Solche Dinge ufern jetzt aus
Geschrieben von Werner am 17. Juli 2025 16:06:44:
Als Antwort auf: Re: Die zitieren "Wall Street Journal" und "Bloomberg" geschrieben von Joachim S am 17. Juli 2025 15:34:18:
Bei solchen Sachen bleibt die Wahrheit immer im verborgenen. Das liegt daran, dass jeder erstmal seine Version sich überlegt und diese auch kommuniziert. Das ganze wird dann mit eintreffenden "Meldungen" gemischt und zu einem Sagenbrei verarbeitet. Deshalb versuchen die Ermittler ja auch, alles erst 100%-ig geklärt zu haben, ehe sie was rausgeben.
Aber die Medien wollen zeitnah informiern, stürzen sich geradezu auf solche Unfälle und schalten dann irgendwelche "Experten" ein, die an den Untersuchungen gar nicht teilnehmen können. Ich sage nicht, dass die irgendwen fragen und die Kommentare der Experten, die ich bisher gesehen habe, hatten auch Hand und Fuß, aber wenn da jemand etwas spekuliert und auch gleich dazu sagt, DASS es nur eine Spekulation oder eine Möglichkeit ist, dann verbreitet sich diese Version sofort und wird einfach angenommen.
Wenn dann noch Verschwörung mit hineinrutscht, ist der Absturz der Wahrheit nicht mehr aufzuhalten. Sie plumpst dann in die Gemüter, wie eine 787 in Wohnhäuser.
Ich mache eine Wette, dass die gesamte Software jetzt wieder durchgeprügelt wird, ob nicht doch irgendwo was faul sein könnte. Auch wenn alle Mitwirkenden überzeugt sind, dass kein Fehler drin ist, müssen sie das nochmal und nochmal und nochmal machen, um es zu beweisen.
Was letztlich für uns bleibt, ist die Einschätzung, wie riskant es eigentilch ist, zu Fliegen. Ob nun ein narzistischer Selbstmörder hunderte Leute mit in den Tod nimmt oder ob die Software zu soft für den Job war oder ob der Schalterhersteller das Federchen für die Blockierung nicht richtig ausgedacht hat, das alles ist angesichts des Risikos, bei einem solchen Flug drauf gehen zu können, ziemlich unwichtig aus meiner Sicht.
Ich jedenfalls habe Angst und mache da keinen Hehl draus. Das ist nicht erst seit heute, sondern schon länger so. Ich weiß noch genau, wie ich vor 30 Jahren in einem Airliner saß, der gerade sich anschickte, auf die Startbahn zu rollen. Man konnte schön sehen, wie der Flieger, auf den er noch warten mußte, einflog und landete. Alles paletti und auf einmal dachte ich "Mensch, es sind ja schon so einige abgestürzt . . . . . und vor allem . . . . es WERDEN auch noch so einige abstürzen, Wuaaaahhh!"
Und plötzlich wollte ich aussteigen, am liebsten gleich dort, wo wir standen, zu Fuß über den großen Flughafen nach Hause gehen. Ich habe es mir nicht anmerken lassen und es ist alle gut gegangen. Aber die Angst habe ich immer noch.
Nochmal zur Technik: Früher nannte man die Treibstoffventile "Brandhähne" und die mußten per Mechanik geschlossen werden können. Der Sinn war, wenn ein Motor Feuer fängt, die weiter Zufuhr von Treibstoff zu unterbinden. Der Hahn mußte außerhalb des Brandschotts angebracht sein, damit er durch das Feuer keinen Schaden nehmen konnte. Es ist bis heute immer noch so, dass die Sportflieger oder die etwas größeren Reisemaschinen, diese Hähne direkt in der Armreichweite des Piloten haben. Seit ich meinen Sitz in der SD-1 umgebaut habe, komme ich übrigens nicht mehr dran, wenn ich angeschnallt bin, ich muß also eine Verlängerung dafür bauen.Die Düsenmaschinen haben keine Bransschotts mehr. Die Triebwerke hängen an Pylonen, weit weg vom Flügel und bei einem Brand im Flug geht man nicht davon aus, dass die Tragfläche vom Feuer in Mitleidenschaft gezogen wird. Dennoch ist es wichtig, das Feuer sofort und definitiv abstellen zu können, und die ersten Düsenjets hatten da auch mechanisch. Die B 737 hatte auch noch ganz lange echte Seilzüge für die Triebwerksregelung. Wenn die den totalen Blackout hatten, konnte man trotzdem noch auf die Triebwerke zugreifen. Fly-by-Wire gab es in USA erst viel später, als bei Airbus.
Ich gehe also davon aus, dass diese Knöpfchenschalter vor den Schubhebeln ohne irgendwelche Software-Umwege direkt die Ventile schließen. Zwar elektrisch, aber durch direkten Draht. Gleichzeitig wird aber das Signal auch in der Steuerung verarbeitet, was bei vielen Anwendungen ja auch so üblich ist. Aufgezeichnet werden meines Wissens nur die Signale, ob es Endlagenrückmeldungen an den Ventilen gibt, die die Stellungen ZU/AUF sicher rückmelden, weiß ich nicht. Ich habe solche Ventile für einen Airbus auf einer Luftfahrtmesse gesehen, da waren keine Kabel dran, was aber nichts heißt.
Im letzten Absatz habe ich jetzt auch laut nachgedacht, weiß es aber nicht sicher. Und so habe ich evtl. mit dazu beigetragen, dass noch mehr spekuliert wird. Das ist menschlich, der Mensch versucht in seiner Ohnmacht angesichts der Katastrophe sich eine Erklärung zu machen. Das war schon immer so.
Gruß
Werner
- Re: Solche Dinge ufern jetzt aus Joachim S 17.07.2025 16:34 (10)
- Wer wer war, wissen die längst Werner 17.07.2025 20:26 (9)
- Hände aufs Brett? Joachim S 19.07.2025 09:29 (4)
- Re: Hände aufs Brett? Ja! Werner 19.07.2025 10:11 (3)
- Ich habe gerade Louis de Funes im Kopf laufen! Obi 19.07.2025 15:36 (0)
- Re: Hände aufs Brett? Ja! Joachim S 19.07.2025 11:08 (1)
- Tja, es gibt halt noch mehr, als nur ein verordnetes Team (ohne Text) Werner 19.07.2025 13:02 (0)
- Hatte ich im Manta auch waldi 18.07.2025 22:15 (3)
- Du hattest also den 2-Liter Motor ? Werner 19.07.2025 01:16 (2)