Deutschland ist zu gross und stark


[ FMSO.DE - Fahren mit Salatöl (deutsch) ]


Geschrieben von ESCOR am 23. Februar 2014 12:05:28:

Als Antwort auf: Effizienz gegen Effektivität- Abwrackprämie u.A. geschrieben von Stephan H am 22. Februar 2014 21:59:59:

Moin

Ich habs ja schon mal geschrieben als OT und das wurde schon damals diskutiert:

HauptMITgrund für die Eurokrise und auch sonst Krisengrund Nr. xy ist einfach u.a. die Wirtschaftskraft von Deutschland.

Viele haben damals argumentiert: können wir was dafür? Oder: würdest Du weniger verkaufen wenn Du mehr verkaufen kannst?

JA

In Griechenland gibt es "keinen" Joghurthersteller, "keinen" Autohersteller, "keinen" Kühlschrankhersteller, Deutschland exoportiert das alles in Massen. Die Griechen haben nur noch konsumiert, sich verschuldet, nicht exportiert etc.

Griechenland hat seine internationale Wettbewerbsfähigkeit total verloren. Die Lohnstückkosten waren in den letzten Jahren enorm gestiegen. Die Griechen haben sich einen Lebensstandard geleistet, der über ihrer Produktivität liegt (da ja D alles produziert hat: zudem haben die Banken alles gemacht, dass die Griechen all das Zeugs auch kaufen können = Kredit gegeben). Um bei den Lohnstückkosten auf das deutsche Niveau zu kommen, müssten die Griechen die Löhne um 25 Prozent reduzieren. Durch eine sehr großzügige Ausgabenpolitik hatte Griechenland das lange überdeckt. Über Lohnerhöhungen im Staatssektor wurde zum Beispiel der private Konsum stimuliert. Dank der Vetternwirtschaft früherer Regierungen arbeiten über ein Viertel der griechischen Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Hinzu kommen Steuerntricks, Abzocker, miese Politiker etc. etc. etc.

Aber das hatten wir ja schon.

Und nun eine neue Variante: Deutschland baut so was von Überschuss und ist so stark, dass man das Zeugs auch loswerden muss. Wenn der Süden und Griechenland alles kauft und dabei nichts mehr exportiert, knallt die Währung wieder. Also neue Idee: kauft mehr in Deutschland, wechselt das Auto alle 2 Jahre etc.

Alter Wein in neuen Schläuchen. Das Problem bleibt das Gleiche. So eine Exportquote wie D in einem ungleichen Binnenmarkt EU, das ruiniert alles. Und den eigenen Überfluss selber mit auf zu essen, ist letztlich Kosmetik.

Ganz simpel: villa Riva wird immer schneller, putz immer besser und in villa Bacho wird nur noch geschrubbt und abgebaut bis dort kein Geld mehr ist und die Schrubber arbeitslos werden.

Es gibt auf Dauer nur eine Lösung. Ausgeglichene BIP und Exportquoten pro EU-Bürger. Und das geht nur mit Export im Süden rauf, Export in D runter.

Das Credo "Wachstum=Wohlstand" geht nicht auf in einem ungleichen Binnenmarkt. D ist 100% auf Kosten des Südens gewachsen. Je mehr Produktion und Gewinn in D, desto mehr Schulden im Süden und Griechenland. Denn all das unnötige Zeugs muss auch gekauft / verkauft werden. Gut: paar Prozent sind hängen geblieben, aber die liegen jetzt bei uns in der Schweiz auf den Banken.

Generell kann man sagen: Wachstum ist subjektiv-lokal-modellhaft sinvoll. Aber systemisch betrachtet (siehe Griechenland) ist Wachstum und Export gefährlich. V.a. für Länder, die dann nichts mehr herstellen, keine Inovation haben, nur noch konsumieren etc.

Es gibt eine Lösung. Null-Wachstum. Sich ökologisch verhalten. Nicht zu viel sparen und hochwertige Güter kaufen etc.

Aber Mutti Merkel wird den EU-Süden was den Euro angeht so garantiert wieder an die Wand fahren. Je mehr das Wirtschaftsmonster D produziert, desto mehr Probleme im Währungsraum EU. Und damit das nicht so schnell passiert, soll man jetzt selber den Export mit aufbrauchen, um dieses Problem zu mildern.

Mutti Merkel hat also begriffen, wo der Hammer liegt. Immerhin! Aber es ist ein Witz, die Exportquote durch hohen Eigen-Konsum (auf Pump....) zu reduzieren. Und noch mehr Witz ist es, wenn die Griechen das nachmachen. Mehr Konsum ohne Produktion ist ja noch schlimmer als der moderate Konsum ohne Produktion (siehe oben).

Leider darf man sowas weder am Stammtisch noch an einer BWL-Prüfung näher analysieren. Der Volksverstand rafft nicht, dass man durch Arbeit andern Ländern schaden kann und die oberen 10'000 (inkl. die BWL-Vordenker) wollen immer mehr Kohle und machen alles, um mehr verkaufen zu können = Wachstum ist heilig.

Etwas anders ist, Geld auszugeben. DAS ist wichtig. Es nützt nichts, wenn Mutti Balmer 120'000 Euro auf dem Sparkonto hat. Das würde Mutti Balmer lieber in ihr Haus in der Lindenstrasse stecken. Dast ist aber eine Ausgabe- bzw. Umlagerungsthematik und keine Wachstumsfrage, weil Mutti Balmer das Geld ja schon hat. Somit: neue Sachen kaufen JA, wenn es nachhaltig ist und Arbeit schafft (Solaranlage auf dem Lindenstrassendach) und die Sparquote senkt. Aber blinder Konsumzwang wie Mutti Merke es will mit Erhöhung der ohnehin hohen Produktionsrate und dann das im idealfall alles noch auf Kredit: gute Nacht Deutschland, gute nacht Griechenland.

Ich sag es mal provokativ: der EU fehlt eine planwirtschaftliche Regulierung der Exportquoten (innerstaatlich wie auch international) bzw. der Warenmengen. Aber soviel Kommunismus lässt die EU - für einmal - nicht zu. Nur komisch, dass man bei der Regulierung der Geldmenge auf Kommunismus pur setzt und der Staat via Notenbanken alles zu regeln versucht (M1-Kontrolle etc.). Hier also absoluter Liberalismus mit Aufruf zu Mehrkonsum auf der einen Seite, auf der andreren Seite Planwirtschaft mit Geldmengenregulation und Zinsüberwachung durch die Notenbanken. Jaja, das eine Kind wird antiautoritär erzogen und mit Canabis überhäuft, das andere Kind muss jeden Tag in die Kirche und streng gehorchen. Und nun sollen beide Kinder noch fressen und überkonsumieren, bis ihnen übel wird.

Bleibt zu hoffen, dass die nächste Krise möglichst lange nicht kommt. Mehr kann man bei dieser blinden Wachstumsgläubigkeit der Wirtschaft nicht tun.

Aber vielleicht kommt ja mal etwas Budhismus in all diese Milton-Freedman-Nobel-Preisträger-Soros-Kapitalisten-Fraktion und man merkt dann: ein altes Auto, normaler Konsum, nicht alles sparen für den letzten Lebenszug im Spitalbett und etwas Umverteilung vom Wirtschaftsfett tut am Schluss wohler als dieser raffgier-wirtschafts-Wachstum-geiz-ist-Geil-Ego-Spar-Produktions-Trieb Deutschlands und anderer Wirtschaftsnationen.

Soviel zu meinem wie immer provokativen-denkfördernden Wort vom Ipad zum Sonntag:)

Gruss aus der Schweiz

Edi


Wie lesenswert findest Du diesen Beitrag?                 Info zur Bewertung




Antworten:


[ FMSO.DE - Fahren mit Salatöl (deutsch) ]