Der Löwe brüllt nicht mehr


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Geschrieben von Werner am 11. August 2025 12:56:18:

Moin,

im Austausch mit dem Prüfer für mein Flugzeug erfuhr ich, dass dessen Motor im Stand 6300/min macht bei Vollgas.

Meiner hat kurz nach der Übernahme des Flugzeuges 7000/min gedreht und dabei 6000/min angezeigt. Die Tonmessung hat aber zweifelsfrei 1000/min mehr ergeben.

Nun habe ich meinen Flieger auch mal Vollgas laufen lassen und 7500/min gemessen, allerdings nur nach DZM und nicht nach Ton. Diesen konnte ich vor lauter Krach nicht zweifelsfrei identifizieren. Aber da bei 6000/min im Teillast der Ton genau paßte, ging ich davon aus, dass die 7500/min auch stimmen.

"Hurra!" sagt der kleine Junge in mir: "Mein Motor ist eben besser und durch die Umrüstung auf die anderen Vergaser hat er eben die brüllende Leistung!" Was emotional auch so rüberkam, denn es war einem regelrecht unheimlich bei Vollgas.

"Überleg doch mal!" sagte der Ingengieur in mir. " ein solcher Drehzahlunterschied bedingt eine enorme Mehrleistung. Das Drehzahlverhältnis muß hoch 3 genommen werden, also rechne mal, aber schnell!"

Und dann habe ich gar nicht mehr gerechnet, sondern nur noch gedacht "kann nicht sein . . . "

Also was, wo ist der Fehler? In der sog. Stückprüfanweistung steht eine Übersetzung für das Riemengetriebe von 1:2,4 !!!!! Waaaaaaasss ? Ich habe das Getriebe falsch übersetzt ??? Ich muß alles neu machen ? Aber im Motorenhandbuch steht doch 1:2.76 !! Oh Gott, schnell in den Keller, die alten Riemenscheiben suchen, messen, pffffff . . . . . . es ist 1:2,76 . Komisch, hat der Prüfer ein anderes Getriebe ? Hektisches Nachfragen, nein, hat er nicht, ich solle die Angaben in der Stückprüfanweistung ignorieren, die seien nicht "approved".

Ungefragt gibt er mir dann auch noch die richtige Propellereinstellung, nämlich 18° auf 75% des Durchmessers. Ja neee, der Propeller stimmt doch, da habe ich doch nix gemacht, aber nachmessen kann man ja mal. Also zwei Holzleistung mit Jummies an die richtige Stelle fixiert und ein Foto gemacht, dieses dann ins CAD und Linien nachziehen und den Winkel messen, aaach, das ist doch schnell gemacht.

Propellersteigung-1

Propellersteigung-2

Propellersteigung-gemessen

Waaaaaaaaaaaa . . . Augen reib . . . neeeeee . . . nochmal rausrenn . . . doooooch . . . .. sch.. der Ingenieur triumphiert, der kleine Junge ist geknickt. Ich habe ein Flugzeug übernommen, wo der Propeller falsch eingestellt war. Beide Propellerflügel exakt auf 15 °. Das ist also nicht zufälltig passiert, sondern da hat einer (oder eine) willentlich diese Steigung eingestellt.

Aber ich wollte doch am Samstag noch eine Leistungsmessung so richtig mit Drehmomentwaage usw. machen . . .

Also gut, was tun? Wo liegen hier die Reste rum, aus denen ich eine Propellerblatteinstelllehre bauen kann?

Ein gerade Brett . . .. hihi, guter Witz, welches Brett ist denn gerade? Vielleicht das vor meinem Kopf ?

Aaah, da steht noch ein Rest Fliese aus Feinsteinzeug, mal die Wasserwaage drauf in verschiedenen Winkeln . . . jooaaaa, das könnte gehen, ab in den Keller und eine Aufnahme für den Prop drehen, Messingrest, die Mikrometerschraube kommt sogar zum Einsatz, ein kleines Täfelchen aus Siebdruck findet sich auch noch, rundherum messen, Dicke überall gleich, ebene Oberfläche, also los, Loch rein, Messingzapfen rein, alles auf die Fliese kleben (natürlich mit Epoxy), der Sonne sei dank, ist das auch schon nach 2,5 Stunden richtig ausgehärtet.

Einstellwerkzeug-leer

Einstellwerkzeug-mit-Propeller

Der 3D-Drucker hat inzwischen schon eine Winkelschablone mit 18° ausgedruckt, ich bin megahektisch und fummele am Propeller rum, der sich nur sehr mühsam verstellen läßt. Schraubt man die Aluhälften auseinander und legt die Blätter richtig ein, dann verdrehen die sich beim Zuschrauben wieder, es ist zum Verzweifeln. Meine Freundin kommt hinzu und leistet Gesellschaft, baut mir einen kleinen Tisch auf, damit ich nicht "auf dem Boden rumkrieche" . Ich hole WD40, weil ich die störrischen Dinger einfach nicht in kleinen Winkeln bewegt kriege.

Und irgendwann ist es geschafft, beide Blätter stehen auf 18°, so, wie ich auch "ja" dazu sagen kann.

Es ist schon spät am Samstag. Meine Freundin ermutigt mich, doch noch einen Probelauf zu versuchen, an eine Leistungsmessung ist kein Gedanke mehr.

Also dann, Motor anlassen, warum springt er nicht an ? Achja, die Zündung muß eingeschaltet werden . . . oehmm und da läuft er auch schon, so, als sei nix gewesen. Ich setze etwas Leistung und merke sofort, dass der Motor mehr Last hat, das Geräusch des Propellers ist auch verändert. Dann setze ich mich in das "Fluggerät" mit Sturzhelm und lasse den Motor noch etwas warm laufen. Anschließend gebe ich Gas und der Motor steht . . . ???? . . . kein Sprit mehr in der Kaffeedose. Juut, Helm wieder aus, rausklettern, Kanister holen, nachfüllen, hups, was auf den Rasen verkleckert, und wieder neu

Ja, und Tatsache, der Motor dreht jetzt nach Anzeige etwa 6400/min, nach Ton noch etwas weniger, gerechnet nach Frezqenz 6230/min. Das paßt also, da ich eine etwas andere Übersetzung mit meinem Zahnriemen habe, nämlich 2,6666 im Gegensatz zur 2,76, darf der Motor auch ein wenig langsamer Laufen.

Der Ingenieur lehnt sich zurück und ist zufrieden, das Weltbild stimmt wieder, der Motor läuft gut, er brüllt nicht mehr, und im Reiseflug wird die Drehzahl niedriger sein, als mit der falschen Steigung.

Doch da meldet sich wieder das Kind: "Papa, wenn du den jetzt so umbaust, dass du mit brüllender Leistung starten kannst und dann in der Luft die Steigung größer stellen . . . . war das nicht was ?"

Da kommt ein Engel und sagt: "Watt jetzt, willste auch noch mal fliegen oder nur rumbasteln?"

Naaaa gut, ich laß es so, (aber der Gedanke hat was - definitv!)

Und jetzt baue ich noch eine Wippe auf und versuche, das Drehmoment bei der neuen Drehzahl zu ermitteln.

Gruß

Werner

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