Ventileinstellung für Leute ohne Schulabschluß


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Geschrieben von Werner am 29. November 2024 02:55:37:

Moin,

alles überstanden, Öl abgesaugt, Deckel aufgemacht, zweimal hingeschaut und dreimal sich kräftig vor die Stirn gehauen. Es ist nicht einfach, es ist zu einfach. Deshalb stehts auch nirgends ? Nein, glaub ich nicht, im Werkstatthandbuch steht es ganz gewiß. Aber wenn man richtig hinschaut ist es auch selbsterklärend.

Die Nockenwellen haben Bohrungen, die bei mir im Verdacht standen, als Maß für die Einstellung zu dienen. Verdacht bestätigt, aber es ist noch einfacher. Da ich die Ventile vor ein paar Monaten gecheckt und für zu stramm befunden hatte, habe ich die Nockenwellen ausbauen müssen. Vorher habe ich sie so hingedreht, dass die besagten Löcher nach oben bzw. beim liegenden Zylinder nach außen hin zeigen. Dann habe ich die Schnipsel unter den Tassen entfernt (Prof. Schulte schrieb und berichtete damals) die Nockenwellen wieder genau so eingebaut und die Lagerdeckel drauf geschraubt. Was ich nicht gesehen habe . . . . . . in den Deckeln sind auch Löcher und die müssen mit den NW-Löchern fluchten, sodaß man das Spezialwerkzeug einführen kann. Mit italienischem Sinn für das praktische, haben die Löcher einen Durchmesser von 6mm. Mir war dann das im Internet angebotene Werkzeug für 233 EUR nicht gut genug und ich habe noch speziellere Stifte mit Wendeln eingesetzt.

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Man kann auch 6mm Bohrer dazu sagen.

Aber nun der Clou: die Kettenräder sitzen tatsächlich ohne Formschluß auf den Wellen. Nur der Reibschluß bei angezogener Schraube hält die Stellung. Das habe ich nicht erwartet, bin aber sehr froh drüber, denn damit haben sich alle Katastrophenphantasien vom Öffnen der Gehäuses usw. erledigt.

Man dreht erst so weit, dass die Stifte gesetzt werden können, dann werden die Ritzelschrauben gelöst, aber nur so weit, dass der Kettenspanner nicht die Kettenräder abzieht. Dann dreht man den Motor auf OT und zieht die Räder wieder fest. Ich habe noch n Tropfen Schraubensicherung spendiert, das ganze scheint sich so zu bewähren. Spiel in der Blockierung ist inbegriffen und so haargenau wird es nicht, aber anscheinend ausreichend genau.

Nun zu den Ergebnissen: beide Zylinder standen falsch, der rechte war um ca. 7° verdreht, der linke um ca. 18 °. Die Nockenwellen standen aber im richtigen Winkel zueinander. Ich kann nicht mit Sicherheit sagen, ob mir nicht die Kurbelwelle damals einen Zahn weggelaufen ist bei der Wiedermontage. Da aber der rechte Zylinder auch nicht richtig stand und die Abweichung kleiner war, als eine Kettenteilung, wurde hier offenbar vorher schon nicht so genau gearbeitet. Den OT hatte ich mir seinerzeit noch nicht genau vermessen, ich habe die Wellen so gedreht, dass die Löcher passen und habe die Kurbelwelle nicht angerührt für die Zeit des Einstellens. Die Kettenräder habe ich nicht gelöst, ich wußte gar nicht, dass die so einfach nur in jeden Winkel verstellt werden können.

Kleiner Klops am Rande: nachdem ich den rechten Zylinder fertig hatte, habe ich mich an den linken begeben, aber die Kurbelwelle nicht eine Umdrehung weiter gedreht. Das ist mir dann aber doch rechtzeitig eingefallen. Hätte ich einfach weiter gemacht, dann hätte ich einen Boxer gekriegt, der auf beiden Zylindern gleichzeitig zündet und dann eine ganze Leerumdrehung hat. Hei, das wäre ein Spaß geworden. Die Zündung hätte es ja gemacht, aber der Bock hätte sich geschüttelt und der Monteur hätte nach einem Baum gesehen, um sich aufzuhängen.

Die anschließende Überprüfung der Winkel mit Druckluft zeigte vor allem, wie schwierig es ist, genau festzustellen, wann ein Ventil öffnet bzw. schließt. Hätte ich nur die Winkelangaben bekommen, nach denen ich ja alle verrückt gemacht habe, dann hätte ich mich zu Tode eingestellt.

Nun herrscht große Erleichterung, aber richtig laufen wird der Motor vermutlich noch nicht. Ich denke, dass es an den Vergasern liegt.


@Jo, ich muß um Entschuldigung wegen Deiner Nockenwelle bitten, ich habe mich schlicht vertan mit der Überschneidung und Deiner Frage. Bei meinem Süßen ist das übrigens jetzt genau so , der Einlaß öffnet in der Überschneidung schon sehr früh und der Auslaß schließt schon kurz nach OT.

Aaalso, mit dem Turbo hat das nichts zu tun, sondern offenbar mit der Gasdynamik. Der Kolben geht nach dem Arbeitsgang wieder hoch und drückt den Rest Abgas raus. Simpel, versteht jeder. Aber wenn man es mal richtig betrachtet, dann bremst der Kolben ja schon sehr bald wieder ab und ist in dem besagten Bereich, wo der Einlaß öffnet, schon sehr langsam,i.e, es entsteht bereits Unterdruck, obwohl der Kolben noch nicht ganz oben ist. Zeit also, jetzt schon den Einlaß zu öffnen und den Unterdruck bereits zu nutzen. Wenn der Kolben dann steht und sich anschickt, wieder runter zu gehen, wird das Abgasventil geschlossen und der Einlaß ist dann schon weiter auf, als früher, wo die Überschneidugnen symmetrisch zur Mechanik waren. So kann schon neue Luft oder Frischgas gleich zu Beginn mit geringen Verlusten einströmen.

Bei den Benzinern weiß ich auch noch von einem Kunden, dass man in der letzten Zeit versucht, den sog. Slipstream zu minimieren aus Gründen des Umweltschutzes. Ich könnte mir vorstellen, dass auch deshalb der Auslaß so früh schließt, damit nicht so viel Frischgas in den Auspuff gelangt - ich bin aber nicht sicher.

Bei den Motorfunktionen denken wir immer noch viel zu mechanisch. Die Strömung richtet sich zwar auch danach, aber eben auch nach anderen Dingen. Wenn der Auslaß öffnet und der erste Puff mit Schallgeschwindigkeit rausgeht, drückt ja der Restdruck immer noch auf den Kolben, weswegen dieser noch nicht unten sein sollte. Danach gibt es eine kurze Saugphase im Auslaß, die evtl. dem Kolben den Aufstieg erleichtert. Aber dann muß der Kolben die Ausschubarbeit bringen und die hat ihr Maximum bei ca. 90 KW-Winkel mit abnehmender Tendenz und erneutem Unterdruck durch das Verzögern des Kolbens.


So, und nun mal ein ganz großes Dankeschön an alle für die technische und moralische Unterstützung. Es sind so viele Gedanken gebracht worden, von denen ich nicht mehr weiß, wer die geäußert hat, aber zusammen haben sie mich Dinge angehen lassen, die ich sonst vielleicht nicht probiert hätte, weil ich davon ausgegangen wäre, dass das nicht sinnvoll ist. Kurz: wieder was gelernt und Ihr seid alle Spitze und dazu auch noch lieb (Herzchen)

Gruß

Werner

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