Update zum Poelen im Pumpe Duese Motor


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Geschrieben von huebi am 15. November 2021 20:15:19:

Moin zusammen.

Poel im Pumpe Duese Motor macht gerade grosse Schritte nach vorn.

Ich habe mich in den letzten zwei Wochen intensiv mit dem Datenstand meiner EDC16U31 im 2005er Passat mit 2.0 l TDI, 2-Ventiler, Dieselpartikelfilter und 136 PS beschaeftigt.
Die grosse Aufgabe beim TDI ist der Kaltstart. Und den moechte ich um den Gefrierpunkt mit 100% Poel noch sicher schaffen koennen.
Am besten waere ein Vorwaermen mit der Standheizung auf mindestens 50 Grad und dann den Einspritzbeginn mindesten 6 Grad frueher zu stellen.

Der Einspritzbeginn wird im Teillastbereich sehr stark zurueck genommen, um das Entstehen von Stickoxiden zu vermeiden. Gleichzeitig wird mit der Abgasrueckfuehrung durch hinzufuegen von inertem Gas die Verbrennungstemperatur noch weiter abgesenkt. Alle diese Massnahmen sind dem Zuenden des Poels sehr abtraeglich. Mit dem originalen Datenstand darf ich bei 10 Grad ungefaehr 30 - 60 Sekunden orgeln, bis sich mal ein Zylinder zum Zuenden bequemt. Wenn dann knapp ueber 600 1/min erreicht sind, kann ich den Starter so langsam abschalten. Nun laeuft der Motor einfach auf der Drehzahl weiter. Und das mehrere Minuten lang. Irgendwann reagiert er auch mal aufs Gaspedal und beim Hochdrehen werden dann mit lautem Genagel die nassen Brennraeume freigeblasen. Dann kommt auch recht schnell der Zeitpunkt wo genuegend Drehmoment vorhanden ist, um anfahren zu koennen. Gesamtdauer liegt zwischen drei und sieben Minuten.
Der "Womens Acceptance Factor" ist in der Zeit auf "Ich schau mal im Handy wann der naechste Bus faehrt." gesunken.

Geht gar nicht!

Nach gemeinsamen Ueberlegungen mit PeterVDL und Jo kamen wir dann zum Ergebnis, dass die Stickoxidentgiftungsspaetzuendung in die Tonne kann. Wenn der Motor (hier im Speziellem die Kolben) die Vollastmenge von 55 mg/Hub bei z.B. 15 vor OT thermisch vertraegt, dann vertraegt er diesen Einspritzbeginn erst recht mit geringeren Mengen. Also habe ich die Taeler in den Eispritzbeginnkennfeldern einfach mal auf das Niveau der Volllastmenge fuer die verschiedenen Drehzahlen und Motortemperaturen aufgefuellt.
Im Prinzip funktionieren die Einspritzkennfelder nun (fast) wie ein alter Spritzversteller an den Reiheneinspritzpumpen.
Grundsaetzlich ist der Einspritzbeginn nun fuer kleinere Mengen etwas zu frueh. Das liegt daran, dass die Einspritzdauer deutlich kuerzer ist und das Verbrennungsdruckmaximum damit auch frueher erreicht wird als bei den lang andauernden Vollastmengeneinspritzungen. Geschaetzt duerften das etwa 3 Grad zuviel fuer kleinste Mengen sein. Da der Waermeeintrag in die Kolben durch die kleinen Mengen ja nicht besonders gross sein kann, die Kolben also nicht zu warm werden koennen, habe ich das jetzt erstmal so gelassen.

Ergebnis: Der Motor startet immer noch inakzeptabel schlecht, jedoch schon besser als vorher. Weitere Versuche stehen hier noch aus.
Nun kommt auch in keinem Betriebszustand Poelnebel mehr aus dem Auspuff, sondern nur sehr truebungsarmes Abgas. Auch der typisch wuerzige und in den Augen beissende Poelgeruch ist fast weg. Wenn der Katalysator nach 340000 km noch gut funktionieren wuerde, waere dieser Rest bestimmt auch noch weg. Sobald der Motor Betriebstemperatur hat, laeuft er wirklich klasse. Etwas knurrig, aber klasse.


Gluehen - inzwischen eine Wissenschaft fuer sich

Was jetzt zum sauberen Starten im Brennraum noch fehlt, ist Waerme. VIEL Waerme.
Da die EDC16U31 schon ein "Instant Start System" mit Gluhstiftkerzen der dritten Generation fuer extrem kurze Gluehzeiten implementiert hat, wird es nun doch etwas knifflig.
Die Gluehkerzen haben nur noch 5 V Betriebsspannung, werden jedoch mit einem 12 V PWM Signal angesteuert. Gebe ich da eine zu grosse effektive Spannung drauf, spielen sie einfach einmalig Wunderkerze. Die Vorgluehdauer liegt uebrigens bei nur 270 ms.
Das Gluehen ist ganz schoen aufwaendig geworden und laeuft wie folgt ab:

1. Vorgluehen Phase 1 (Viel Strom, jedoch nur kurze Zeit, abhaenig von der Motortemperatur)
2. Vorgluehen Phase 2 (Wenig Strom und eine fixe Zeit, die etwa doppelt so lang wie Phase 1 ist)
3. Vorgluehen Phase 3 (Wenig Strom und bis zum Erreichen der von der Motortemperatur abhaengigen Gesamtzeit fuer alle Phasen zusammen.)
4. Startbereitschaftsgluehen
5. Startgluehen
6. Nachgluehen

Ich denke, dass ich hier mit verschiedenen Pulsweiten und Gluehzeiten an einer extern angeschlossenen Gluhkerze noch einiges experimentieren darf, bevor das Gluehen ausreichend Waerme in den Brennraum eintraegt und trotzdem zuverlaessig funktioniert.


Abgasrueckfuehrung

Um zu Verstehen wie im wilden Internet die AGR abgeschaltet wird, habe ich die Software Volta mal ueber meinen Datenstand laufen lassen. Sie hat dann zwei Hysteresekennfelder, deren Sinn mir nicht klar geworden ist, auf null gesetzt. Unterm Strich sieht man in VCDS immer noch das AGR-Ventil arbeiten und die Warnlampe geht nach kurzer Zeit an. Diese Loesung taugt also mal gar nichts.
Also ging es wieder ans Dokumentation lesen, denn es muss da ja irgendwelche Abschaltbedingungen geben, damit z.B. bei den Mercedes mit Euro 5 unter 17 Grad Aussentemperatur die AGR nicht eingeschaltet wird. Die Begruendung fuer diese Massnahme nennt sich uebrigens "Komponentenschutz".
Ein Temperaturschwelle habe ich in der aelteren VW-Steuerung dann auch tatsaechlich gefunden, aber das war die Ansauglufttemperatur am Ladedrucksensor kurz vorm Motor. Gefiel mir dann nicht so wirklich weil die doch schon sehr hoch werden kann und gleichzeitig sehr stark schwankt. Den Umgebungsluftdruck fand ich da schon viel besser und nun wird die AGR nur noch bei Druecken ueber 1111 mbar aktiviert. In richtig tiefen Bergwerken ist das auch wirklich wichtig, finde ich.


Dieselpartikelfilter

Da der Passat in der US-Version einfach nur keinen Dieselpartikelfilter hat, ist die Funktion der Abgasnachbehandlung mit einem einzigen Bit komplett abschaltbar. Fehler- und Statusmeldungen werden dabei dann auf Defaultwerte gesetzt, so dass das Abschalten elegant und unauffaellig daher kommt.


Fazit

In erstaunlich kurzer Zeit lassen sich beim Pumpe Duese Motor deutlich wirksamere Aenderungen durchfuehren als bisher mit den alten Sytemen (VE und VP37) gewagt wurden. Die Eingriffe in den Datenstand der Software sind einfacher und vor Allem einfacher reversibel als es mit den aelteren Einspritzsystemen moeglich ist. Die Hauptarbeit war ueber mehrere Jahre im Internet die Informationen und Daten zusammen zu sammeln. Die Aenderungen ansich sind dann in wenigen Wochen erledigt. Und der Aufwand lohnt sich, denn nun werden auch die Direkteinspritzer mit 100% im Eintank bepoelbar.


Ausblick

Da nun klar ist, dass der Einspritzbeginn zum Starten sehr weit verstellt werden muss, liesse sich dieses Wissen auch auf die VP37 Motoren uebertragen. Aber wohin genau ist halt nicht so einfach herauszufinden.
Naechste Woche wird deshalb die erste Drucksensorgluehstiftkerze fertig fuer die alten TDI-Motoren umgebaut sein. Sie ist gerade beim Laserschweissen und bekommt Material fuer ein weiteres, naeher am Motor sitzendes, M10x1 Gewinde aufgetragen. Damit laesst sich der Druckverlauf im Brennraum gut aufzeichenen. Parallel dazu noch das Kurbelwellensensorsignal mitgeschrieben und schon laesst sich der Verbrennungsablauf gut beurteilen. Wenn dann noch der Einspritzbeginn, Einspritzmenge und -dauer, sowie die Motortemperatur aus dem Datenstrom des CAN-Bus der Steuerung rausgefiltert und ebenfalls mitgeschrieben werden, kann auch direkt eine Zuordnung zu den einzelnen Punkten in den Kennfeldern erfolgen. Damit laesst sich die Abstimmung fuer die wichtigen Betriebsbereiche relativ einfach und schnell optimieren.

Ich probiere jetzt noch andere Gluehzeiten aus und morgen beginnt dann die Zylinderkopfdichtungsreparatur. Ganz sicher ist das weder ein typischer Poelschaden.


Viele Gruesse,
huebi

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