeiten stattfinden, war schnell der Punkt der Materialbelastungsgrenze erreicht. Die Welle, auf der das Zahnrad, welches in die Zahnstange vom Bett eingreift, hatte es verbogen. Aber fragt nicht, wie. Wenn 5,5,kW ihr Drehmoment untersetzt über ein Vorgelege abgeben, herrschen dort brachiale Kräfte. Das Ritzel, für auf die Zahnstange hatte überdies noch einen Teil einer Zahnflanke eingebüßt.


Mit den Nerven ziemlich am Ende entschied ich, die Welle von einem professionellen Betrieb richten zu lassen. Ich hätte mir abermals Richtwerkzeug für die Presse bauen können, aber ob ich das dann wirklich so hinkriege, war mir dann doch zu viel.
Irgendwas zwischen 90,-- und 100,-- € hatte mich der Spaß gekostet, und die Welle kam perfekt zurück.

Der Übeltäter ward dann ziemlich einfach identifiziert.
Es lag tatsächlich an der Macke in der Schaltgasse und so richtig viel Kraft brauchte es nicht, die Walze über die Kugel zu drücken.
Damit mir das nicht wieder passiert, habe ich diese Macke dann doch zugeschweißt und die Walze gaaanz vorsichtig abgedreht.

20230809-171400

20230810-111353

Den Zusammenbau habe ich nicht dokumentiert, aber soviel kann ich versichern.
Nachdem die Welle nun wirklich gerade ist, und auch die Schaltwalze wieder perfekt passt, schaltet sich dass Getriebe dermaßen butterweich, dass ich das vorher nie für möglich gehalten hätte. Ich gehe mittlerweile davon aus, dass diese Drehbank schon immer einen Schaden hatte, ich den Zustand im Zuge meiner Unwissenheit einfach akzeptiert habe.
Etwas nervös wurde ich trotzdem, denn nachdem ich alles zusammengesetzt hatte, ging das noch nicht so geschmeidig. Auch das wusste ich vorher nicht. Die Maschine muss laufen. Im Stand schaltet sie sich nur manchmal schön. So ein wenig Bewegung braucht so ein Getriebe. Ist eigentlich nicht anders, als im Auto auch, aber das muss man erstmal realisieren.

Zumindest diese Drehbank ist nun fertig und der Grundstein dafür gelegt, den immer noch gebrochenen Kupplungsflansch für die Alfred-Schütte instandzusetzen.
Darüber hatten wir, glaube ich, schon mal gesprochen. Komplett neu fertigen wäre eine Variante, nur dazu fehlt mir das Material. Den Lagerstumpf abstechen, einen neuen fertigen und das Ganze dann einschrumpfen wäre eine andere Variante gewesen.
Doch erstmal genug für heute, Fortsetzung folgt.

Viele Grüße

Waldemar

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