Re: Shortseller sind nicht automatisch die Bösen...


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Geschrieben von Gullideggl am 31. Januar 2021 16:42:36:

Als Antwort auf: Shortseller sind nicht automatisch die Bösen... geschrieben von Hanomedes am 31. Januar 2021 15:47:48:

Hallo Dominik,

darum geht es gar nicht. Du hast Recht, dass das Shortselling sogar eine gewisse regulierende Funktion haben kann und öfter auch hat: aus einem Unternehmen, das sowieso bergab geht, wird umgeschichtet, die Gewinne können in gesunde Unternehmen fließen. Letztlich trifft es aber auch hier viele Kleinanleger, die dann mit Verlust verkaufen.

ABER:
Wenn ungedeckt leerverkauft wird (naked short selling), dann wird das Risiko zu hoch und kann sich auf den ganzen Markt ausweiten, wie man jetzt sehen wird. Man wird dann versuchen, die Schuld in die Schuhe der kiffenden Chaoten zu schieben. Dabei geht es gerade darum, dass solche Risiken schlicht nicht erlaubt sein dürfen. Ohne diese Art von Shortselling wären Gamestop und AMC nur zwei überhypte Aktien, wo sich am Ende ein paar wenige am Hype bereichern. Hier ist das anders, weil der ganze Markt erschüttert werden kann.
Mit VW ist das 2008 ohne Absicht passiert, es gab einen Shortsqueeze.

Aber das ist nicht alles. Der von Dir genannte Vorteil, wirklich lumpige Unternehmen aussortieren zu können, findet auch umgekehrt als Nachteil statt:
Shortseller sind an unzähligen Aktien von gerade wachsenden und erfolgreichen Unternehmen dran, weil sie da leichtes Spiel haben. Das läuft dann praktisch so, dass steigende Kurse oder vielversprechende Nachrichten Kleinanleger zum Kauf dieser Aktien treibt. Der Kurs müsste jetzt steigen, tut er meist auch, weil meist erst der Anstieg viele Käufer anzieht. Dann rücken die Shortseller auf den Plan und setzen auf fallende Kurse, indem sie massig Leerverkäufe tätigen. Gerade bei kleinen Unternehmen mit geringer Marktkapitalisierung ist das dann recht einfach: Durch massenhafte Leerverkäufe der Shortseller werden die Kurse gedrückt, viele Kleinanleger kriegen kalte Füße und verkaufen wieder. Das treibt die Kurse wieder weiter runter und letztlich können die leerverkaufenden Unternehmen sich günstig mit Aktien eindecken, die dann vernünftig steigen können, die Zeche zahlt meist der Kleinanleger.

Was aus der ganzen Sache werden kann, ist mitunter sehr unschön und wird weitere Dritte in Mitleidenschaft ziehen. Wahrscheinlich gibt es eine dicke Korrektur des Marktes vor Allem bei Value-Aktien, die Tech-Aktien werden sicher auch zurechtgestutzt. Und zwar ganz einfach deshalb, weil die Shortseller ihre Verluste durch Verkauf eigentlich guter Aktien decken müssen. Man kann nur hoffen, dass die Auswirkungen nicht zu stark werden und das zum Wachrütteln Aller ausreicht.
Auch schon das könnte in absehbarer Zeit zu günstigeren Kursen führen, die dann auch Kleinanleger mitnehmen könnten, was ich sehr begrüßenswert fände.

Wenn das Ganze ausartet, sind evtl. die Robinhood-Trader die Bösen, werden Regularien und Einschränkungen ausgesetzt und alles geht weiter wie bisher. Sie hätten sich dann ein Eigentor geschossen.

Was aber hier noch dazu kommt: die Hedgefonds scheinen offensichtlich mit RobinHood (Smartphone-Broker) verstrickt zu sein, die hatten am Donnerstag den Handel einseitig beschränkt (nur noch VER-kaufen möglich) und damit absolut eindeutig den Leerverkäufern einen Riesenvorteil zugespielt, was definitiv als Marktmanipulation gelten wird, es sei denn die Broker waren diesbezüglich rechtlich abgesichert. Freitag wurde der Kauf eingeschränkt (begrenzte Anzahl, wer die Anzahl schon hatte nicht mehr usw.) mit der Begründung des Schutzes vor Risiko. Das sind Vorgänge, die ein Unding sind, zumal diese Broker noch sehr viel riskantere Geschäfte anbieten.

Bin jedenfalls gespannt, wie sich das entwickelt. Hoffentlich zu einem vernünftigeren Finanzwesen. Die Herrschaft der Chaoten und des Pöbels möchte ich auch nicht haben.

Grüßle Jo

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