Schraubenverbindung sind komplexer als es den Anschein hat.


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Geschrieben von huebi am 12. Februar 2021 17:07:35:

Moin Werner.

>Wieso mindert die Vorspannung den Lastwechsel?
>Das tut sie nicht. Wenn sich der Motor im Takt der Verbrennungen jedesmal etwas
>ausdehnt, dann spielt die Wechselfestigkeit eine ganz große Rolle.

Mal eine grundsaetzliche Ueberlegung zu Schraubenverbindungen.
Zwei massive steife Teile sind mit zwei Schrauben mit einer Gesamtvorspannkraft von 1000 DaN miteinander verschraubt.
Die hochfesten Schrauben sind bis zur 0,2% Dehngrenze vorgespannt.
Ich presse die Teile nun hydraulisch mit 500 DaN - direkt ansetzend in der Trennflaeche der Teile und mittig zwischen den Schrauben - auseinander.

Was passiert nun?
Die steifen Teile bleiben zusammen und die Laenge der Schrauben veraendert sich NICHT. Das ist zwar etwas vereinfacht, bringt die Gedanken aber in die richtige Richtung. Wuerden die Schrauben laenger werden, wuerde die Dehngrenze ueberschritten werden und die Schraubenverbindung wuerde auf Dauer versagen.
Erst wenn die Druckkraft der Hydraulik die Vorspannkraefte der Schrauben uebersteigt, klaffen die Teile, laengen sich die Schrauben und die Schraubenverbindung versagt.

Daraus folgt, dass Schraubverbindungen so stark wie moeglich vorgespannt sein sollen, damit eine moeglichst hohe Sicherheit gegen Versagen erreicht wird.
Die Grenzen setzen hier meistens die Schrauben; es koennen aber auch biegeweiche Zylinderkoepfe sein, die, bei zuviel Vorspannung, keine ausreichend gleichmaessige Vorspannung fuer die Kopfdichtung aufbauen und diese dann undicht wird. Deutz hatte da mal Treckermotoren, die auf zu fest angezogene Schrauben extrem empfindlich reagierten.

Auch sollte nun klar sein, dass die Belastung auf den Schrauben nur schwellend und nicht wechselnd ist.

Damit die Schraubenverbindung dauerhaft die Vorspannung haelt und auch nach Setzvorgaengen zwischen den Oberflaechen der Verschraubung noch hoch genug ist, muss die Dehnlaenge moeglichst gross sein.
Ein Beispiel fuer extreme Dehnlaenge sind die letzten MG-Motoren wo die etwa 50 cm langen Stehbolzen komplett durch den Motor gehen und oben den Zylinderkopf unten mit den Kurbelwellenlagerboecken verspannen.
Das andere Extrem sind die Shovel Head Motoren von Harley Davidson wo die kurzen Verschraubungen zwischen Kopf und Zylinder maximal 2 cm Dehnlaenge haben. Beim Start des Motors patscht regelmaessig die erste Zuendung zur Kopfdichtung raus und danach laeuft er aber ganz normal weiter.


Viele Gruesse,
huebi

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