Nee, das kommt nicht so ganz hin

[ FMSO.DE - Fahren mit Salatöl (deutsch) ]

Geschrieben von Werner am 01. August 2024 22:16:32:

Als Antwort auf: Re: Ich halte das auch für Unfug... geschrieben von laden am 01. August 2024 14:43:48:

Moin laden,

in der Vorkammer ist viel zu wenig Luft, als dass sich eine schädliche Temperatur bilden könnte. Das ist ja gerade der Sinn, die Vorkammer brennt unterstöchiometrisch und das ganze Zeug fliegt raus in den lufterfüllten Brennraum. Der Mercedes 200 D mit 55 PS hat ja diese Saugdruckregelung. Das bedeutet, beim Gasgeben wird eine Drosselklappe ähnlich wie beim Benziner geöffnet und durch den sinkenden Unterdruck wird die Einspritzpumpe auf Förderung gebracht. Damals galt das als nonplusultra für die Regelung von Dieselmotoren, wurde in den Lehrbüchern der KFZ-Schlosser hochgelobt. Fahrtechnisch war es aber dennoch nicht das gelbe vom Ei, weil sich der Motor ähnlich verhielt, wie einer mit Alldrehzahlregler.

Kurz gesagt, auch im Teillast gab es in der Vorkammer kein Luftüberangebot. Die Verbrennung sollte sich gar nicht ganz in die Vorkammer zurück ziehen. Dadurch sollte der Motor auch bei niedrigen Drehzahlen ohne große Last etwas weicher laufen - hat er auch gemacht, jedenfalls gemessen an damaligen Verhältnissen. Klar wird es in der Vorkammer sehr heiß, sie wird ja auch nicht großartig von Luft durchspült, aber dass es wegen der Spritzusammensetzung an der Düse kokelt. kann ich mir nicht herleiten.

Benzinzusatz wurde im Handbuch ausdrücklich empfohlen, es gab eine Tabelle, wieviel Prozent Benzin bei welcher Wintertemperatur sinnvoll sei. Das hat dem Motor eigentlich alles nix gemacht. Später rüsteten wir auf - ich war ein paar Jahre Taxifahrer mit diesen Karrossen - und es kam der 200 D mit 60 PS. Der hatte diese sonderbare Regelung nicht mehr. Der erste Diesel Golf, der Einser, hatte es der Welt gezeigt, wie flinkt und angenehm ein Diesel zu fahren sein kann. Da wollte Mercedes nicht nachstehen.

Ich weiß nicht, wie der geregelt wurde, vom Fahreindruck her bekam der in Teillast auch nicht die volle Luft, lief weicher, als der Golf, der ja auch Wirbelkammern hatte.

Und die 60 PS gingen natürlich bei der Fuhre ab, wie Schmitz Katze auf Valium. Aber für die Stadt hat es gereicht. In der Zeit, wo ich noch gefahren bin, kam dann der BMW Turbo Diesel mit über 100 PS, ein Unternehmer hat den als Taxi von BMW quasi geschenkt gekriegt, um als Test für besondere Beanspruchungen zu laufen. Die Jungens haben damit Beschleunigungen gezaubert, dass danach ein 10 Mark-Schein auf der Straße lag. Lange hat der BMW nicht gehalten, Türen ausgeleiert, Lenkung im Eimer, Sitze durchgesessen, Motor brauchte Öl, Differential am Schirbeln, Kupplung am Rutschen.

Alles Dinge, die der Benz nicht hatte, vorausgesetzt, man hat ihn in der Taxiausführung bestellt, denn bei der waren alle diese Teile verstärkt. aetsch


Der Beitrag in der "ingenieur.de" zeugt nicht von Fachkompetenz. Ich kannte ihn nicht, aber er soll Gefühle schüren und bietet nicht ausreichend Information. Dass Vorkammerdiesel Injektoren haben sollen, wäre mir ebenfalls neu. Auf solche Fehler achtet ein guter Technikjournalist oder er gibt dem Betroffenen seinen Beitrag noch mal zum Lesen.

Und wer auf dem Schiff in der "Maschine" gearbeitet hat, muß sich nicht zwangsläufig auch gut mit Verbrennungstechnik auskennen. Schiffsdiesel sind einfach nur riesig, aber technisch eher einfach gehalten. Kammermotoren gab es bei denen noch nie und Treibstoff ist für die alles, was brennt.

Etwas komplizierter wurde es erst, als die Schiffsdiesel auch mit Gas fahren sollten. Als wir 2016 in Japan die ersten Versuche damit gefahren haben, ist die MAN mit ihrer Truppe ziemlich an die technischen und auch an die persönlichen Grenzen gekommen. Gerade im Teillast gelang es nicht, die drei Gasinjektoren pro Zylinder so im Zaum zu halten, dass sie zuverlässig kleine Mengen dosiert haben. Der Hersteller mußte seine Teillastverbräuche an Gas reduzieren und unterhalb gewisser Leistungen mehr Flüssigbrennstoff verwenden.

Was mit dem 200 D aus dem Beitrag wirklich los war, ist mir nicht klar. Und dieser Kram mit der Shell klingt fast wie ausgedacht, aber gut, sei es.

Die Shell hier in Godorf war es übrigens, die das V-Power aus der Taufe gehoben hat. Die Additive kamen aus Wesseling ein paar Kilometer weiter südlich von der damaligen DEA Raffinerie, frühere UK Wesseling, in der ich mein Praxissemester absolviert habe. So streckte dann die Shell die Arme nach der Wesselinger Raffinerie aus und hat sie schließlich gekauft - wegen der Petrochemie. Gegen gute Preise werden die Additive auch an andere verkauft, aber wirklich viel teurer ist das Super-Plus nicht in der Herstellung. Anders gesagt, die Marktstrategen lachen sich halbtot über den Verkaufserfolg und haben schon bald nachgedacht, das gleiche für Diesel auch zu launchen.

Es ist ihnen gelungen. Die Eigenschaften, die sie angeben, hat das Superdiesel auch tatsächlich, ob nun notwendig oder nicht. Aber das Gelaber mit sauberen Motor und besserer Leistung und überhaupt und Umwelt, das läßt sich in der Praxis gar nicht nachvollziehen. Es ist einfach ein schönes Gefühl und das läßt sich der Autofahrer was kosten.

Gewinne werden mit den Plus-Produkten gemacht, nicht mit den Standard-Sachen. Bei den Motorölen ist das genau so, da kann viel drauf stehen auf der Dose, stimmt ja auch alles, aber wer wollte denn beurteilen, was "sein" Motor damit macht oder was der braucht.

Für mein Motorrad habe ich das Öl aus der untersten Preisschublade im Baumarkt gekauft, weil ich genau weiß, was drin ist. Meine Kiste dreht nicht hoch und die Kupplung freut sich, dass kaum Additive drin sind.

Gruß

Werner

Wie lesenswert findest Du diesen Beitrag?                 Info zur Bewertung


Antworten:

[ FMSO.DE - Fahren mit Salatöl (deutsch) ]